Nachttipp im Rahmen der Film-Reihe "Eisige Zeiten" am Mo. 24. Januar 2022 im ZDF
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Eine junge Frau läuft panisch und barfuß durch die kalte Schneelandschaft im Wind River Reservat in Wyoming. Durch die eiskalte Luft erstickt sie an ihrem eigenen Blut.
Tage später findet der Fährtenleser und Jäger Cory Lambert (Jeremy Renner), der für die Naturschutzbehörde United States Fish and Wildlife Service im Reservat arbeitet, bei seiner Jagd nach Wölfen und Pumas die Leiche der jungen Frau. Cory kennt sie. Es ist die 18jährige Natalie Hanson (Kelsey Asbille), eine Freundin seiner Tochter, die vor drei Jahren auf ähnliche Weise umgekommen ist. Corys Ehe zerbrach an diesem Schicksalsschlag. Seitdem lebt er getrennt von seiner Frau Wilma (Julia Jones).
Da es im Gebiet des Reservats gerade sechs Polizisten gibt, fordert deren Kommandant Ben (Graham Greene) Hilfe beim FBI an. Mit den Ermittlungen wird die junge FBI-Agentin Jane Banner (Elizabeth Olsen) beauftragt, die zwar die nächste zu erreichende Agentin ist, die aber nicht nur völlig unerfahren, sondern auch mit den Gegebenheiten im schneebedeckten Wyoming nicht vertraut ist. Sie hat noch nicht einmal Winterkleidung mitgebracht und wird zuerst einmal von Corys Schwiegermutter Alice Crowheart (Tantoo Cardinal) mit warmer Kleidung versehen.
Jane Benner bemerkt recht schnell, dass sie auf diesem für sie fremden Terrain allein nichts ausrichten kann. Sie spürt auch die Ressentiments der einheimischen Bevölkerung. Da die Polizei ihr kaum eine Hilfe ist, bittet sie Lambert, der sich im Reservat gut auskennt, ihr bei den Ermittlungen zu helfen. Cory sagt zu, da sich ihm dadurch auch die Gelegenheit bietet, den Hintergründen für den Tod seiner Tochter auf die Spur zu kommen.
Während der Ermittlungen finden die beiden nicht nur eine zweite Leiche, sondern sie erkennen auch, dass sie es mit einem oder mehreren skrupellosen Tätern zu tun haben, die vor nichts zurückschrecken, um ihre Haut zu retten...
Das Indianer-Reservat "Wind River" wurde 1868 eingerichtet und liegt im US-Bundesstaat Wyoming. Seine Bewohner sind die Östlichen Shoshone und die Nördlichen Arapaho sowie weiße Amerikaner, die seit 1906 zuziehen durften. Das Reservat liegt im Wind River Basin und ist umgeben von hohen Bergen, der Wind River Range, den Owl Creek Mountains und den Absaroka Mountains. Im Südwesten grenzt die Reservation an den Bridger-Teton National Forest, im Westen an die Fitzpatrick Wilderness. Es gibt dort über 365 Seen und andere Wasserflächen.
Drehbuchautor und Regisseur des Thrillers ist Taylor Sheridan, der für die Drehbücher für "Sicario" (2015) und "Hell Or High Water" (2016) jeweils eine Oscar-Nominierung bekommen hat. Jetzt wollte er sein drittes Drehbuch "Wind River" im Rahmen seiner so genannten. American-Frontier-Trilogie auch selbst verfilmen.
"Wind River" ist ein geradliniger, atmosphärisch dichter Thriller, der aber trotzdem sehr spannend ist. Dies liegt nicht nur an der Geschichte, sondern auch an den grandiosen Bildern der Winterlandschaft. Allerdings wurden die wunderbaren Außenaufnahmen des Films nicht im Bundesstaat Wyoming, sondern in Utah gedreht. Die einzigartigen Panoramaaufnahmen täuschen aber niemals darüber hinweg, wie gefährlich diese Gegend in Wirklichkeit auch heute noch ist: Denn außer den wilden Tieren, die Cory jagt, wird die Stille der Natur immer wieder von Gewaltausbrüchen unterbrochen. Dazu haben Nick Cave und Warren Ellis einen passenden, kargen, aber sehr atmosphärischen Soundtrack komponiert.
Die beiden Hauptdarsteller, Jeremy Renner und Elizabeth Olson machen ihre Sache hervorragend. Beide haben ja schon zusammen als Hawkeye und Scarlet Witch in "Avenger"-Filmen gespielt. Elizabeth Olsen verkörpert die beharrliche aber völlig ortsunkundige FBI-Ermittlerin Jane Banner sehr empathisch, engagiert und kompetent. Sie muss sich das Vertrauen der Einheimischen aber erst einmal durch Charakterstärke und Sachverstand erarbeiten - und genau das schafft sie auch.
Jeremy Renner spielt Cory Lambert wortkarg. Er ist ein Jäger, der die Spuren selbst nach einem starken Sturm noch lesen kann und der es schafft - wie man zu Beginn des Filmes sieht - in der Schneelandschaft völlig unsichtbar zu werden. Da er ja nicht zur Polizei gehört, hält sich seine Rolle bewusst im Hintergrund. Gleichzeitig lässt er aber immer wieder durchblicken, wie ihm der Verlust seiner Tochter nach drei Jahren noch zu schaffen macht. Dadurch ist er auch sofort bereit, bei der Mördersuche zu helfen.
An ihrer Seite agieren bemerkenswerte Nebendarsteller. Der Regisseur hat sich für diese Rollen Schauspieler ausgesucht, die zu den amerikanischen oder kanadischen Ureinwohnern gehören, wie Gil Birmingham als Vater und Martin Sensmeier als Chip der Bruder der Ermordeten, Julia Jones als Wilma, Corys Ex-Frau, Tantoo Cardinal als Alice und Apesanahkwat als Dan Crowheart, Corys Schwiegereltern oder Graham Green als Ben Shoyo, den Chef der örtlichen Polizei.
Im Film wird aber auch deutlich, dass es in den Reservaten große Probleme mit Arbeitslosigkeit, Drogen- und Alkoholmissbrauch gibt. Corys Ex-Frau Wilma versucht z.B. außerhalb des Reservates Arbeit zu finden und der drogenabhängige Chip, der Bruder des Mordopfers, lebt zusammen mit den ebenfalls drogenabhängigen und aggressiven Littlefeather-Brüdern in einem Wohncontainer.
Höhepunkte des Films sind dann aber doch zwei Szenen, in denen die Ermittler ohne Vorwarnung in blutige Schießereien verwickelt werden.
Insgesamt ist "Wind River" ein atmosphärisch dichter Thriller mit einer atemberaubend frostigen Atmosphäre und wunderschönen Bildern, der bewusst den Blick auf das immer wieder verdrängte Schicksal der amerikanischen Ureinwohner, insbesondere der Frauen, in den trostlosen Reservaten lenkt. Der fesselnde und bewegende Film ist ein spannendes Drama vor einer faszinierenden winterlichen Kulisse und auch im Fernsehen zu später Stunde unbedingt sehenswert. "Wind River" hat im Abspann der Originalversion einen bemerkenswerten Text: "While missing person statistics are compiled for every other demographic, none exist for Native American women".
Foto 1: Aus dem sonnigen Las Vegas ist die FBI-Ermittlerin Jane Banner (Elizabeth Olsen) ins tief verschneite Wyoming gekommen, um den Tod einer jungen Frau aufzuklären. Ben (Graham Greene) von der Reservats-Polizei unterstützt die Ermittlung. © ZDF/Fred Hayes
Foto 2: Der Jäger und Fährtenleser Cory Lambert (Jeremy Renner) hilft dem FBI, im Indianer-Reservat "Wind River" den Mord an einer jungen Frau aufzuklären. © ZDF/Fred Hayes
Info:
Wind River - Tod im Schnee (USA 2017)
Originaltitel: Wind River
Genre: Drama, Thriller
Filmlänge: ca. 107 Min.
Drehbuch und Regie: Taylor Sheridan
Darsteller: Elizabeth Olsen, Jeremy Renner, Kelsey Asbille, Jon Bernthal, Julia Jones, Gil Birmingham, Graham Greene, Tantoo Cardinal u.a.
FSK: ab 16 Jahren
Der Film wird im Rahmen der Film-Reihe "Eisige Zeiten" im ZDF am Mo. 24.01.2022 um 23:15 Uhr gezeigt und am Mi. 26.01.2022 um 0:15 Uhr wiederholt.