Kirsten Liese
Berlin (Weltexpresso) - Cody ist in der Schweiz angekommen. Fröhlich tollt der Hund mit seinem Herrchen durch die Felder. Dank tierlieber Menschen ist er einem traurigen Schicksal entkommen, das tödlich hätte enden können: Der Rüde lebte zusammen mit einer anderen Hündin namens Blanche in Rumänien auf der Straße. So eine Existenz ist gefährlich für Straßenhunde in Rumänien, die Regierung lässt sie gnadenlos ermorden. Aber neben perfiden Politikern gibt es in diesem Land auch Menschen, die um das Leben der Streuner kämpfen, sie aufnehmen und vermitteln.
„Cody- Wie ein Hund die Welt verändert“ erzählt gleichzeitig vom Schicksal herrenloser Streuner in einem armen Land und die persönliche Geschichte des Filmkomponisten Martin Skalsky, der über seine Adoption eines Hundes sein Bewusstsein für die Bedürfnisse der Fellnasen sensibilisierte. Und zwar in dem Maße, dass er viel Geld in die Hand genommen hat, um das denkbar Beste für Cody nach seinen Möglichkeiten zu tun und diesen Film, zu dem er selbst das Drehbuch schrieb, zu produzieren.
Skalsky wollte herausfinden, wie Cody gelebt hat, bevor er ihn zu sich genommen hat. Er ist dazu nach Rumänien gereist, um die Tierschützerin, die den Hund vermittelt hat, zu treffen. Zu erleben ist eine ungemein engagierte Frau, die schon an die 800.000 Hunde gerettet hat. Um das realisieren zu können, sagt sie, ist sie bisweilen Kompromisse eingegangen, die ihr in der Seele wehtun, zum Beispiel eben auch, dass sie langjährige Hundekameraden nicht zusammen vermitteln konnte. Zu sehen sind auch einige grausame Bilder von Tötungsstationen, in denen Hunde umgebracht werden, aus denen die Tierrechtlerin so viele wie möglich zu retten versucht. Diese Impressionen sind in ihrer Perversion kaum auszuhalten, aber unumgänglich, weil sie ein eindringliches Bild der prekären Situation vermitteln. Der Film hält diese Aufnahmen allerdings kurz, so dass auch so empfindsame Geister wie ich, sie gerade noch verdauen können. Zum Ausgleich verströmt der Film überwiegend positive Energie!
Ausgehend von der dramatischen Situation in Rumänien stellt sich Skalsky grundsätzliche Fragen zum Umgang mit Tieren: Was maßen wir uns eigentlich an, permanent über sie hinweg zu entscheiden- sie einfach umzubringen, auszubeuten, zu bestimmen, wie sie zu leben haben?! Und so gelangt er unweigerlich auch zu der Frage, ob Cody vielleicht glücklicher wäre, wenn er mit seiner alten Kameradin Blanche wieder zusammen sein könnte. Um das herauszufinden, scheut er keine Mühen. Skalsky reist nach England zu Blanches Frauchen mit Codys Schlafdecke. Er sucht mit viel Feingespür das Gespräch mit der Frau, die Blanche adoptiert hat und Verständnis zeigt, aber eigentlich ihre Hündin nicht so gerne hergeben will, wiewohl sie noch zwei andere Hunde hat. Aber als Blanche freudig an der Decke schnuppert und den Geruch ihres einstigen Gefährten offenbar erkennt, lässt sie sich doch auf eine Wiederbegegnung der beiden Hunde ein.
Die gestaltet sich als ein großer Kraftakt, dies auch, weil größere Hunde bei den Airlines wie Gepäck in einer Box aufgegeben werden müssen. Eine solche Tortur kam für Filmemacher Skalsky nicht infrage. Also unternahm er mit seiner Fellnase eine langwierige Reise mit der Bahn.
Wie das spannende Experiment ausgeht, soll nicht verraten werden. Aber eines leistet der berührende Film ganz gewiss: einen Beitrag dazu, sich mehr mit den individuellen Bedürfnissen unserer Mitgeschöpfe zu beschäftigen und darauf Rücksicht zu nehmen. So habe auch ich mich am Ende gefragt, ob meine Eltern und ich nicht oft Fehler gemacht haben, wenn wir nur ein Kätzchen aus einem Wurf bei uns aufnahmen und damit die Trennung von Mutter und Geschwistern auf uns nahmen. Gewiss, man sollte Tiere nicht vermenschlichen, aber doch berücksichtigen, dass sie eine Seele haben, leiden und fühlen wie wir!
„Cody – Wie ein Hund die Welt veränderte“ ist mithin ein besonders feinfühliger, ungewöhnlicher Tierfilm und nach „Bob der Streuner“ einer der schönsten der vergangenen Jahre. Für jeden Hundehalter eigentlich ein Muss!
Foto:
© Verleih
Kirsten Liese
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