Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. Februar 2020 Teil 1
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Bucks glückliches Hundeleben endet als der verzogene Haushund vom Haus seiner Familie im Santa Clara Valley in Kalifornien gestohlen und an Hundefänger verkauft wird. Zur Zeit des Goldrausches in den 1890er Jahren waren große und kräftige Hunde am weltberühmten Fluss Klondike im kanadischen Yukon als Schlittenhunde sehr begehrt und Buck ist ein großer Mischling aus Bernadiener und Scotch Shepherd.
Die Hundefänger bringen ihn zusammen mit anderen Hunden per Schiff an die Küste des kanadischen Yukon Territoriums. Dort trifft Buck nicht nur zum ersten Mal auf Schnee, sondern läuft auch dem einsiedlerischen John Thornton (Harrison Ford) über den Weg.
Es kauft ihn allerdings der französische Postzusteller Perrault (Omar Sy), der zusammen mit seiner Partnerin Françoise (Cara Gee) die Post mit einem Gespann von Schlittenhunden durch die winterliche Wildnis transportiert und der die Post unbedingt einmal pünktlich ausliefern will. Dort muss Buck sich in der Gemeinschaft der Hunde einzupassen, denn nur so kann ein Schlittenhundegespann funktionieren. Daneben lernt er, sich dem Leithund unterzuordnen aber letztendlich auch, sich gegen ihn zu behaupten.
Als die Poststrecke eingestellt wird, muss Perrault in Dawson City schweren Herzens sein Gespann verkaufen. Es wird von dem reichen englischen Goldsucher Hal (Dan Stevens) gekauft, der zusammen mit seiner verzogenen und egoistischen Schwester Mercedes (Karen Gillan) und seinem unbedarften Freund Charles (Colin Woodell) in vollkommen unangebrachter Kleidung zur falschen Zeit in die Wildnis aufbrechen will. John Thornton, der inzwischen auch in dem Ort lebt, warnt die Engländer vor dem Abenteuer.
Als Buck mit dem Schlittengespann den Übergang über den Yukon verweigert, da das Eis bereits am Abschmelzen ist, wird er von Hal lebensgefährlich verletzt. John Thornton, der den Engländern gefolgt ist, rettet Buck, päppelt ihn wieder auf und nimmt ihn mit in seine Behausung.
Doch auch Thornton zieht es im Sommer in die Wildnis auf der Suche nach Gold. Er nimmt den Hund mit. Während Thornton im Fluss nach Gold schürft, streift Buck ungebunden durch die Natur. Er trifft dabei nicht nur auf ein Rudel Wölfe, sondern er lernt auch sich gegen Feinde zu verteidigen und selbst Nahrung zu erlegen.
Buck wird zwar immer wilder, kommt aber regelmäßig zu Thornton zurück. Doch letztendlich wird Buck das Abenteuer seines Lebens erleben. Er wird sich auf die Instinkte seiner wölfischen Vorfahren zurückbesinnen und zusammen mit den dazu gelernten Erfahrungen sich als neuer Führer eines Wolfsrudels in der freien Wildbahn behaupten.
"Ruf der Wildnis" basiert auf dem gleichnamigen Roman von Jack London, der erstmals 1903 erschienen ist und in dem der Schriftsteller auf dem Hintergrund seiner eigenen Erlebnisse im eisigen Alaska das harte Leben während des Goldrausches aus der Sicht eines Schlittenhundes schildert. Es ist bereits die neunte Verfilmung des Romans. Michael Green hat das Drehbuch geschrieben, die Regie hat Chris Sanders übernommen, der als Regisseur mit "Drachenzähmen leicht gemacht" (2010) und "Die Croods" (2013) vor allem Erfahrungen mit Animationsfilmen gemacht hat. Als Kameramann konnte der zweifache Oscargewinner Janusz Kaminski gewonnen werden.
Es wurde im Film nicht mit realen Tieren gearbeitet, sondern die Hunde und alle anderen Tiere - wie Karibus oder Bären - wurden digital animiert und zusammen mit den Schauspielern und den realen Naturaufnahmen in den Film integriert. Allerdings entstand Buck nicht einfach am Computer, sondern er wurde während der Produktion von einem Menschen gespielt, der dann wiederum in der Postproduktion durch den digitalen Hund ersetzt wurde.
Diese Rolle wurde von dem ehemaligen Cirque de Soleil Artisten Terry Notary übernommen, der zu den führenden Spezialisten auf dem Gebiet der Bewegungschoreographie in Filmen gehört und der sich die Manierismen, Bewegungen und Bewegungsabläufe von Hunden angeeignet hat. Buck mag dadurch nicht so echt wirken wie wenn man mit trainierten Hunden gearbeitet hätte, aber dafür kommt er mit dem nötigen Charme rüber, obwohl man bewusst darauf verzichtet hat, den Hund sprechen zu lassen. Er empfindet aber durch seine Mimik und Verhalten sichtbar Trauer und Freude, er verdreht die Augen und spielt sogar auf Thorntons Mundharmonika.
Die menschlichen Hauptrollen sind gut besetzt. So spielt Harrison Ford den Einzelgänger John Thornton, der nach einer häuslichen Katastrophe in die Wildnis am Klondike River geflüchtet ist, einer Grenzregion zwischen Alaska und Kanada. Ford kann glaubhaft die Einsamkeit und Traurigkeit seiner Figur darstellen, dadurch ist er insgesamt ein sehr sympathischer Charakter.
Omar Sy als Perrault und Cara Gee seine Partnerin Françoise sind das kanadische Postzusteller-Duo, die mit dem Hundegespann durch die gefährliche Wildnis hetzen und die mit einigen Mühen, Buck als Schlittenhund anlernen. Gerade die Szenen, wenn Buck lernt im Geschirr des Schlittens zu laufen sind teilweise reinstes Slapstick. Doch Buck lernt auch die Postzusteller als Leittiere anzuerkennen, denn in einer dramatischen Situation rettet er die junge Frau. Sowohl Omar Sy als auch Cara Gee sind glaubhaft und machen ihre Sache ebenfalls sehr gut.
Dan Stevens spielt den englischen Goldsucher Hal, der sich mit seiner verzogenen und egoistischen Schwester Mercedes (Karen Gillan) und seinem Freund Charles (Colin Woodell) völlig unbedarft aber selbstherrlich auf den Weg zu seinem Claim macht, den Schlitten vorgepackt mit Sachen, die man in der Wildnis vermutlich nicht gebrauchen kann. Leider muss Dan Stevens Hal doch als sehr klischeehaften und unangenehmen Kerl spielen, der keine Ahnung von Hunden und noch weniger vom Leben in der Wildnis hat. Diese Rolle hätte man sicher viel differenzierter darstellen können. Dasselbe gilt leider auch für die winzige Rolle, die Karen Gillan als Mercedes hat.
Bucks Erlebnisse sind in Jack Londons Abenteuergeschichte natürlich deutlich drastischer erzählt. In der hier besprochenen Verfilmung von Regisseur Chris Sanders ist die Geschichte des Mischlingshundes viel familienfreundlicher ausgefallen. Da es immer noch einige Szenen gibt, in denen die Hunde gequält werden, war es sicher für den Filmverleih einfacher, die Tiere zu animieren, um nicht Prügel von Tierschutzorganisationen zu erhalten, was vermutlich den Erfolg des Films deutlich schmälern würde.
Insgesamt ist "Ruf der Wildnis" eine durchaus gelungene wenn auch gezähmte Neuverfilmung der klassischen Abenteuergeschichte von Jack London, die neben der Handlung auch grandiose Bilder einer wilden und nur wenig vom Menschen veränderten Natur zeigt. Wer sich also nicht daran stört, dass Buck, seine Hundefreunde und die anderen Tiere im Computer entstanden sind, kann sich auf einen spannenden Film für die ganze Familie freuen.
Foto: John Thornton (Harrison Ford) mit Buck © Walt Disney Studio Motion Pictures GmbH
Info:
Ruf der Wildnis (USA 2019)
Originaltitel: The Call of the Wild
Genre: Abenteuer, Literaturverfilmung
Filmlänge: 96 Min.
Regie: Chris Sanders
Drehbuch: Michael Green basierend auf dem Roman von Jack London
Darsteller: Harrison Ford, Dan Stevens, Omar Sy, Karen Gillian, Bradley Whitford, Colin Woodell u.a.
Verleih: Walt Disney Studio Motion Pictures GmbH / 20th Century Fox Germany
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 20.02.2020