Hanswerner Kruse
Hamburg (weltexpresso) - Vor drei Jahrzehnten begannen kleine eigenartige grüne Wesen, die Olchis, deutsche Kinderzimmer zu erobern. Die in mittlerweile 35 Bilderbüchern dargestellten Wesen essen gerne Müll, trinken Altöl, waschen sich nie und riechen streng. Kinder lieben diese Olchis, weil sie all das machen, was sie selbst nicht dürfen oder sich nicht trauen.
Trotz der Beliebtheit der Grünlinge sind ihre Abenteuer erstaunlicherweise erst jetzt verfilmt worden. Der Film berichtet von der übelriechenden Stadt Schmuddelfing, in der die Olchis heute wohnen. Ein letzter Müllmann hat gekündigt und nun sind der Gestank und die Abfallberge in der Stadt so gewaltig geworden, dass kein Tourist mehr hierher reisen mag. Doch dafür kommt eines Tages die Olchifamilie auf ihrem Drachen „Feuerstuhl“ an und glaubt sie sei im Paradies: „Der Platz ist oberolchig“, schwärmen alle.
Gleichzeitig versucht Max, der Sohn der Bürgermeisterin, mit seiner Freundin Lotta und einem verrückten Professor, einen Stinkomat gegen den Gestank zu entwickeln. Doch unverdrossen halten die Bürgermeisterin und ein geldgieriger Baulöwe an dem Projekt fest, auf dem Müllplatz einen Wellness-Tempel zu bauen. Aber dazu müssen die kleinen Grünen vertrieben werden.
„Niemand mag uns, wir riechen schlecht und sehen grün aus“, klagen die bekümmerten Olchikinder und wollen Abschied von ihren Menschenfreunden nehmen. Doch Max und Lotta lassen deren Vertreibung nicht zu und kämpfen für ihr Bleiberecht: „Schließlich sind sie doch die besten Recycler der Welt.“
Dieser klassische Animationsfilm im Disney-Stil erweckt die Olchis zum Leben. Sie agieren so, als kämen sie direkt aus den Bilderbüchern und sind dabei keine süßlichen Kitschwesen. Auch die menschlichen Figuren sind animiert, dennoch wirkt der gesamte Film real und glaubhaft. Die „Bösen“, wie der Baulöwe und seine Arbeiter oder die Bürgermeisterin, sind nicht besonders bedrohlich, sondern werden durch Komik und Slapsticks gleichsam entschärft. Auch die abscheulichen Speisen der Olchis rufen keinen Ekel hervor, weil sie so genießerisch weggeschlabbert werden. Aus Versehen trinkt die Bürgermeisterin einen Zaubersaft statt ihr Beruhigungsmittel und wird nun eine Zeitlang grün und olchig. Hinterher kann sie die Welt mit den Augen der grünen Wesen sehen und sie verstehen.
Mit großer Leichtigkeit und ohne erhobenem Zeigefinger, spricht der Film viele verschiedene Themen an: Vertrieben werden oder bleiben dürfen, verlorene Heimat, Recycling oder sich in andere einfühlen. Vor allem aber ist es ein Streifen über Freundschaft und das miteinander Klarkommen, selbst wenn man sehr unterschiedlich ist.
Der Streifen ist rhythmisch so geschnitten, dass Kleinere ab vier Jahre bei Verfolgungsjagten oder Gesängen immer gut aus- und wieder einsteigen können. Spätesten als die Olchis einen Schuh verspeisen, muss man an Charlie Chaplin denken, der in „Goldrausch“ ja auch einen isst: Kleine Kinder und Erwachsene können sich in diesem Familienfilm genauso miteinander vergnügen, wie einst in Chaplins Lichtspielen.
Die Olchis genießen ihre Batterie-Suppe
Info:
„Die Olchis“, D 2020, 85 Minuten. Ab 22. Juli im Kino.
Regie Jens Møller, Drehbuch Toby Genkel und John Chambers basierend auf den Bilderbüchern von Erhard Dietl.
Fotos:
Szenenbilder © Leonine-Studios