Singing ClubSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 15. Oktober 2020, Teil 14

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Offiziersgattin Kate Taylor (Kristin Scott Thomas) lebt auf der britischen Militärbasis Catterick Garrison zusammen mit ihrem Mann Richard (Greg Wise). Egal was passiert ist oder kommt, sie überspielt es in der Öffentlichkeit mit einem strahlenden Lächeln, obwohl ihr Sohn erst vor kurzem bei einem militärischen Einsatz verstorben ist.

Weil der nächste Einsatz in Afghanistan ansteht, möchte sie sich an der Betreuung der zurückgebliebenen Ehefrauen beteiligen. Bis jetzt hat immer die Frau des Regimentsunteroffiziers die Rolle der Wohlfahrtsbeauftragten wahrgenommen. Dieser Posten wird neu von Lisa (Sharon Horgan) übernommen. Doch jetzt mischt sich Kate Taylor ein und entzieht damit Lisa die Kontrolle Da sie an den üblichen Freizeitbeschäftigungen wie Buchclubs, gemeinnütziger Arbeit, Kaffeekränzen oder Stricken kein Interesse hat, schlägt sie die Gründung eines Chors vor.

Doch das ist gar nicht so einfach, denn abgesehen von Kate, die Chorsingen auf einer noblen Schule gelernt hat, haben außer Lisa die übrigen Frauen keine musikalische Ausbildung. Trotzdem lassen sich Kate und Lisa von der Lebensfreude der Frauen anstecken, und sie fangen an, den Chor gemeinsam zu leiten.

Nach den üblichen Anlaufschwierigkeiten werden die Frauen gesanglich immer besser. Neben dem gemeinsamen Singen können sich die Frauen auch über schwierige Themen wie Ehemänner im Krieg, Schwierigkeiten mit den Kindern und über die eigene Identität unterhalten. Auch können sie sich gegenseitig helfen, wenn einer der Männer verletzt oder sogar getötet wird.

Als ein hoher Militär von außerhalb den Frauenchor beim Üben hört, schlägt er vor, dass die Gruppe bei der jährlichen The Royal British Legion's Festival of Remembrance in der Londoner Royal Albert Hall auftreten soll. Doch welches Lied wollen die Frauen vortragen und ist der Chor wirklich schon so weit, dass er öffentlich vor einem riesigen Publikum auftreten kann?


"Military Wives" wie der hier besprochene Film im englischen Original heißt, beruht auf wahren Begebenheiten. Der erste Chor entstand 2010 auf der Militärbasis Catterick Garrison in North Yorkshire, England. Inzwischen sind die "Military Wives Choirs" eine eingetragene Wohltätigkeitsorganisation und ein Netzwerk von 75 Chören in britischen Militärstützpunkten in Großbritannien und Übersee mit über 2200 Mitgliedern.

Regisseur des Filmes ist Peter Cattaneo, der vor allem mit der Männer-Striptease Komödie "Ganz oder gar nicht" (1997) bekannt geworden ist. Das Drehbuch zu der Tragikomödie schrieben Rosanne Flynn und Rachel Tunnard. Der Film erzählt die Probleme und die Kraft der Musik aus der Perspektive der Soldatenehefrauen, die auf dem Stützpunkt zurückgeblieben sind, während ihre Männer gerade in Afghanistan kämpfen. Der Film wurde auf der Catterick Garrison Militärbasis gedreht, auf der der erste Chor 2010 gegründet wurde. Deshalb arbeiteten auch Soldaten und ihre Familien als Statisten mit.

"Mrs. Taylor's Singing Club" mag recht konventionell und in seiner Abfolge auch ohne Überraschungen sein, denn natürlich geht es in erster Linie darum eine chaotische Gruppe zu einer funktionierenden Einheit zu formen, damit sie letztendlich ein gemeinsames Ziel erreichen können. Klar gibt es dabei auch die Frau mit der ganz besonderen Stimme, die allerdings nicht das Selbstvertrauen zum Solo-Singen hat und die erst - in einer sehr schönen Szene während einer regnerischen Wanderung - aufgebaut werden muss, was wie zu erwarten auch den Teamgeist fördert. Da man nicht ganz so konservativ sein will, ist eine der Frauen auch mit einer Frau verheiratet, die ebenfalls nach Afghanistan abkommandiert wird.

Der Film lebt vor allem von seinen Darstellerinnen, allen voran Kristin Scott Thomas als Kate und Sharon Horgan als Lisa. Die Interaktionen der beiden tollen Darstellerinnen treiben die Story voran. Das Drama lebt vor allem von dem Kontrast zwischen Scott Thomas als spröder Oberschicht Lady und Sharon Horgan als ungezwungene junge Frau, die bislang die Freizeitaktivitäten der Daheimgebliebenen mit koordiniert hat (mit irischem Akzent in der Originalversion). Allerdings haben beide Frauen so ihr Päckchen zu tragen. Kates Sohn ist vor kurzem gefallen und ihr Mann Richard meldet sich immer wieder zu Auslandseinsätzen, obwohl er es nicht mehr müsste. Lisa dagegen hat vor allem Probleme mit ihrer Teenager-Tochter.

Inhaltlich wird in dem Film leider doch ein sehr konservatives Rollenbild der Frauen vermittelt. Auch in der einen oder anderen Szene wird gezeigt, dass es die Aufgaben der Frauen ist, zu Hause zu bleiben, die Familien zu verwalten und den abwesenden Männern den Rücken frei zu halten. Dieses Bild wird auch unterstützt durch den Song, den die Frauen letztendlich in London vortragen. Er besteht aus Zitaten der Briefe, die die Männer aus Afghanistan geschickt haben.

Das ist schade, dass die in dem Film propagierten Wertvorstellungen die starken schauspielerischen Leistungen von Kristin Scott Thomas, Sharon Horgan und den anderen Frauen überschatten. Wenn man allerdings von der im Film unterschwelligen Propaganda absieht, ist trotz aller Kritik ein charmanter und auch sehenswerter Film entstanden, der ganz sicher sein Publikum finden kann. Auch macht "Mrs. Taylor's Singing Club" deutlich, wieso die Military Wives Choirs Organisation im Leben der Frauen, die auf einer Militärbasis wohnen, inzwischen eine so wichtige Rolle spielt.

Zusatz: Neben dem Film hat es auch noch den Soundtrack zum Film gegeben, der am 23. April 2020 erschienen ist. Die Disc enthält 13 Lieder und 2 Bonus-Songs, die von dem Original Military Wives Chor gesungen werden. Der Cast des Films steuert ein Lied bei, weitere drei Songs singen der Chor und der Cast zusammen.

Foto: Kristin Scott Thomas als Kate Taylor und Sharon Horgan als Lisa © LEONINE

Info:
Mrs. Taylor's Singing Club (Großbritannien, 2019)
Originaltitel: Military Wives
Genre: Drama, Musik
Filmlänge: 110 Min.
Regie: Peter Cattaneo
Drehbuch: Rosanne Flynn, Rachel Tunnard
Darsteller: Kristin Scott Thomas, Sharon Horgan, Jason Flemyng, Gregg Wise, Emma Lowndes, Amy James-Kelly u.a.
Verleih: LEONINE
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 15.10.2020