Packshot 3D Front 972Breakdowns DVDDer am 3. September unter Coronabedingungen angelaufene Film kommt heute als DVD heraus!

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das ist ein Ding! 972 Pannen auf 43 000 Kilomentern - und trotzdem ankommen. Was an diesem Film gefällt, ist die Frechheit ,mit der drei Frauen und zwei Männern auf vier Motorrädern mit Beiwagen - die russische Marke Ural sicherte, daß auf dem langen Weg durch Rußland bis zur Beringstraße immer Reparaturen möglich waren, was ja das erste Mal nach 25 Kilomentern eintrat und dann ständig - sich auf den Weg machen, gut, andere sagen, Naivität, auf jeden Fall ein echtes Wagnis, wie man dann sieht. Aber genauso gefällt die Art und Weise, wie zwischen Originalaufnahmen eingestreute graphische Darstellungen das Öl aus dem Motorrad laufen lassen und andere Scherze.

 Anne, Efy aus Zypern, Elisabeth, Johannes und Kaupo aus Estland, die in Halle gerade ihr Kunststudium abgeschlossen hatten, machen sich gemeinsam auf den Weg nach New York. Nur wie! Darum hören wir gleich zu Beginn die mäandernde halbphilosophische Feststellung: VIELLEICHT IST ES BESSER, GEWISSE DINGE VORHER NICHT ZU WISSEN. Und so beantwortet Kaupo die Frage, ob er die Fahrt noch einmal anträten würde, mit einem spontanen NEIN, schiebt aber als Erklärung nach, er habe sie jetzt ja schon mal gemacht. Er erzählt noch anderes und das sei gleich hinzugefügt, daß auf der DVD neben dem Film eben auch alle Fünf in Einzelinterviews über ihre Erfahrungen mit der Reise sprechen, total spannend. Aber noch sind wir beim Film, der eine Fahrt von zweieinhalb Jahren dokumentiert, wozu dann ein weiteres Jahr für die Produktion des Film kam, der auf 500 Stunden Material basiert!
 
Wirklich gelungen, wie die dann auftretenden Probleme erst einmal mit einer Aufzählung beginnen:
8 Getriebe
50 Zylinder
100 Lichtmaschinen
1,5 Tonnen rostige Schrauben
1 Ersatz Propeller
270 kg Schokolade!!

Geschickt, daß die Fahrt auf den Motorrädern durch Ost- und Südeuropa nur auf der Landkarte stattfindet - wie die Landkarte der gesamten Reise gemacht wurde, sieht man in den Extras, wo ein ganzes Zimmer mit der selbst angefertigten Karte am Boden ausgelegt ist und eine Drohne mit Kamera darüber den Weg markiert. Toll. Erst in Georgien macht der Überblick Halt und ab jetzt verfolgen wir erst die Reise. Das ist sinnvoll, weil der Weg nach Georgien auch anderenorts zu sehen ist und die 110 Minuten für die lange Landstrecke mit den vielen Fallstricken in einsamer und absolut rauher Natur über Straßen, die man teils kaum Straßen nennen kann, nötig ist. Daß es überhaupt Motorräder gibt, die Ural heißen, wo man ja sofort die Herkunft ahnt, lernt man nebenbei, speziell die Ural 650, für die spricht, daß sie leicht zu reparieren (haha, für wen?) ist und es im weiten Rußland, dem flächenmäßig größten Land der Welt, überall Ersatzteile gibt. Der Film ist schon deshalb spannend, weil dauernd mit den Maschinen was passiert: zwischendurch wird witzig immer wieder mal die Anzahl der Pannen gezeigt: Wenn es 557 sind, sind wir schon weit gekommen und eigentlich im dramatischsten Teil.

Vorher aber geschieht das, was jeder Reisende, der keine Reisen bucht, sondern sich selbst auf den Weg macht , in aller Welt kennt: man lernt gerade dann, wenn man Probleme bekommt, die tollsten Leute kennen. Russen, die man hierzulande kaum kennt, sind sowieso sehr hilfsbereit und wie einfallsreich die Leute werden, wenn ein Nummernschild abfällt und nachgebaut, eigentlich ja gefälscht wird, ist alles köstlich. Und schon sind wir in die Fall gedappt. Denn so weit sind wir ja noch nicht. Erst geht es durch Kasachstan und wenn einer im Film sagt, die Mongolei sei ihm ein großes Rätsel geblieben, muß man dazu sagen, daß deren Durchquerung allein einen Monat gedauert hat, was wir in den vielen Gesprächen und eben den häufigen Reparturen mitbekommen. Gelacht wird auf jeden Fall viel! Inzwischen wissen wir durch die Aufnahmen und Kommentare auch, wie das Leben unterwegs verläuft, wie gegessen wird, wie man gemeinsam unter einem Art großen Segel, die Motorräder drumherum in der Gemeinschaft schläft und nicht in einzelnen Zelten. Zwischendurch sieht man voller Schrecken verbrennende Landschaften. Höchste Zeit, von den Aufnahmen zu sprechen.

Für die ist in der Regel Elisabeth verantwortlich und im Film staunte ich immer wieder über die so wichtigen Aufnahmen von oben, die die Weite des Landes zeigen, die Flucht von Tieren, die Wüsten, die Wälder. Wirklich eindrucksvoll und erst in den Extras erzählt Daniel, daß auch unterwegs Drohnen zum Filmen eingesetzt wurden. Daß die dem Film durch die Aufsicht die notwendige überspannende Weite der Landschaft geben, ist als Kontrapunkt zu den vielen 'kleinen' Szenen auf den Motorrädern so wichtig. Darum ist der Film auch ohne den dramatischen Inhalt  einfach als Film gut gemacht. Und es tut gut, alte Lebensweisheiten Wahrheit werden zu lassen. Als nämlich die Straßen immer schlechter werden, die Reparaturen immer mehr und die Stimmung...Wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Das Lichtlein ist hier ein Laster, der leer in der Einöde vorbeifährt und die vier Motorräder mit den fünf Personen auflädt und an die gewünschte Stelle bringt. Die Straßen sind auch deshalb so schlecht, weil die Gruppe eine 'Abkürzung' nimmt, die ihnen als im schlechten Zustand befindlich von den Einheimischen ausgeredet werden sollte, aber so sind wir halt: dynamisch, wissen alles besser und machen es einfach. Aber, da dieselben ihre Entscheidung auch ausbaden, im Sinne des Wortes, die vielen Flüsse, die mit den Maschinen durchwatet werden, sei's drum.

Und jetzt habe ich mir im Heimkino den Atlas geholt und alles nachverfolgt. Denn wieso soll das eine tolle Idee sein, nicht mehr auf dem Landweg weiterzufahren, sondern auf dem Fluß Kolyma  in Richtung Ostsibirsche See 1500 Kilometer weiterzukommen. Aber so war es. Dazu mußte man aber erst einmal entsprechende Boote bauen. Aber die Fünf schaffen alles, auch wenn es dazu nötig ist, alle fünf Boote zusammenzubinden, weil der Fluß macht, was er will und man die Kräfte bündeln muß, daß es in die richtige Richtung geht. New York ist noch weit, aber die Etappe Beringmeer gleich erreicht!

Den Film sieht man gerne, weil alles gut ausgegangen ist!  Und die Begegnungen mit den fünf Individuen bei den Extras sind wichtig, um die individuelle Seite der gemeinsamen Unternehmung auch mitzubekommen. Man lernt die Menschen dadurch ohne ihre Motorräder und ohne ihre Reise kennen, auch wenn es ja dauernd um die Reise geht. Sehr interessant und zusammen ein richtiges Vergnügen. 

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Cover, Plakat

Info:
Ein Film von Leavinghomefunktion und Daniel von Rüdiger 
Verleih/Produktion: Leavinghomeproduktion Vertrieb: Die Filmagentinnen
Kinostart war am 3. September 2020
DVD 972 Breakdowns Auf dem Landweg nach New York + Extras, Interviews mit den fünf Reisenden und Daniel von Rüdiger, der maßgeblich das Schneiden übernahm.
Verleih: Leavinghomeproduktion
Website: www.aufdemlandwegnachnewyork.com
Facebook: facebook.com/972Breakdowns
Filmlänge: 110 Minuten
Sprache: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Estnisch, Griechisch, Italienisch, Russisch, Spanisch
FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung