Bildschirmfoto 2021 04 12 um 22.08.03Das Programm für das 14. LICHTER FILMFEST steht - On Demand und als Sommerkino

Roswitha Cousin

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Aktuelles Weltkino zum Thema „Wandel“, Glanzlichter des deutschen Filmschaffens und die besten Lang- und Kurzfilme der Region. Die Zuschauerinnen und Zuschauer des Frankfurter Festivals erwartet ab dem 27. April eine ereignisreiche Woche mit einem ab- wechslungsreichen und anspruchsvollen Filmprogramm rund um das Thema Wandel. Der Vorverkauf hat bereits begonnen, die Tickets sind wie letztes Jahr auf Kinosaalgröße be- grenzt, alle Filme sind online bis zum 09. Mai, sieben Tage über den regulären Festivalzeitraum hinaus, abrufbar.

Heiße Anwärter*Innen auf die Oscars 2021, Festivallieblinge aus aller Welt und die volle Bandbreite des internationalen Kinofilms – insgesamt 20 Filme zum Jahresthema Wandel und fünf ausgesuchte Beispiele für außergewöhnliche Produktionen aus Deutschland komplettieren das diesjährige LICHTER Festivalprogramm. Alle Filme sind wie letztes Jahr über die Streaming- Plattform Festival Scope zu sehen (Zugang über www.lichter-filmfest.de . Zudem wird ein kleiner Teil des Programms exklusiv im Sommer während der Freiluftkino-Saison des LICHTER Filmkul- tur e.V. zu sehen sein. Zeit und Ort werden rechtzeitig bekannt gegeben.


DIE TRANSFORMATION UNSERER WELT

Mit „Wandel“ haben sich die Festivalmacher*innen einmal mehr einem Thema angenommen, das aktueller nicht sein kann. Gleichstellung, Verkehr, Wohnungsbau, Arbeit, Landwirtschaft und – es klingt fast spöttisch – das Klima im Wandel der Zeit. Sechs Beispiele, die einen spüren lassen, dass die Transformation unserer Welt nicht mehr aufzuhalten ist.

Der Film hat bekanntermaßen besondere Potenziale, die Welt mitsamt ihren Problemen nachvollziehbar zu machen. Diesem Anliegen fühlt sich das LICHTER Filmfest seit seiner Gründung verpflichtet. „Unser Jahresthema ist stets mit dem Anspruch verbunden, diese Thematik im Film aufzuspüren, auszuwerten und wichtige zeitgenössische Positionen im Programm abzubilden“, erläutert Festivaldirektorin Johanna Süß. Und Festivaldirektor Gregor Maria Schubert ergänzt: „Eine politische Haltung zu haben und diese selbstbewusst nach außen zu tragen, gehört für uns genauso zu unseren Aufgaben wie die Zusammenstellung des Programms“.


HIGHLIGHTS AUS DEM INTERNATIONALEN LANGFILMPROGRAMM

Ob Genderidentität, Flucht und Migration, Strukturwandel in der Arbeitswelt oder Gentrifizierung und soziale Verdrängung – die Filme des internationalen Programms spiegeln das Jahresthema „Wandel“ auf ganz unterschiedliche Art und Weise. „Der Perspektivwechsel war uns sehr wichtig“, so Süß. „Aus über 200 gesichteten Filmen haben wir schließlich eine Auswahl zusammengestellt, die das Thema „Wandel“ von sehr vielen Seiten beleuchtet. Mal berührend, hintergründig, lehrreich, mal skurril, optimistisch, humorvoll. Und stets unterhaltsam!“ Bemerkenswert ist außerdem, dass dieses Jahr besonders viele Filme von Regisseurinnen beim LICHTER Filmfest zu sehen sind.

Mit dem Spielfilm Gagarine von Fanny Liatard und Jérémy Trouilh wird das 14. LICHTER Filmfest am 27. April 2021 eröffnet. Der Film erzählt die Geschichte des 16-jährigen Youri, der in einem gigantischen und völlig maroden Sozialbau der Pariser Vorstadt lebt. Der nach dem Weltraumpionier Yuri Gagarin benannte Junge versucht die Siedlung mit viel Fantasie in Stand zu halten, denn auch wenn sein Leben nicht immer einfach ist, fühlt er sich dort zu Hause. Als der Wohnkomplex abgerissen werden soll und viele Bewohner*innen bereits ausgezogen sind, hat Youri einen brillanten Einfall: Könnte man das Wohnhaus nicht zu einem Raumschiff umrüsten und einfach davon fliegen?

Madly in Life (Une vie démente) von Raphaël Balboni und Ann Sirot feiert Deutschlandpremiere beim LICHTER Filmfest. Auf humorvolle und ehrliche Weise erzählt der Spielfilm von den Mitdreißigern Alex und Noemi, dessen Leben eigentlich gerade an Fahrt aufnehmen soll – aber durch die Demenzerkrankung von Alex‘ Mutter schlagartig ausgebremst wird. Das junge Paar ist überfordert: Ist jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt, über Familienplanung nachzudenken, wenn Alex‘ Mutter selbst in die Kindheit zurückzufallen scheint?

The Wasteland (Dashte Khamous) von Ahmad Bahrami spielt in einer abgelegenen Lehmziegelfabrik im Iran, der letzten ihrer Art. Die Fabrikarbeiter*innen kämpfen um ihr Überleben, aber niemand scheint noch Ziegel kaufen zu wollen. Der Film dringt tief ein in den Mikrokosmos dieser Menschen, deren Existenz von der Ziegelherstellung abhängt und deren Alltag schlagartig auf die Probe gestellt wird. Der auf den Filmfestspielen von Venedig mit drei Preisen ausgezeichnete Schwarz-Weiß-Film ist eine Parabel über zerbrochene Träume, fehlende Fürsorge und die Ver- gänglichkeit des Glücks (Deutschlandpremiere).

Auch Moon 66 Questions (Selene, 66 Questions) von Jaqueline Lentzou ist als Deutschlandpremiere bei LICHTER zu sehen. Der Film ist eine Geschichte über Liebe, Bewegung und den Fluss des Lebens. Artemis erst 54 Jahre alter Vater wird gefunden, nachdem er für ein paar Tage verschwunden war. Der Mann hatte vermutlich einen Schlaganfall und verhält sich nun wie ein Kind. Als Einzelkind geschiedener Eltern scheint es für die Tochter eine Pflicht zu sein, ihn zu pflegen und ihm zu helfen, sich an die neuen Launen seines Körpers anzupassen. In starker Ähnlichkeit zum filmischen Werk von Yorgos Lanthimos lassen die unkonventionellen Persönlich- keiten der Figuren über ihre Absichten rätseln.

Mit Valentina bringt LICHTER eine weitere Deutschlandpremiere nach Frankfurt. Valentina ist trans und lebt in einer Welt, in der der Hass auf ihre Geschlechtsidentität hinter jeder Ecke lauert. Auf der Suche nach einem Neuanfang flüchten sie und ihre Mutter von der Stadt auf das Land. Doch auch hier müssen sich Valentina und ihre neu gewonnenen Freund*Innen um ihre Sicher- heit fürchten. Regisseur Cássio Pereira dos Santos schafft es, die schmerzhaften, erniedrigenden Erfahrungen einer jungen Frau in eine Geschichte voller Hoffnung zu wandeln. Hier bin ich, hier bleibe ich. Warum stört dich meine Freiheit so sehr?

In Quo Vadis, Aida? von Jasmila Žbanić kommen die serbischen Truppen, die Bosnien 1995 besetzen, in Srebrenica an, und eine Übersetzerin, die auf einem UN-Stützpunkt arbeitet, findet sich im Kreuzfeuer zwischen Serben, Bosniern, den Niederländern und allen dazwischen wieder, während sie versucht, ihre Familie um jeden Preis zu schützen. Der Film wurde für die Oscars 2021 als bester internationaler Film nominiert.

The Man Who Sold His Skin von Kaouther Ben Hania, der ebenso als Anwärter auf den besten internationalen Film bei den Oscars 2021 ins Rennen geht, erzählt von Sam und seiner Freundin Abeer, die durch den syrischen Bürgerkrieg getrennt werden. Während er aus Syrien flüchtet, wird sie von ihrer Familie gedrängt, einen syrischen Diplomaten zu heiraten. Im Libanon trifft Sam auf einen Künstler, der ihn zu seinem Kunstwerk machen möchte - im Austausch für ein Schengen-Visum. Um wieder mit seiner großen Lieben vereint zu sein, lässt sich Sam auf diesen Deal ein, ohne zu ahnen, dass er mehr als „nur“ seine Haut verkauft.

The Man Who Sold His Skin ist als Deutschlandpremiere online und im Open Air Special zu sehen. Von den Tiefen des Untergrunds in den italienischen Wäldern bis hin zu einem makellosen Teller in einem der teuersten Restaurants zeigt The Truffle Hunters der beiden Regisseure Gregory Kershaw, Michael Dweck, wie eine ganze Industrie funktioniert. Doch an der Basis hängt alles von ein paar alten Männern und ihren Schnüffelhunden ab. Dieser herzerwärmende Dokumentarfilm folgt dem Alltag dieser Jäger inmitten eines Dilemmas: Wie sie ihre traditionelle Art der Trüffelbeschaffung fortsetzen können, ohne sich dem Druck des kapitalistischen Marktes zu beugen. Die humanistische Haltung des Films zeigt uns, dass es ohne die einzigartige und liebevolle Beziehung dieser Männer zu ihren Hunden die Trüffeljagd gar nicht geben würde. Können sie einer sich ständig verändernden Welt widerstehen?

Auch Schoolgirls (Las Niñas) der Regisseurin Pilar Palomero ist Teil des Open Air Specials im Sommer. Im Leben eines jeden Kindes kommt der Moment der Erkenntnis, dass die Welt so viel größer ist als gedacht. Für die 11-jährige Celia ist dieser Moment gekommen, als sie Brisa trifft, eine neue Klassenkameradin an ihrer katholischen Schule. Inmitten eines konservativen Umfelds und der Gesellschaft ihrer Freunde, in der Musik, im Tanzen, dem Lästern und Fragenstellen, versucht Celia die Befreiung finden, die sie braucht. Die Open Air Vorstellung dieses Films wird durch die freundliche Unterstützung von Instituto Cervantes ermöglicht.



DAS FILMPROGRAMM DER SEKTION ZUKUNFT DEUTSCHER FILM

Mit außergewöhnlichen Langfilmen komplettiert die Filmauswahl der Sektion Zukunft Deutscher Film das diesjährige Programm. Drei Spielfilme und ein Dokumentarfilm stellen die hochkarätige Schaffenskraft des deutschen Films erneut unter Beweis. „Auf unterschiedliche Art und Weise setzen sich die Filmemacher*innen mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinander und erzählen von verschiedensten Facetten der menschlichen Natur“, so Gregor Maria Schubert.

In seinem zweiten Langfilm Human Factors (Der Menschliche Faktor) erzählt Ronny Trocker in bester Hanke-Manier vom Zerfall einer modernen Vorzeigefamilie, die nach einem traumatischen Erlebnis nicht mehr zum Alltag zurückkehren kann. Aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet er den Ausgangspunkt des Zerwürfnisses und fügt immer wieder neue Facetten hinzu, die ein Verwirrspiel mit dem Publikum treiben.

Der Dokumentarfilm Walchensee Forever erzählt von drei Generationen starker Frauen, alle mit ihren eigenen Köpfen und Geschichten. Sie alle haben den Walchensee im tiefsten Bayern als Ankerpunkt. Janna Ji Wonders zeichnet ein wunderschönes Familienportrait über Heranwachsen, sich selbst finden, zur Ruhe kommen und den Kreislauf des Lebens.

The Trouble With Being Born erzählt von der irritierenden Beziehung eines Mannes zu einem Mädchen namens Elli. Sie nennt ihn Vater und verbringt mit ihm den Sommer. Doch Elli ist kein Mensch, sie ist programmiert und Verwirklichung seiner Erinnerungen und verborgener Sehn- süchte. Sandra Wollner entwirft einen Android, dessen ambige Existenz einem verstörenden Rätsel gleicht.

In Proxima – Die Astronautin ist Sarah gezwungen, das Unvereinbare zusammen zu zwingen: Will sie als Astronautin ins All, muss sie ihre Tochter auf der Erde zurücklassen. Mit ihrer Geschichte über eine junge Frau, die ihren beruflichen Traum nur dann erfüllen kann, wenn sie sich von ihrer Tochter trennt, gelingt Regisseurin Alice Winocour in der deutsch-französischen Koproduktion ein berührendes Drama.

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Hintergrund
Das LICHTER Filmfest ist die zentrale Plattform des Filmschaffens der Rhein-Main-Region und mit seiner Auswahl von Filmen aus allen Regionen der Welt das einzige wirklich internationale Festival an einem wachsenden Standort der Filmbranche. LICHTER beleuchtet in seiner 14. Ausgabe vom 27. April bis zum 02. Mai 2021 das Thema „Wandel“ in den unterschiedlichsten Dimensionen. LICHTER findet seit 2008 jedes Jahr im Frühling an verschiedenen Spielstätten in Frankfurt und in anderen Städten der Rhein-Main-Region statt. Ein Team aus rund 40 hauptsächlich ehrenamtlich engagierten Filmemacher*innen, Medienex- pert*innen und Filmliebhaber*innen richtet das Festival alljährlich aus.