Ab dem 20. Januar in der ZDF-Mediathek und als Fernsehfilm der Woche am Montag, 24. Januar 2022 im ZDF
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Für den 20. Januar 1942 hat Reinhard Heydrich, der Chef des Reichssicherheitshauptamts und Chef der Sicherheitspolizei und des SD, führende Vertreter des NS-Regimes - SS, Reichskanzlei, Ministerien, Polizei und Verwaltung - zu einer Zusammenkunft in die von 1941 bis 1945 als Gäste- und Erholungsheim der SS genutzten Villa am Großen Wannsee 56-58 in Berlin zu einer "Besprechung mit anschließendem Frühstück" eingeladen. An der Konferenz nehmen - neben einer Sekretärin - insgesamt 15 Personen teil. Einziges Thema ist die sogenannte "Endlösung der Judenfrage" - die Organisation der systematischen und millionenfachen Deportation und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas organisatorisch sicherzustellen.
Zum 80. Jahrestag der historischen Wannsee-Konferenz zeigt das ZDF den Film "Die Wannseekonferenz". Regisseur des Filmes ist Matti Geschonneck nach dem Drehbuch von Magnus Vattrodt und Paul Mommertz, Das Doku-Drama folgt dabei dem von Adolf Eichmann gezeichneten Besprechungsprotokoll, von dem ein Exemplar erhalten geblieben ist und das heute als Schlüsseldokument der Judenvernichtung gilt.
An der Konferenz nahmen folgende 15 Beamte und Funktionäre nationalsozialistischer Organisationen und Ministerien teil (es waren wohl noch weitere Personen eingeladen, die aber aus unterschiedlichen Gründen abgesagt haben):
Reinhard Heydrich (1904 - 1942) (Philipp Hochmair)
Chef des Reichssicherheitshauptamts, Chef der Sicherheitspolizei und des SD
Reinhard Heydrich starb im Juni 1942 an den Folgen eines auf ihn verübten Attentats in Prag.
Adolf Eichmann (1906 - 1962) (Johannes Allmayer)
Leiter der Abteilung Judenangelegenheiten / Räumungsangelegenheiten im Reichssicherheitshauptamt
Adolf Eichmann wurde in einem öffentlichen Prozess in Israel zum Tode verurteilt und in der Nacht zum 1. Juni 1962 hingerichtet.
Otto Hofmann (1896 - 1982) (Markus Schleinzer)
Chef des Rasse- und Siedlungshauptamts
Otto Hofmann wurde 1948 in einem Nachfolgeprozess der Nürnberger Prozesse zu 25 Jahren Haft verurteilt; nach seiner Begnadigung lebte er zwischen 1954 und seinem Tod 1982 in Süddeutschland.
Heinrich Müller (1900 - 1945) (Jakob Diehl)
Chef der Geheimen Staatspolizei im Reichssicherheitshauptamt
Heinrich Müllers Leiche wurde im August 1945 in Berlin gefunden; man geht davon aus, dass er in den letzten Kriegstagen Selbstmord begangen hat.
Dr. Alfred Meyer (1891 - 1945) (Peter Jordan)
Staatssekretär im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete, Gauleiter des Gaus Westfalen-Nord
Alfred Meyer beging wenige Tage vor Kriegsende, im April 1945, Selbstmord.
Dr. Eberhard Schöngarth (1903 - 1946) (Maximilian Brückner)
Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD im Generalgouvernement
Eberhard Schöngarth wurde von einem britischen Militärgericht wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt und im Mai 1946 in Hameln hingerichtet.
Dr. Rudolf Lange (1910 - 1945) (Frederic Linkemann)
Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Lettland
Rudolf Lange beging während des Kampfes um Posen im Februar 1945 Selbstmord.
Dr. Wilhelm Stuckart (1902 - 1953) (Godehard Giese)
Staatssekretär im Reichsministerium des Innern
Wilhelm Stuckart wurde 1947 im Wilhelmstraßen-Prozess angeklagt und zu einer kurzen Haftstrafe verurteilt; 1950 wurde er als "Mitläufer" entnazifiziert. Er starb 1953 bei einem Verkehrsunfall.
Friedrich Wilhelm Kritzinger (1890 - 1947) (Thomas Loibl)
Ministerialdirektor in der Reichskanzlei
Friedrich Wilhelm Kritzinger wurde im Mai 1945 interniert, jedoch schon nach einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen. Er starb 1947 in Nürnberg.
Dr. Gerhard Klopfer (1905 - 1987) (Fabian Busch)
Stellvertretender Leiter der Partei-Kanzlei der NSDAP
Gerhard Klopfer wurde 1946 festgenommen und interniert, später entnazifiziert. Er ließ sich 1956 als Rechtsanwalt in Ulm nieder und starb 1987 als letzter männlicher Teilnehmer der Wannsee-Konferenz.
Erich Neumann (1892 - 1951) (Matthias Bundschuh)
Staatssekretär beim Beauftragten für den Vierjahresplan
Erich Neumann wurde nach dem Krieg interniert und 1948 aus gesundheitlichen Gründen entlassen; er starb 1951 in Garmisch-Partenkirchen.
Martin Luther (1895 - 1945) (Simon Schwarz)
Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt
Martin Luther war von Februar 1943 bis Kriegsende wegen einer Intrige gegen Außenminister von Ribbentrop inhaftiert; er starb im Mai 1945 an den Folgen eines Herzinfarkts. Sein Exemplar des Protokolls der Wannseekonferenz ist das einzig erhaltene.
Dr. Roland Freisler (1893 - 1945) (Arnd Klawitter)
Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Roland Freisler starb bei einem US-Luftangriff auf Berlin im Februar 1945.
Dr. Georg Leibbrandt (1899 - 1982) (Rafael Stachowiak)
Ministerialdirektor im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete
Nach Kriegsende war Georg Leibbrandt für einige Jahre interniert; die anschließenden Verfahren wurden eingestellt. Leibbrandt beriet die Adenauer-Regierung bei der Rückführung von Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion. Er starb 1982 in Bonn.
Dr. Josef Bühler (1904 - 1948) (Sascha Nathan)
Staatssekretär im Amt des Generalgouvernements
Josef Bühler wurde 1948 vom Obersten Volkstribunal Polens zum Tode verurteilt und im August in Krakau hingerichtet.
dazu noch:
Ingeburg Werlemann (1919 - 2010) (Lilli Fichtner)
die Sekretärin Adolf Eichmanns
Ingeburg Werlemann wurde 1945 inhaftiert und verschiedentlich zu ihrer Tätigkeit im Bereich IV B 4 befragt; sie wurde weder angeklagt noch verurteilt und 1948 entlassen. Sie lebte zunächst in Bonn, später in Garmisch-Partenkirchen, wo sie im Jahr 2010 starb.
Das ZDF hat den 80. Jahrestag der Wannseekonferenz zu einem Programmschwerpunkt im Januar 2022 erklärt. Deshalb zeigt das ZDF am Mo. 24.01.2022 nach dem Film um 22:00 Uhr noch die 45minütige Dokumentation "Die Wannseekonferenz. Die Dokumentation" von Jörg Müllner, sowie noch zahlreiche zusätzliche TV- und Online-Angebote, die zur Vertiefung und Ergänzung des Themas dienen sollen.
Neben einigen Angeboten, die ab dem 20.Januar- dem Tag der Konferenz - in der Mediathek einzusehen sind, zeigt das ZDF im Fernsehen noch folgende Dokumentationen:
Mittwoch, 19. und 26. Januar 2022, ab 0.45 Uhr je fünf Folgen
Krieg und Holocaust - Der deutsche Abgrund (als Wiederholung)
Zehnteilige Dokureihe
Dienstag, 25. Januar 2022, 20.15 Uhr
Ganz normale Männer - Der 'vergessene Holocaust' (ca. 45 Min.)
Autor: Manfred Oldenburg
Freitag, 28. Januar 2022, 2.00 Uhr
Ein Tag in Auschwitz (als Wiederholung) (ca. 90 Min.)
Autoren: Friedrich Scherer, Winfried Laasch
"Die Wannseekonferenz" ist nicht der erste Fernsehfilm über die Konferenz, bei der die so genannte Endlösung der Judenfrage beschlossen wurde. Das Thema wurde bereits früher in zwei TV-Spielfilmen behandelt, die 1984 und 2001 erscheinen sind.
1984 erschien ein deutscher Fernsehfilm mit dem gleichen Titel, mit Heinz Schick als Regisseur nach dem Drehbuch von Paul Mommertz, in dem u.a. Dietrich Mattausch als Reinhard Heydrich, Gerd Böckmann als Adolf Eichmann, Jochen Busse als Dr. Georg Leibbrandt und Peter Fitz als Dr. Wilhelm Stuckart mitgespielt haben. Dieser schwarz/weiß Film wird am Sa. 22.01.2022 um 21:00 Uhr und am So. 23.01.2022 um 02:10 Uhr bei Tagesschau 24 noch einmal gezeigt.
Zum 60. Jahrestag haben die BBC und HBO 2001 das amerikanisch-britisches Filmdrama "Die Wannseekonferenz" (Originaltitel: "Conspiracy") produziert. In dem Film, in dem Frank Pierson nach einem Drehbuch von Loring Mandel Regie geführt hat, haben bekannte Schauspieler wie Kenneth Branagh als Reinhard Heydrich, Stanley Tucci als Adolf Eichmann oder Colin Firth als Wilhelm Stuckart wichtige Rollen übernommen. Dieser Film ist auch in Deutschland als DVD erschienen und ist noch im Handel erhältlich.
Es lohnt unbedingt, sich das neue Doku-Drama anzusehen, denn es zeigt wozu Menschen imstande sind, wenn sie in einer nüchtern sachbezogenen Unterredung die Deportation und Vernichtung der gesamten jüdischen Bevölkerung Europas organisatorisch sicherstellen. Gerade heute ist der Themenschwerpunkt von großer Wichtigkeit und nicht nur zum allumfassenden Gedenken, Erinnern oder Mahnen, sondern auch um ganz aktuelle Geschehnisse zu erkennen
Foto 1: Im Konferenzraum eröffnet Reinhard Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamts, Chef der Sicherheitspolizei und des SD, die Besprechung. Von links: Adolf Eichmann (Johannes Allmayer), Ingeburg Werlemann (Lilli Fichtner), Heinrich Müller (Jakob Diehl), Reinhard Heydrich (Philipp Hochmair), Otto Hofmann (Markus Schleinzer), Friedrich Wilhelm Kritzinger (Thomas Loibl). © ZDF / Julia Terjung
Foto 2: Die Besprechung beginnt: Adolf Eichmann (Johannes Allmayer, l.), Leiter der Abteilung Judenangelegenheiten/Räumungsangelegenheiten im Reichssicherheitshauptamt, und Protokollantin Ingeburg Werlemann (Lilli Fichtner, r.). © ZDF / Julia Terjung
Foto 3: Während einer Besprechungspause vor der Villa am Großen Wannsee: Friedrich Wilhelm Kritzinger (Thomas Loibl, r.) und Dr. Rudolf Lange (Frederic Linkemann, M.) unterhalten sich mit Dr. Eberhard Schöngarth (Maximilian Brückner, l.). © ZDF / Julia Terjung
Info
Die Wannseekonferenz (Deutschland 2022)
Genre: Drama, Biografie
Filmlänge: ca. 105 Minuten
Regisseur: Matti Geschonneck
Drehbuch: Magnus Vattrodt, Paul Mommertz
Darsteller: Philipp Hochmair, Johannes Allmayer, Maximilian Brückner, Matthias Bundschuh, Fabian Busch, Jakob Diehl, Godehard Giese, Peter Jordan, Arnd Klawitter, Frederic Linkemann, Thomas Loibl, Sascha Nathan, Markus Schleinzer, Simon Schwarz, Rafael Stachowiak, Lilli Fichtner u.a.
Der Film wird vom ZDF als Fernsehfilm der Woche am Montag, 24. Januar 2022, 20.15 Uhr gezeigt. Er ist zum 80jährigen Termin der Konferenz - am Donnerstag, 20. Januar 2022 ab 10.00 Uhr - in der ZDF-Mediathek abrufbar.