ladykillersDer Alec Guinnes Film, Kult seit 1955, ab 10. Dezember auf DVD bei Studiocanal

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das hat mich selber interessiert, wie ich einen Film, der in Kindertagen der meistbesuchte Film der Jahre war, mit heutigen Augen anschaue. Aber ich muß sagen - und es hat mich überrascht, dieser Film wirkt auch nach 65 Jahren.

Auf der einen Seite wird die ganze Skurrilität, die nirgends so wie in England blüht, Handlungsträger, auf der anderen sind so viele Szenen Urbilder von Situationskomik, so daß beim Schauen das Lachen nicht aus der Überraschung erfolgt, sondern eher als Bestätigung für das, was jetzt genau passend wäre, erwartet wurde – und kommt! Das sind Momente wie, wenn beispielsweise der lange Halsschal unter dem Fuß eines anderen steckt und und dies fast zum Erwürgen des Trägers oder aber zum Umfallen dessen führt, der drauf stand.

Erstaunlicherweise ist das Theaterstück, das zum Drehbuch wurde, von William Rose aufgrund eines Traumes geschrieben worden. Und noch doller, er behauptete, nicht nur die Idee, sondern den gesamten Verlauf geträumt zu haben. Ein produktiver Traum, der für den Film nur noch aufgefüllt wurde. Die Geschichte geht so: Ein alte Dame (Katie Johnson), die aus der viktorianischen Zeit scheint, wohnt nahe dem Bahnhof King’s Cross und besucht regelmäßig das Polizeirevier, wo sie Dönges erzählt, denn sie ist phantasievoll und leichtgläubig auch; außerdem hat sie alte Freundinnen, die die Welt ständig interpretieren.Mrs. Wimmerforce ist seit 35 Jahren Witwe eines Seekapitäns, der unterging, aber vorher noch drei Papageien rettete, die ihr geschickt wurden und bei ihr leben. Um besser über die Runden zu kommen, vermietet sie.

Der neue Mieter ist Professor Marcus (Alec Guiness) mit übergroßen Zähnen, etwas überspannt und mit einem gefährlichen charmanten Grinsen ausgestattet, der mit vier Freunden ein privates Streichquintett bildet. Als erster kommt seriös Major Claude (Cecil Parker) daher, ein Gentleman alter Schule, der der Vermieterin allzu gut gefällt. Im Gegensatz zu Louis (Herbert Lom), der den buchstäblichen Gangster, wie man ihn kennt, verkörpern soll, elegant und böse, der die Vermieterin nicht mag. Harry bleibt seltsam blass, obwohl sein Schauspieler Peter Sellers später berühmt wird. Am stärksten wirkt Pancake, also Pfannkuchen (Danny Green) auf die alte Damen und die Zuschauerin auch. Er ist der berühmte Dicke mit Kraft, dem weichen Herzen und dem fehlenden Hirn. Warum der Untermieter mit seinen Musikfreunden der Vermieterin so gefällt, hat damit zu tun, daß diese so schön das „Menuett“ von Luigi Boccherini (3. Satz aus dem Quintett für zwei Violinen, Viola und zwei Violoncelli E-Dur op. 11/5, G 275)spielen. Natürlich auf Schallplatte, denn Musikmachen ist ihr Alibi und sie müssen leise miteinander sprechen.

Die fünf wollen nämlich einen Geldtransport im Bahnhof King‘s Cross rauben, was ihnen mit ausgetüfteltem Plan und der Hilfe von Mrs. Wimmerforce gelingt. Von ihrer Seite natürlich unbeabsichtigt. Sie holt nämlich auf Bitten ihres Untermieters den massiven Schrankkoffer mit dem Taxi ab und ist die einzige, die durch das immense Polizeiaufgebot, die die Räuber suchen, unkontrolliert durchkommt. Erst als beim Auszug des Quintetts aus ihrem Haus ein Band des Cellokastens – die Geldräuber hatten die 60 000 Pfund aus dem Schrankkoffer in den Instrumentenkästen verteilt – in der Haustür hängen blieibt und der tumbe Pfannkuchen fest am Band zieht, öffnet sich der ganze Kasten und ein Geldregen fliegt umher, was die Hauswirtin beim Öffnen der Tür verblüfft anguckt.

Also Kommando zurück. Alle wieder ins Haus. Das Geld müssen sie Mrs. Wimmerforce abgeben, die es in den Schrankkoffer sperrt und die Tür zu ihm zusperrt. So geht das natürlich nicht für die Fünf. Jetzt also muß sie aus dem Weg geräumt werden. Bei diesem Versuch räumen sich aber die Kriminellen selbst aus dem Weg.

Doch, doch, die Geschichte ist schon schön schräg, eindeutig schwarzer Humor und doch ist die die Art und Weise der Verfilmung mindestens kongenial, wenn nicht der eigentliche Hit. Es sind die vielen intelligent und komisch konstruierten Szenen, die oben beschrieben wurden, die man am liebsten alle aufzählen will. Zumindest einige müssen einfach noch sein. Zum Beispiel das Hauskonzert, das sich aus der Anwesenheit der Geldräuber zum Damenkränzchen ergibt. Denn die Räuber sind ja zurück, weil ihnen nach der Verabschiedung von Mrs. Wimmerforce nach 30 Meter Fahrt mit dem Auto klar wurde, daß sie diese Mitwisserin nach dem Unglück mit dem Geldkoffer los sein müssen. Los? Also töten. So steigen sie mit ihren Instrumenten, in denen das Geld steckt, wieder aus und kommen ins Haus, wo die Hauswirtin verwirrt anfängt, sich einiges zusammenzureimen.

In dem Moment schrillt die Klingel und vor der Tür steht die erste alte Dame zum Kaffeekränzchen. Es klingelt, erst die nächste, dann wieder: die nächsten. Neue Situation, nun verstellen sich alle, denn dazu ist Mrs. Wimmerforce zu gut erzogen, um ihre Freundinnen in den Schlamassel hineinzuziehen, also wird Theater gespielt – ein Höhepunkt der Situationskomik – und zum Tee gibt es gemeinsames Singen. Doch längst durchschaut die Alte inzwischen alles, denn eine der Freundinnen hat die Zeitung mitgebracht mit dem Aufmacher des Bankraubs. Deshalb wird, als der Besuch wieder fort ist, wird Tacheles geredet. Von Seiten der sonst so höflichen alten Dame vernehmen die fünf Verbrecher, daß sie morgen früh die Polizei einschaltet, auf Seiten der Fünf wird ausgelost, wer sie umbringen soll.

Dazwischen schellt der Konstabler, um die alte Dame wegen des ursprünglichen Vorfalls zu beruhigen, doch die ist ja mitten in der Diskussion mit den Räubern und fertigt den guten Polizisten mit deren Ratschlägen ab: „Haben Sie einenHausdurchsuchungsbefehl?“ oder „Verduften Sie“. Das aus dem Mund der feinen alten Damen, irritiert den Wachmann nachdrücklich, aber der Zuschauer lacht und lacht.

Unmöglich all die Szenen zu schildern, denn es geht rund, da sind keine Längen, sondern der Film nimmt neu Fahrt auf, als sich keiner der Fünf traut, die nette Lady umzubringen. Der erste, auf den das Los fiel, klettert unter Mitnahme des Geldes aus dem Fenster. Wird aber gefaßt und so geht es Schlag auf Schlag, wobei die Eisenbahn eine große Rolle spielt.

Die Abschlußszene ähnelt dem Anfang. Die alte Dame kommt auf‘s Revier und erzählt ihre Geschichte, daß nämlich die Bankräuber bei ihr Unterschlupf suchten, jetzt aber alle weg sind. Verständnisvoll nicken die Beamten und sagen just das, was ihr die Räuber eingeredet hatten, daß keiner das Geld zurück wolle und sie es doch einfach behalten solle. Das ganze Geld?,fragt sie. Ja, das ganze Geld?, lautet die Antwort. Jetzt ist sie reich.
 
Info:
Ladykillers (1955)

DVD
Großbritannien, 1955FSK ab 16 freigegeben
Bestellnummer: 10324430
Erscheinungstermin: 10.12.2020
Serie: Arthaus

Komödie, 87 Min.
Regie: Alexander Mackendrick
Darsteller: Alec Guinness, Cecil Parker, Herbert Lom, Peter Sellers, Danny Green, Jack Warner, Frankie Howerd, Katie Johnson
Filmmusik: Tristram Cary
Originaltitel: The Ladykillers (1955)
Sprache: Deutsch, Englisch
Tonformat: Dolby Digital mono