Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 1. Juli 2021, Teil 20
Claus Wecker
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - 1998 im kanadischen Saskatchewan: Der 67-jährige Farmer Percy Schmeiser bekommt ein Einschreiben. Die amerikanische Firma Monsanto verlangt eine Entschädigung von ihm, weil er deren gentechnisch modifiziertes Saatgut für seine Rapsfelder verwendet hat. Doch Percy ist sich keiner Schuld bewusst. Niemals habe er anderes Saatgut als das von ihm selbst kultivierte verwendet, sagt er zu seiner Verteidigung.
Christopher Walken spielt diesen Percy, der sich gegen die Anschuldigung wehren wird. Es ist eine untypische Rolle für den Schauspieler, dem wir eine ganze Reihe von zwielichtigen bis zu schwerkriminellen Typen in Filmen wie »Der Trost von Fremden«, »7 Psychos« oder »James Bond 007 – Im Angesicht des Todes« verdanken. Doch in diesem kanadischen Film, der den Originaltitel »Percy vs Goliath« trägt, verkörpert er einen rechtschaffenen Farmer, der sich gegen einen übermächtigen Konzern wehrt. Dabei handelt sich um eine wahre Begebenheit, die wie geschaffen ist für einen packenden Spielfilm.
Schon seit Generationen haben die Farmer aus jeder Ernte das neue Saatgut entnommen und so dafür gesorgt, dass die nächste Ernte besser wird, argumentiert er. Bei ihm seien wohl vom Feld des Nachbarn, der den genmanipulierten Raps von Monsanto anbaut, Samen auf seine Felder geweht worden, beispielsweise aus löchrigen Transportsäcken. Er habe das patentierte Saatgut nicht gekauft, sei aber auch kein Dieb, sondern habe nur zufällig und ohne sein Wissen etwas davon abbekommen. Dass Percys Raps genveränderte Anteile enthält, haben jedenfalls Proben aus seinen Feldern ergeben.
Als Monsanto auf 150.000 Dollar Lizenzgebühr besteht, zieht Percy mit dem jungen Anwalt Jackson Weaver (Zack Braff) vor Gericht. Der rät ihm zu einem Vergleich, denn er sieht nur geringe Chancen gegen die erstklassigen Juristen des Konzerns Recht zu bekommen.
Nun ist »Percy« kein reines Gerichtsdrama – die erste Gerichtsverhandlung, in der Percy unterliegt, nimmt im Film keinen großen Raum ein. Regisseur Clark Johnson, der auch als Schauspieler in zahlreichen TV-Filmen und –Serien mitgewirkt hat, lenkt den Blick bald auf die berüchtigten Machenschaften des Monsanto-Konzerns, die hierzulande spätestens nach der umstrittenen Übernahme von dem Leverkusener Bayer-Konzern diskutiert werden. Monsanto versucht nämlich, sein Saatgut, das speziell für das glyphosathaltige Schädlingsvernichtungsmittel entwickelt worden ist, an möglichst viele Farmer zu verkaufen, um jedes Jahr weitere Einnahmen zu generieren. In Werbeveranstaltungen werden die Farmer geködert und dazu ermuntert, über eine Telefonnummer Saatgutdiebe zu denunzieren.
Percy wird zunächst angefeindet, er verliert seinen Sitz im örtlichen Farmerausschuss und bekommt auch vor dem Bundesberufungsgericht eine Abfuhr. In der ersten Gerichtsverhandlung seien alle Punkte behandelt worden, deshalb werde sein Einspruch zurückgewiesen, heißt es in der Begründung.
Doch mittlerweile interessiert sich eine Nichtregierungsorganisation für den Fall. Die Aktivistin Rebecca Salcau (Christina Ricci) hat Kontakt zu Percy aufgenommen und versucht ihn, auch mithilfe seiner Frau Louise (Roberta Maxwell), zu beeinflussen. Sehr schön wird geschildert, wie das alte Farmerehepaar in die Publicity-Mühlen gerät. Briefe mit Schecks von anderen Farmern kommen körbeweise. Percy lässt sich sogar überreden, an einem Kongress in Mumbai teilzunehmen. In Indien wird von einer Selbstmordwelle unter hochverschuldeten Bauern berichtet, die ihre Felder verloren haben.
Auch wenn der Film manchmal – etwa in der Indien-Sequenz – etwas dick aufträgt, überzeugt er durch seine sorgfältige Milieuzeichnung. Immer wieder beschwört die Kamera von Luc Montpellier das weite Land mit den riesigen Feldern. Man bekommt einen Eindruck von der Verbundenheit der Menschen mit dem Land und von ihrem Stolz auf ihre Arbeit.
»Percy« ähnelt den David-gegen-Goliath-Dramen »Erin Brockovich« mit Julia Roberts und »Vergiftete Wahrheit« mit Mark Ruffalo. Wie bei diesen verfolgen wir gespannt das Geschehen, auch wenn der Ausgang von vornherein klar ist. Als schließlich 1,2 Mio. Dollar Forderungen von Monsanto angefallen sind und auch Anwalt Weaver sowie Percys Sohn Pete (Luke Kirby) aufgeben wollen, kann Christopher Walken die Unberechenbarkeit seiner Filmfigur ausspielen. Am Ende vernehmen wir erleichtert das Urteil des Obersten Gerichtshofs von Kanada, das Weaver freudestrahlend vorliest.
Foto:
©Verleih
Info;
PERCY (Percy vs Goliath)
von Clark Johnson, CDN 2020, 99 Min.
mit Christopher Walken, Christina Ricci, Zach Braff, Luke Kirby, Roberta Maxwell, Natasha Krishnan
Biopic / Start: 01.07.2021