Heimat Natur DVD1Neu auf DVD, Blu-ray und Digital seit dem 25. Februar 2022

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Regisseur und Drehbuchautor Jan Haft lässt den Zuschauer in sieben Kapiteln in "Heimat Natur" an einer spannende Reise durch die Natur Deutschlands von Süd nach Nord - von den Alpen bis an die Küsten von Nord- und Ostsee - teilnehmen. In diesem Gebiet leben etwa 70000 verschiede Tier- und Pflanzenarten. Haft möchte dabei zeigen, wie der Zustand der Natur jetzt gerade ist, wo sich etwas gebessert und was sich verschlechtert hat.

1. Die Alpen
Jan Haft beginnt seinen filmischen Streifzug in den Alpen, die als junges Gebirge immer noch wachsen, aber durch Erosion auch abgetragen werden.
Er zeigt, dass die Erwärmung nicht nur die Gletscher schmelzen lässt und Steinschläge hervorrufen kann, sondern auch dass sich Tiere und Pflanzen, die an die Kälte angepasst sind (wie der Alpensalamander), sich immer höher ansiedeln müssen.
Es gibt allerdings auch Erfolgsgeschichten wie die Wiederansiedlung der Bartgeier (von Österreich aus) oder die Zunahme der Steinböcke. Beides sind Tierarten, die vom Menschen bereits ausgerottet waren.
Aber auch bei den Insekten gibt es Arten, die an spezielle Pflanzen angepasst sind, z.B. die Eisenhut-Höckereule, ein Schmetterling, dessen Raupen sich von den Blättern des weißen Eisenhuts ernähren. Da die Pflanze hochgiftig ist, wird sie von den grasenden Rindern gemieden.

2. Der Wald
Etwa 1/3 Deutschlands ist von Wald bedeckt. Auch hier kehren seltene Arten wie der Schwarzstorch oder auch Braunbären (im Süden) wieder in ihre angestammten Biotope zurück.
Inzwischen ist es in manchen Gebieten (wie z.B. im Schwarzwald) wieder üblich, Rinder im Wald grasen zu lassen. Dadurch halten sie Flächen offen, in denen sich Kräuter und Sträucher ansiedeln können, was der Artenvielfalt dient.
In den großflächigen Fichten-Monokulturen sind allerdings in den letzten Jahren große Schäden durch die trockenen Sommer und dem damit verbundenen Holzbock-Befall entstanden. Allerdings bedeutet der massenhaften Befall zwar ein Schaden für die Holzwirtschaft, aber es treten auch massenweise Fressfeinde der Bockkäfer wie Vögel, Amphibien, Insekten, Spinnen etc. auf.
Leider sind auch viele der Pilze im Wald verschwunden. Deren Myzel ist nicht nur essentiell für ihre Kooperation mit den Waldbäumen, sondern sie sind auch wichtig für die Zersetzung des pflanzlichen Abfalls im Wald.

3. Das Moor
Typisch für ein Moor ist, dass dort ein gravierender Nährstoffmangel herrscht, der sich vor allem beim Stickstoff bemerkbar macht, den die Pflanzen zum Aufbau von Proteinen benötigen. Moore wachsen sehr langsam - nur 1 Meter in 1000 Jahren. In Deutschland sind nur noch etwa 0,5% der Landfläche Moore. Vor allem wegen des Torfabbaus sind die Moore in den letzten Jahrhunderten beinahe ganz verschwunden.
Einige Pflanzen - wie das Knabenkraut, eine Orchideenart - verzichten aus Sparsamkeit auf Nektar, so dass ihre Pflanzen zwar von Hummeln angeflogen und dadurch bestäubt werden, die Insekten dadurch aber keinen Nährwert haben.
Jan Haft zeigt weiterhin am Beispiel des Sonnentaus, wie Pflanzen mit dem geringen Stickstoffgehalt des Bodens umgehen: Sie fangen Insekten, Spinnen und andere Kleinsttiere, um damit ihren Stickstoffbedarf zu decken. Allerdings klauen Moorameisen dem Sonnentau etwa 2/3 der gefangenen Insekten, da die Ameisen nicht an den mit klebrigen Sekreten besetzten Tentakeln der Pflanze hängen bleiben.
Am Beispiel des Hochmoor-Gelblings, eine Schmetterlingsart deren Raupen sich von den Blättern der Rauschbeeren ernähren, konnte gezeigt werden, dass zuviel Luftstickstoff (z.B. aus der Landwirtschaft), der sich auf dem Blättern der Pflanzen absetzt, die Raupen abtötet.
In einigen Gegenden Deutschlands werden inzwischen ehemalige Moorgebiete wieder renaturiert. Dabei hilft auch der wieder angesiedelte Biber, der durch seinen Nestbau die Landschaft mit gestaltet.

4. Der Acker
Im Gegensatz zu den Pflanzen im Moor haben diejenigen, die sich rund um Äcker ansiedeln, kein Problem mit der Überdüngung durch Stickstoff. Zwischen den Ackerpflanzen können sich bis zu 300 verschiedene Arten von Tieren und Pflanzen ansiedeln. Dabei sind viele Wildkräutern und -blumen, wie der Klatschmohn, das Adonisröschen, der Venusspiegel oder die nachtblühenden Zaunwinde oder Nelken, deren Nektar wiederum Nachtschmetterlingen als Nahrung dienen und die dadurch befruchtet werden.
In naturnah angebauten Getreidefeldern können auch Feldhamster, Wachteln oder Rebhühner leben. Der Feldrain ist ein wichtiges Biotop für Sandwespen (die ihre Brut mit Insektenlarven füttern) oder die Mohn-Mauerbiene, die den Aushub ihrer Brutröhre sorgfältig weit im Umkreis von etwa einem Meter verteilt.
Leider werden diese Rückzugsgebiete durch die industrielle Landwirtschaft zerstört, vor allem weil in der EU die Großbauern finanziell immer noch bevorzugt werden, da die Gelder immer noch nach der Größe der Anbaugebiete verteilt werden. Dadurch gehen 80% der EU-Gelder an die Agrarindustrie und nicht an die nachhaltig wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betriebe.

5. Die Heide
Jan Haft und das Kamerateam haben vor allem in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide und der Kyritz Ruppiner Heide in Brandenburg gefilmt. Obwohl die Heidelandschaften durch den Mensch entstanden sind, sind nur etwa 0,2% der Fläche Deutschlands Heide, die sich durch magere, sandige Böden, geringen Bewuchs und Trockenheit auszeichnet.
Die offene Landschaft der Heide wird durch das Grasen von Großtieren wie Wisenten, Rindern, Pferden aber auch Schafen und Ziegen erreicht. Es entsteht eine artenreiche Landschaft, in der sich gerade als seltene Kostbarkeit die Smaragdeidechse wieder ansiedelt. Aber auch viele Insekten wie Hornissenfliegen, Sandwespen. Ameisenlöwen und Heuschrecken findet man dort. Wichtig sind auch die Mistkäfer, die den Dung der Pflanzen fressenden Großtiere für ihre Nachkommen benötigen. In den Heidelandschaften in Brandenburg konnte man auch wieder Wölfe beobachten.

Heimat Natur DVD26. Das Meer
Die deutsche Nord- und Ostseeküste vermittelt nicht nur Heimatgefühl oder ist als Urlaubsziel interessant.
In der Ostsee ist z.B. der Blasentang ein wichtiger Lebensraum, der nicht nur zusammen mit anderen Algen Photosynthese betreibt, sondern in den Seegraswiesen können sich auch viele Fische und andere Lebewesen verstecken, wie z.B. die Schlangennadel - ein Verwandter der Seepferdchen, bei dem das Männchen die Eier ausbrütet.
Allerdings nimmt nicht nur die Erwärmung der Ostsee zu, sondern dadurch steigt auch der Nährstoffreichtum. Dies führt nicht nur dazu, dass Süßwasserfische einwandern, sondern auch verschiedene Quallenarten - wie Rippen- und Ohrenquallen, die teilweise mit Schiffen eingeschleppt wurden - vermehren sich zu stark.
Das Wattenmeer der Nordsee gehört zu den produktivsten Lebensräumen der Welt. Es ist Heimat aber auch Rastgebiet vieler Vogelarten, die ganz unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten haben.
Positiv kann vermerkt werden, dass in den letzten Jahren allerdings einige Säugetierarten zurückgekehrt sind - wie die Kegelrobbe, von der es jetzt wieder etwa 8000 Tiere an der Nordsee gibt. Dies ist auch möglich, weil sich die überfischten Heringsschwärme wieder erholen konnten. Eine Robbe benötigt täglich etwa 10 kg Fisch.

7. Der Stickstoff
Durch die Erwärmung z.B. von Nord- und Ostsee wird das Wasser nährstoffreicher. Außerdem werden jährlich etwas 200000 Tonnen Stickstoff eingetragen. Das führt dazu, dass das Wasser überdüngt ist. Durch das sich stark vermehrende Plankton wird es trüber, was wiederum zum Absterben von Braunalgen und anderen Wasserpflanzen führt, wodurch dann der Sauerstoffgehalt sinkt.
Pflanzen brauchen zwar Stickstoff für den Proteinaufbau. Durch den übermäßigen Eintrag von Ammoniak (aus der Tierhaltung) und Stickoxiden (durch den Verkehr) wachsen die Pflanzen zu schnell, was zu einer Überdüngung von Boden und Wasser führt.
Wichtig ist deshalb, darüber nachzudenken, inwieweit Wachstum und eine andersartige und regionale Landwirtschaft notwendig und sinnvoll sind. Die Wiederherstellung von naturnahen Gebieten sollte deshalb eine wichtige Aufgabe der Politik sein.


"Heimat Natur" ist der neue Film des bekannten Dokumentarfilmers Jan Haft, der durch Naturfilme wie "Mythos Wald" (2009), "Das Kornfeld - Dschungel für einen Sommer" (2010), "Magie der Moore" (2016), "Wildbienen und Schmetterlinge" (2017), "Die Welt der Adler" (2017) oder "Die Wiese - Ein Paradies nebenan" (2019) bekannt wurde und der als einer der besten Naturfilmer der Welt gilt. Die Dokumentation wurde von der Heinz Sielmann Stiftung gefördert, da "Jan Hafts Filme bildgewaltige Naturaufnahmen auf die Kinoleinwand oder ins Wohnzimmer bringen."

Der Naturfilm wurde von 3-4 Teams parallel in den Jahren 2019 und 2020 an mindestens 20 verschiedenen Orten in Deutschland - von der Zugspitze, über den Naturpark Bayerischer Wald, der Schwäbischen Alb, der Bayerische und Thüringer Rhön, der Lüneburger Heide oder der Döberitzer Heide bis nach Rügen und Sankt Peter-Ording - gedreht. Als Sprecher konnte Benno Fürmann gewonnen werden.

Im Dokumentarfilm wurden eine unendliche Vielzahl von Beispielen von Lebensräumen, Tieren und Pflanzen gezeigt, so dass in dieser Rezension nur ein kleiner Teil davon genannt werden konnte. die vielen verschiedenen Inhalte und Beispiele machen den Film an einigen Stellen zwar interessant aber doch leider auch etwas unübersichtlich.

In allen seinen Filmen versucht Jan Haft den Zuschauern nicht nur die Schönheit der heimischen Natur zu nahe zu bringen, sondern auch ein tieferes Verständnis für die unterschiedlichen Lebensräume, die Vielfalt von Flora und Fauna und den Zustand unserer Umwelt zu vermitteln. Wichtig ist dabei das Wechselspiel innerhalb der Natur, in das der Mensch immer wieder eingreift, mal bewusst, mal unbewusst - mal zum Nachteil, mal zum Vorteil des gezeigten Lebensraumes.

Heimat Natur DVD3Insgesamt stellt der Dokumentarfilm die unterschiedlichsten Naturlandschaften Deutschlands von den Alpen bis zum Meer vor. Dabei sind wunderschöne Bilder entstanden, allerdings wird der Film durch die vielen Beispiele manchmal etwas unübersichtlich. Trotz der leisen Kritik ist "Heimat Natur" eine wunderschöne Liebeserklärung an unsere heimischen Lebensräume und an das Miteinander von Mensch und Natur. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich die Naturdokumentation auch zu Hause anzusehen.

Zusatz: Parallel zum Film hat Regisseur und Drehbuchautor Jan Haft auch das Buch "Heimat Natur - Eine Entdeckungsreise durch unsere schönsten Lebensräume von den Alpen bis zur See" herausgebracht. Es ist 2021 beim Penguin Verlag erschienen.

Foto 1: Cover der DVD © polyband Medien GmbH
Foto 2: Küsten-Seidenbiene (Colletes halophilus) auf Strandaster © nautilusfilm / polyband Medien GmbH
Foto 3: Lärchenwald © nautilusfilm / polyband Medien GmbH

Info:
"Heimat Natur" ist seit dem 25.02.2022 digital sowie als DVD und Blu-ray im Handel verfügbar. Die DVD und Blu-ray enthalten jeweils eine deutsche Fassung. Das Tonformat der DVD ist in Dolby Digital 5.1., der Blu-ray in DTS-HD 7.1. Die Untertitel sind bei beiden Formaten in Deutsch für Hörgeschädigte. Das Bildformat ist auf der DVD ist 16x9 anamorph (1,78:1) und auf der Blu-ray in 1920x1080 (1,78:1). Auf DVD und Blu-ray befindet sich eine Hörfilmfassung des Hauptfilms für Blinde und Sehgeschädigte. Außerdem gibt es eine "Music-Only" Fassung: ohne Sprecher nur mit Effekten und Musik.
Der Erstauflage vom DVD und Blu-ray liegt ein 12-seitiges schön gestaltetes Begleit-Booklet bei.

Extras auf der Blu-ray mit etwa 30 Minuten Bonusmaterial sind:
Interviews
----- Jan Haft (16:13 Min.)
----- Melanie Haft (3:26)
----- Benno Fürmann (6:28)
In der Natur mit Jan Haft
----- Alpen (0:46)
----- Wald (0.47)
----- Moor (0:43)
----- Acker (0:57)
----- Heide (1:03)
----- Meer (0:59)
----- Stickstoff (0:52)
Kinotrailer
----- Kinotrailer 1 (1:10)
----- Kinotrailer 2 (1:19)

Heimat Natur (Deutschland 2021)
Genre: Dokumentation, Natur und Umwelt, Deutschland
Filmlänge: ca. 96 Min.
Regie und Drehbuch: Jan Haft
Deutscher Sprecher: Benno Fürmann
Verleih: polyband Medien GmbH
FSK: ab 0 Jahren
Erscheinungstermin: 25.02.2022