Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Dies ist einer der Fälle, wo die Durchführung einer Ausstellung durch einen Sachverhalt torpediert wurde, der genau dem Thema des geplanten Museumsprojekt entspricht, wie hier im Fall der Katastrophe, die als gesellschaftliche Katastrophe zu verstehen ist, wie es Naturkatastrophen, aber auch die durch Menschen verursachten Katastrophen sind – oder eben solche Pandemien wie CORONA!
Aber das DFF, das Deutsche Filminstitut und Filmmuseum in Frankfurt, wie andere Museen und Kinos über viele Monate für die Öffentlichkeit geschlossen, hat intern weitergearbeitet und jetzt am 14. Juli die Ausstellung eröffnet, die für den Herbst 2020 geplant war. Die Pandemie war also der Grund für die Verzögerung und gleichzeitig macht Corona diese Ausstellung extrem aktuell! Wahrscheinlich wird sein, daß zukünftige Katastrophenfilme häufig auch Pandemien als Schrecken verbreiten werden, weil natürlich als Erstes zu fragen ist: Was ist es, was Katastrophenfilme so attraktiv für Zuschauer macht, so daß die großen Hollywoodblockbuster weit über die Welt für volle Kinosäle sorgen.
Da müßte man jetzt also in die Psychologie, noch dazu in die Massenpsychologie eintauchen, was zwar interessant ist, aber gar nicht nötig ist. Denn das, was mit dem Zuschauer passiert, wenn er im warmen sicheren Kinosessel die Menschheitsdramen mitdurchlebt und zumindest körperlich gesund übersteht, hat mit dem Begriff ANGSTLUST eine Vokabel bekommen, die dieses auch körperlich spürbare Gefühl, das mit den aufgestellten Haaren, von Bedrohung, ja sogar Lebensgefahr paart mit der tiefen Erleichterung, die sich einstellt, wenn man einer angedrohten Gefahr dann doch entgeht: Entspannung total. Durchatmen. Leben.
Eigentlich hätte an dieser Stelle – auch im Konzept der Ausstellung – ein Begriff aus der Theatralik der griechischen Antike folgen müssen: die Katharsis. Die aristotelische Poetik hat sie uns als ‚Reinigung von bestimmten Affekten‘ nahegebracht, demnach die eigene Seele durch das Miterleben, das Mitleiden eines tiefen Schreckens einer anderen Person – hier auf der Bühne im Theaterstück – als Wirkung eine Entlastung erfährt, eine Läuterung, die den Erregungszuständen inneren Frieden bringt. Bezogen auf die große Attraktivität solcher Katastrophenfilme für das Publikum, kann man darum schlußfolgern, daß diese Filme stellvertretend für die Gefahren im eigenen Leben eine derartige Zuspitzung erreichen, daß, wenn es am Schluß gutgegangen ist, auch der Zuschauer frohgemut aus dem Kino gehen kann, denn er ist gerettet.
Wenn dieser Aspekt der Katharsis in der Ausstellung keine Rolle spielt, heißt das gleichzeitig, daß wir eine überschaubare, publikumsfreundliche Ausstellung vor uns haben, die als Hauptinhalt die Hinweise auf die so unterschiedlichen Katastrophenfilme haben und durch die Zusammenarbeit mit dem Senckenbergmuseum den Schwerpunkt auf die Überprüfung der in den Filmen gezeigten Katastrophen durch naturwissenschaftliche Forschung legen. Dazu gibt es in der Ausstellung Videoeinspielungen von vier Wissenschaftlern vom Senckenberg, die zu den verschiedenen Katastrophenursachen wie Klimawandel, Naturkatastrophen wie Tsunami oder Vulkanausbrüchen den Stand der Wissenschaft reflektieren. Nein, nicht zu den wirklichen Naturkatastrophen, sondern zu den in den Filmen dargestellten. Allein sich dies anzuhören, lohnt den Ausstellungsbesuch!
So bleibt mir im Ohr, daß zu einem der publikumsträchtigsten Filme wie JURASSIC PARK – der Film von Steven Spielberg von 1993 nach dem Roman DINO PARK von Michael Crichton, der Nachfolgefilme fand, ein neuer soll 2022 kommen -, in dem es um Dinosaurier geht, gesagt wurde, daß der Film durchaus den Stand der Wissenschaft von 1993 widerspiegele. Heute, nachdem vor allem über die Federn der Dinosaurier neue Erkenntnisse vorliegen, müßten die Tiere anders dargestellt werden. Da neue wissenschaftliche Erkenntnisse auch für andere Katastrophenfilme gelten, könnte man sich vorstellen, daß bestimmte erfolgreiche Filme alle 20-30 Jahre neu gedreht werden, immer auf dem Stand der Wissenschaft der Zeit.
Aber da sind wir schon weit fortgeschritten, über Neuverfilmungen zu sprechen, wo es erst einmal ja um die hier gezeigten Filme geht. Die kommen aus so unterschiedlichen Richtungen, daß man erst einmal die Filmreihe anschauen sollte, die vom Juli ist bekannt, aber es werden bis zum Ablauf der Ausstellung sicher weitere Filme folgen. Folgt man seinen eigenen Erinnerungen, dann kommen diese Katastrophenfilme aus den USA, immer wieder auch von deutschen Regisseuren übrigens. Nun ist es einfach so, daß die amerikanische Filmindustrie die Kinos der Welt dominiert. Hollywood ist überall. Dabei ist dann wieder auffällig, daß dort prozentual mehr derartige Katastrophenfilme produziert werden als in allen anderen Ländern. Da fragt man sich natürlich, warum das so ist, was diese Filme mit der amerikanischen Gesellschaft zu tun haben, also, ob es Gründe gibt, ob man sie herausfindet, warum die Vereinigten Staaten zur Mutter und Vater der Katastrophenfilme wurde. Dazu mehr im nächsten Artikel, dem aber erst die Filmreihe mit den Daten und Filmtiteln vorangeht.
KATASTROPHE.
©
©