Bernadette Giuliani
Mainz (Weltexpresso) - In seiner neuesten Tierdoku widmet sich der prominente Naturschützer den Wölfen. Sie sind seit 20 Jahren in Deutschland wieder heimisch. Ihr Bestand wird pro Jahr um 30 Prozent steigen – ein großartiger Erfolg für den Artenschutz, für Landwirte, die etwa um ihre Schafe fürchten, aber ein Problem. Die Fronten zwischen Wolfsfreunden und -gegnern sind verhärtet. Auf der Suche nach Lösungen spricht der Schauspieler mit beiden Seiten und kommt den Wölfen ganz nah.
ZDF: Dienstag, 25. Mai 2021, 22.15 Uhr
ZDFmediathek: Ab 25. April 2021
Hannes Jaenicke: Im Einsatz für den Wolf
Neuer Film der Doku-Reihe
Nach zuletzt Nashörnern und Lachsen widmet sich Hannes Jaenicke in seiner vielfach prämierten Doku-Reihe "Im Einsatz für ..." nun einer Tierart, die seit 20 Jahren heimisch in Deutschland ist: den Wölfen. "Dieses Mal geht es nicht um eine Gattung, die ausstirbt, sondern eine, die sich wieder ausbreitet", stellt der prominente Naturfreund (Foto mit Wissenschaftler Kurt Kortschal vom "WolfScienceCenter" im Ernstbrunn, Österreich) klar und fügt gleich das Problem hinzu: "Und zwar schneller, als manch einem lieb ist."
Wölfe fühlen sich wieder wohl in Deutschland. Laut Wolfs-Monitoring-Jahr 2019/2020 leben hierzulande 128 Rudel, 36 Paare und neun sesshafte Einzelgänger. Ihr Bestand, so schätzen Experten, wird pro Jahr um etwa 30 Prozent zunehmen. Ein großartiger Erfolg für den Artenschutz. Manche Wolfsfreunde sehen in den Tieren sogar die Retter der Natur. Landwirte dagegen berichten von dramatischen Erlebnissen durch Wolfsangriffe auf ihre Tierherden. Die Fronten zwischen Wolfsbefürwortern und -gegnern verhärten sich zunehmend. "Es gibt Probleme mit dem Wolf", ist Hannes Jaenicke klar. "Aber gibt es auch Lösungen? Wie viel Wolf vertragen wir in Deutschland?"
Zu Beginn der Doku will der naturverbundene Schauspieler den Raubtieren möglichst nahekommen. Gar nicht so einfach, denn Wölfe sind Menschen gegenüber äußerst vorsichtig und scheu. Begegnungen mit ihnen in freier Natur sind sehr selten. Hannes Jaenicke reist nach Niederösterreich zu dem weltweit einmaligen "WolfScienceCenter" mit riesigen Freigehegen. Dort wird das Sozialverhalten von Wölfen und Hunden wissenschaftlich erforscht. Dabei erfährt Jaenicke, welch erstaunliche Ähnlichkeiten es zwischen Mensch und Wolf gibt , in der Persönlichkeit ebenso wie der Kooperationsbereitschaft.
Im deutschen Alpenraum spricht der prominente Naturfreund auch mit Schafbauern, deren Tiere Opfer von Wolfsangriffen wurden. Für die Bauern ist ein friedliches Miteinander zwischen ihren Herden und dem hundeähnlichen Tier nicht denkbar. Schafszüchterin Barbara Maurer: "Für ihn ist bei uns kein Platz mehr – das ist alles zu dicht besiedelt. Abschuss ist die einzige Lösung."
Ist der Abschuss wirklich die einzige Lösung? Welche Rolle können Herdenschutz-Maßnahmen spielen? Gibt es überhaupt die eine richtige Maßnahme? Hannes Jaenicke sucht nach Antworten in den Tiroler Alpen, im Majella-Nationalpark, den italienischen Abruzzen und den Karpatenregionen Rumäniens. Auf seiner Reise erfährt er, dass es einen gravierenden Mentalitätsunterschied zwischen den Ländern Europas gibt: zwischen den Gegenden, wo der Wolf bereits ausgerottet war, und jenen, wo die Raubtiere nie verschwunden sind. Letztere beweisen: Ein konfliktfreies Zusammenleben wäre durchaus möglich. Aber Kompromissbereitschaft und Toleranz sind gefragt. Denn eines wird im Laufe von Jaenickes Recherchen immer klarer: Die Anwesenheit von Wölfen bedeutet einen Mehraufwand für Weidetierhalter.
Auch in Deutschland ist es die Frage nach der Daseinsberechtigung des Wolfes ein heißes Diskussionsthema. Darüber spricht Hannes Jaenicke auch mit Peter Wohlleben. Der bekannte Förster und Fachbuchautor stellt sich schützend vor Wölfe: "Welche Funktion haben Elefanten in Botswana für Bauern? Keine gute, die trampeln die Felder platt. Trotzdem würde jeder sagen: 'Hey, hör mal, Ihr könnt doch keine Elefanten schießen.' Das ist eine Doppelmoral. Wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen wollen, dann sollten wir den Wolf konsequent schützen."
Auch Wolfsgegner kommen zu Wort. Hannes Jaenicke trifft sich mit dem stellvertretenden Geschäftsführer des Deutschen Jagdverbands, Torsten Reinwald. Er und seine Institution sprechen sich klar für eine Bestandsregulierung der Tiere aus: "Man muss sehen, welche Gebiete in Deutschland sind sehr gut geeignet für Wölfe, wo müssen wir Wölfe eventuell managen, das heißt auch Tiere entnehmen und wo sollten Wölfe gar nicht vorkommen."
Auch über 20 Jahre nach seiner Rückkehr nach Deutschland polarisiert der Wolf wie kaum ein anderes Tier. Mit seiner neuen Dokumentation "Hannes Jaenicke: Im Einsatz für den Wolf" will der Schauspieler und Umweltschützer helfen, mehr Sachlichkeit in eine emotional aufgeladene Debatte zu bringen. Er zeigt dabei, dass der Wolf ein Wildtier wie jedes andere ist. Er will seine Dokumentation auch als Appell verstanden wissen, dass Wolfsfreunde und -gegner miteinander im Gespräch bleiben, einander zuhören und zur Sachlichkeit zurückkehren. Sonst rückt ein konfliktfreies Nebeneinander von Wolf und Mensch in immer weitere Ferne.
(Teile der gezeigten Wolfszenen entstanden mit trainierten Tieren unter kontrollierten Bedingungen.)
Foto:
Hannes Jaenicke im Wolfforschungszentrum "WolfScienceCenter", Ernstbrunn, Österreich. Alle Wölfe der Einrichtung werden per Hand aufgezogen
© ZDF/Markus Strobel