GreenKnight1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. Juli 2021, Teil 8

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der junge Sir Gawain (Dev Patel) ist der Neffe von König Artus (Sean Harris). Er ist recht leichtsinnig und hat eigentlich noch keine Taten vollbracht, die ihn zum Ritter von Artus Tafelrunde machen würden. Er treibt sich lieber mit der Magd Essel (Alicia Vikander) und in den Kneipen des Dorfes herum.

Am Weihnachtstag schickt ihn seine Mutter (Sarita Choudhury) allein zu den Feierlichkeiten an Artus Hof, während sie selbst zusammen mit einigen ihrer Frauen ein geheimes Ritual ausführt, das dazu führt, dass plötzlich ein großer, mysteriöser, grüner Ritter (Ralph Ineson) auf einen riesigen Pferd, bewaffnet mit einer gigantischen Streitaxt den königlichen Hallen von Camelot einen Besuch abstattet.

Er ist auf der Suche nach einem würdigen Gegner und fordert einen von Artus Rittern zum Duell heraus. Der Grüne Ritter verspricht demjenigen, der gewinnt seine grüne Axt. Allerdings muss sich der Gegner in einem Jahr zur grünen Kapelle aufmachen und sich ihm dort stellen. Er wird dann denselben Hieb ausführen, den er an diesem Tag erhält – sei es eine tödliche Wunde oder nur ein Kratzer.

Sir Gawain nimmt die Herausforderung an, um sich vor seinem König, seiner Königin (Katie Dickie), den anderen Rittern der Tafelrunde und letztlich auch sich selbst zu beweisen. Gawain schlägt dem Gegner mit Artus Schwert den Kopf ab. Doch der Grüne Ritter fällt nicht, sondern hebt seinen Kopf auf, fordert seinen Gegner auf, ihn in genau einem Jahr an der grünen Kapelle zu treffen, und reitet lachend davon. Die grüne Streitaxt bleibt - wie versprochen - zurück.

Erst als das Jahr zu Ende geht, erinnert sich Gawain daran, das er noch ein Treffen mit dem Grünen Ritter hat. Mit einem Gürtel seiner Mutter, der ihn unverwundbar machen soll, bricht er kurz vor Weihnachten zur grünen Kapelle auf.

Unterwegs wird er von dem jungen Wegelagerer Scavenger (Barry Keoghan) und zwei weiteren Räubern überfallen, die ihm sein Pferd, seinen Gürtel, seine Waffen und die grüne Axt rauben und Gawain gefesselt zurücklassen. Er wird der heiligen Winifred (Erin Kellyman) helfen, ihren Kopf wieder zu finden - und findet in deren Haus auch die grüne Axt. Weiterhin wird er einer Gruppe riesiger Geister begegnen sowie im Schloss des Lords (Joel Edgerton) und der Lady (auch Alicia Vikander) übernachten. Während der Abwesenheit des jagdverrückten Lords wird die Lady, die im Besitz von Gawains Gürtels ist, versuchen ihn zu verführen, Auf seiner gesamten Reise nach Norden wird er von einem Fuchs begleitet werden, der ihm am Ende einen nicht gerade fröhlichen Rat geben wird.

Doch dann bricht Sir Gawain überhastet zur Kapelle auf, wo er den von Efeu umwachsenen Grünen Ritter aufwecken und so sein Versprechen einlösen wird. Wird sich Gawain letztendlich der Herausforderung stellen können oder wird das Treffen mit dem Grünen Ritter in einem Desaster enden?


GreenKnight2Die Story auf dessen Hintergrund Drehbuchautor und Regisseur David Lowery zurückgreift ist die mittelalterliche Ritterromanze Sir Gawain and the Green Knight, die im Umfeld der Artussagen angesiedelt ist. Die Geschichte wurde zusammen mit drei anderen mittelalterlichen Texten in einer zusammen gebundenen Handschrift überliefert, die um 1400 entstanden ist und die ganz sicher nicht das Original, sondern eine Abschrift ist. Dies ist auch daran zu erkennen, dass die Sprache, in der der Text verfasst wurde, deutlich älter ist. Es ist bis heute noch nicht geklärt, wer der Autor des Gedichtes ist. Die Handschrift, die auch vier Buchillustrationen enthält, befindet sich seit 1753 im British Museum.

Wie auch in der Originalschrift ist Gawains Abenteuer eine Reise ins Erwachsenen werden, auch wenn er sie - wie er sagt - vor allem für die Ehre macht. Allerdings hat David Lowery immer wieder Szenen eingebaut, die sich möglicherweise nur in Gawains Kopf abspielen, so z.B. wenn er von den Räubern gefesselt im Wald stirbt, zum Skelett wird und nach einer Umrundung durch die Kamera in der Lage ist, sich wieder zu befreien. Auch tauchen seine Waffen und die grünes Axt auf magische Weise plötzlich wieder auf.

Ähnliche Situationen gibt es später auch beim Zusammentreffen mit der heiligen Winifred und letztendlich bei seiner erneuten Begegnung mit dem Grünen Ritter. In einer der Versionen wird Gawain der Erbe von König Artus, der nicht nur seinen Sohn, sondern auch das Land in einen Krieg an die Sachsen verliert.

Die einzelnen Charaktere symbolisieren unterschiedliche Aufgaben auf Gawains Reise zu Ehre und Rittertum. So bedeutet die Figur des Grünen Ritters den Respekt für die Natur aber auch das Unbekannte und den Tod, während Camelot für die Zivilisation steht. Essel und die Lady sollen beide mit ihrer Schönheit die Tugendhaftigkeit und Moral des jungen Ritters auf die Probe stellen. Gawain erweißt sich hier - im Gegensatz zum Gedicht - als nicht allzu tugendhaft.

Es wird lange nicht deutlich, welches Spiel Gawains Mutter spielt, die als Hexe bezeichnet wird und sich als Morgan le Fay, Artus Halbschwester, herausstellt. Sie verkörpert deutlich die feministische Präsenz in einer von Männern dominierten Welt. Wird das Abenteuer von ihr nur in Gawains Kopf inszeniert oder überwacht sie ihn nur durch den Gürtel und evtl. durch den Fuchs? Allerdings wird deutlich, dass Gawain am Ende sich von seiner Mutter abnabelt, indem er den Gürtel wegwirft.

Kameramann Andrew Droz Palermo hat wunderschöne irische Landschaften in stimmungsvoll gestalteten Bilder eingefangen, dabei wurde der gesamte Film in einem grünlichen Ton gehalten, auch hier ist ein Hinweis auf die Natur zu finden. Die Szenen in Camelot zeigen dagegen eine deutlich graue Tönung. Die Aufnahmen entstanden in den irischen Counties Tipperary (u.a. Cahir Castle) und Wicklow. Die Szenen werden hervorragend von der einfühlsamen Musik von Daniel Hart unterstützt, der schon für andere Filme des Regisseurs den Score verantwortlich war.

Insgesamt hat Regisseur David Lowery einen atemberaubenden Film über Magie und Mythen gedreht, allerdings ist dabei weder das übliche Mittelalter-Ritter Spektakel entstanden noch ein gradliniger Fantasy-Film. Das merkt man zum Beispiel auch an den Zwischentiteln in altertümlichen Schrifttypen. "The Green Knight" ist also kein Ritter-Abenteuer mit viel Action, sondern ein wunderbar schräger und morbider Film für Zuschauer, die den visuelle Rausch, die dazu passende Musik und die betont langsamen Erzählweise des Dramas zu schätzen wissen.

Foto 1: Dev Patel als Sir Gawain © Telepool
Foto 2: Dev Patel als Sir Gawain und Alicia Vikander als Lady © Telepool

Info:
The Green Knight (USA, Irland 2020)
Originaltitel: The Green Knight
Genre: Abenteuer, Fantasy, Drama, Mittelalter, Artus-Sage
Filmlänge: ca. 125 Min.
Regie: David Lowery
Drehbuch: David Lowery
Darsteller: Dev Patel, Alicia Vikander, Joel Edgerton, Sean Harris, Katie Dickie, Sarita Choudhury, Barry Keoghan, Erin Kellyman, Ralph Ineson u.a.
Verleih: Telepool, 24Bilder Film GmbH
FSK: ab 16 Jahren
Kinostart: 29.07.2021