Ein Tipp für die Nacht von Ostermontag, 18. April auf Dienstag, 19. April 2022 im Ersten
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Die Witwe Sabine De Barra (Kate Winslet) verdient um 1683 in Frankreich ihren Lebensunterhalt als Landschaftsgärtnerin. König Ludwig XIV (Alan Rickman) will in Versailles eine noch nie dagewesene Gartenanlage bauen lassen und das möglichst sofort. Sabine bewirbt sich bei André Le Nôtre (Matthias Schoenaerts), dem obersten Gartenarchitekten des Königs, um einen Auftrag beim Bau der Gärten. Er braucht zwar dringend Unterstützung, findet aber Sabines Vorschläge zu chaotisch. Sabine ist beim Bewerbungsgespräch nach 3 Minuten schon wieder draußen, da die gestalterischen Ideen von ihr und Le Nôtre zu gegensätzlich sind. Er will einen Garten voller Ordnung und Symmetrie anlegen.
Sabine kehrt auf ihr Gut zurück und ist doch sehr verwundert, als am gleichen Abend Le Nôtre unangemeldet bei ihr auftaucht. Er bewundert ihren Garten und teilt ihr mit, dass sie doch noch die Chance erhält ein Stück des Gartens von Versailles - aber unter seiner Leitung - zu gestalten. Dabei stellt sich heraus, dass Le Nôtre doch noch einen Teil ihrer Pläne umsetzten will. Sie soll ein Ballsaal-Boskett, einen kreisrunden Garten mit Wasserspielen gestalten. In dem "Ballsaal unter freiem Himmel" soll später ein Orchester auftreten und es kann dort auch getanzt werden.
Sabine stürzt sich begeistert in die Arbeit und entwickelt einen Plan für die Wasserversorgung in den Kaskaden. Als sie Ärger mit den ihr zugewiesenen Arbeitern bekommt, beobachtet ihr ehemaliger Konkurrent Thierry Duras (Steven Waddington), wie sie nachts allein weiterarbeitet. Er stellt sich ihr als Vorarbeiter zur Verfügung und bringt auch gleich seine loyalen Mitarbeiter mit. Er hat ja schließlich auch eine Familie zu ernähren.
Während einer Einladung in den Louvre lernt sie den liebenswerten, exaltierten und offen homosexuellen Bruder des Königs, den Herzog von Orléans (Stanley Tucci), sowie dessen deutsche Gemahlin Elizabeth Charlotte, Prinzessin Palatine (Paula Paul) und auch die Mätresse des Königs, Madame De Montespan (Jennifer Ehle) kennen, die die etwas unsichere Sabine neugierig aber freundlich unter ihre Fittiche nehmen.
André Le Nôtre und seine extravagante Gattin Françoise (Helen McCrory) nehmen auch am Empfang teil. Während sie sich mit ihrem Liebhaber vergnügt, kommen sich André und Sabine näher. Dies gefällt Madame überhaupt nicht, obwohl sich das Ehepaar schon lange voneinander entfernt hat.
Die Arbeiten am Garten gehen gut voran und auch André und seine Kollegin kommen sich vorsichtig näher. Allerdings weist Sabine eines Nachts Le Nôtre im letzten Moment zurück, da er verheiratet ist und sie ein Geheimnis aus ihrer Vergangenheit hütet.
Dann stirbt unerwartet die Königin und Ludwig trauert ernsthaft um seine "kleine Spanierin". Er will einen Tag in Ruhe im Areal des königlichen Gärtners verbringen. Er wird dort aber von Sabine gestört, die ihn mit dem Gärtner verwechselt (er trägt keine Perücke) und Pflanzen tauschen möchte. Der König genießt die etwas kuriose Situation, da er so ein persönliches und ehrliches Gespräch führen kann. Auch als Sabine ihn erkennt, verbringen die beiden einen zauberhaften Nachmittag zwischen Birnenbäumen, Rosen und anderen Pflanzen. Der König ist sogar bereit, ihr beim Ausladen ihrer Pflanzentöpfe zu helfen.
Während der Bau des Gartens weitergeht, erkennt Madame Le Nôtre, dass sich ihr Mann für Sabine zu interessieren beginnt. Sie reagiert eifersüchtig und bittet André sie nicht mit einer Gärtnerin zu betrügen. Le Nôtre erklärt kühl, dass er schließlich auch ein Gärtner sei und sie ihm nicht geholfen hätte als er ihre Loyalität gebraucht hätte.
Während der ungeduldige König auf schnelle Fertigstellung seines Gartens drängt, besucht Madame Le Nôtre Sabine eines Abends auf der Baustelle und verlangt von ihr, sich von ihrem Mann fernzuhalten. Zusätzlich sabotiert Madame mit Hilfe ihres Liebhabers die Wasserleitung. Sie nutzt die stürmische Regennacht, um eine Schleuse öffnen und gleichzeitig einige der bereits verlegten Rohre zerstören zu lassen.
Duras informiert Sabine, dass das Bauprojekt durch das einfließende Wasser zerstört zu werden droht. Als sie versucht, die Schleuse zu schließen, rutscht sie ab und droht zu ertrinken. Sie wird gerettet, weil es Le Nôtre, der ebenso wie Duras und seine Mitarbeiter helfen wollen, gelingt, das Seil am Schleusentor durchzuschneiden. Später wird er eine Entdeckung machen, die dazu führt, dass er seine Frau zwingen kann, ihn und Sabine in Ruhe zu lassen.
Sabine wird von den Frauen des Hofes eingeladen. Dabei ist sie zum ersten Mal bereit, zu gestehen, wie ihre Tochter mit 6 Jahren gestorben ist. Dadurch erfährt sie auch, dass beinahe alle anderen Frauen viele ihrer Kinder u.a. durch Pocken und andere Krankheiten verloren haben.
Erst nachdem Sabine sich mit dem Verlust ihrer Tochter und der dahinter steckenden Geschichte auseinander setzen kann, kann sie sich auf eine neue Beziehung einlassen und auch ihr "Lustwäldchen" im Garten von Versailles zur Zufriedenheit des Königs beenden...
"Die Gärtnerin von Versailles" ist die zweite Regiearbeit des leider schon 2016 verstorbenen Alan Rickman. Der Film ist ausnahmslos mit exzellenten Schauspielern besetzt. Kate Winslet als Sabine De Barra und Matthias Schoenaerts als André Le Nôtre ragen heraus. Schoenaerts kann hier zeigen, dass er genauso wie in "Am grünen Rand der Welt" (2015) auch sanftere Töne treffen kann. Daneben ist besonders Stanley Tucci als schwuler Herzog von Orléans sehenswert. Schon allein die hervorragenden schauspielerischen Leistungen aller Darsteller machen diesen Historienfilm sehenswert.
Dabei hat Rickman neben der Regie nicht nur die Rolle von Ludwig XIV übernommen sondern auch zusammen mit Jeremy Brock und Alison Deegan das Drehbuch geschrieben. Als Hintergrund für seine Geschichte hat er lauter reale Personen verwendet. Nur Sabine De Barra ist eine Erfindung. Er hat es aber mit dem Alter der handelnden Personen nicht allzu genau genommen. So war z.B. André Le Nôtre, der einer der berühmtesten Gartenarchitekten der Weltgeschichte ist, 1683 bereits 70 Jahre alt und nicht ein junger Mann in den Dreißigern, während Ludwig selbst erst 45 Jahre alt war. Dies stört aber den Ablauf des Films nicht, da man nie wirklich das Gefühl hatte, hier wird eine reale Geschichte erzählt, obwohl gerade von Prinzessin Palatine, der berühmten Liselotte von der Pfalz, noch über 5000 Briefe vorhanden sind, in denen sie sehr offen über die Zustände am Hofe von Ludwig XIV berichtet hat.
Alan Rickmans Augenmerk galten nicht die politischen Hofintrigen des 17. Jahrhunderts, sondern er konzentriert sich auf die Entstehung der Gärten von Versailles. Dadurch ist ein Film entstanden, der vor allem schöne und ruhige Momente und Bilder hat. Die realen Bedingungen im Frankreich des 17. Jahrhunderts sind genauso ausgeblendet, wie die Kriege, die Ludwig zur gleichen Zeit geführt hat.
"Die Gärtnerin von Versailles" ist ruhiges Erzählkino, das trotzdem Spaß macht und auch als Nachttipp unbedingt sehenswert ist.
Foto 1: Sabine De Barra (Kate Winslet) verfügt über ein einzigartiges Talent als Gärtnerin. © ARD Degeto
Foto 2: Ludwig XIV. (Alan Rickman, Mitte) stellt höchste Erwartungen an den Schlossbau in Versailles. © ARD Degeto
Foto 3: Der Gartenbaumeister André Le Nôtre (Matthias Schoenaerts) ist bei Ludwig XIV. hochangesehen. © ARD Degeto
Info:
Die Gärtnerin von Versailles (Großbritannien 2014)
Originaltitel: A Little Chaos
Genre: Historische Komödie
Filmlänge: ca. 115 Min.
Regie: Alan Rickman
Drehbuch: Jeremy Brock, Alison Deegan, Alan Rickman
Darsteller: Kate Winslet, Matthias Schoenaerts, Alan Rickman, Stanley Tucci, Helen McCrory, Jennifer Ehle u.a.
FSK: ab 6 Jahren
"Die Gärtnerin von Versailles" wird in der Nacht von Montag, 18. April auf Dienstag, 19. April 2022 um 0:00 Uhr im Ersten gezeigt. Nach der Ausstrahlung ist der Film sieben Tage lang in der ARD Mediathek verfügbar.