Neu auf DVD und als Video on Demand ab dem 22. April 2022
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die junge bildende Künstlerin Frances (Jenny Slate) hat gerade eine richtige Pechsträhne. Zuerst werden ihre Bilder von snobistischen New Yorker Kritikern verrissen, dann macht auch noch ihr Freund Robert (Dan Puck) mit ihr Schluss, mit dem sie nach Japan gehen wollte. Zur gleichen Zeit verkünden ihre jugendliche Schwester Gaby (Elise Kibler), dass sie heiraten wird, und ihre Eltern Levi (David Paymer) und Mirela (Jessica Hecht), dass sie sich scheiden lassen wollen.
Frances will nur noch weg aus New York. Da bietet ihr der Künstler Nils (Fridtjov Såheim) aus Norwegen an, ihm bei seiner Arbeit zu helfen. Frances nimmt das Angebot eines Stipendiums an, da sie auch hofft, für ihre eigene Arbeit neue Inspirationen zu bekommen. Doch leider geht die Reise nicht nach Oslo, sondern auf die nördlich des Polarkreises liegende Insel Vestvågøy, die zu den Lofoten gehört.
Frances muss sich dort nicht nur mit dem wortkargen einzelgängerischen Künstler Nils herumschlagen, der seine Helferin in einem alten Wohnwagen unterbringt, sondern sie hat auch Probleme mit dem Einschlafen, denn im hohen Norden bleibt es im Sommer auch nachts taghell.
Frances Aufgabe hat eigentlich wenig mit Kunst zu tun, sie muss von morgens sieben bis abends sieben die Innenwände einer alten Scheune mit gelben und roten Farbtönen anstreichen, während Nils die Scheune von außen anmalt. Beide stehen unter Zeitdruck, denn das (Kunst)-Projekt muss in vier Wochen abgeschlossen sein.
Aber Frances nimmt sich auch Zeit, um die Gegend zu erkunden. So entdeckt sie das Wikingermuseum von Borg. Dort wurden bei Ausgrabungen die Reste eines Langhauses entdeckt, das originalgetreu nachgebaut wurde. Jetzt arbeiten im Museum überwiegend ausländische Mitarbeiter unter der Leitung eines Amerikaners namens Haldor (Zach Galifianakis), die Interessenten zeigen, wie die Wikinger auf der Insel einst gelebt haben.
Im Museum trifft sie auch auf Yasha (Alex Sharp), einen jungen Mann aus New York, der den letzten Willen seines russischstämmigen Vaters erfüllen und ihn in einer Scheiterhaufen-Zeremonie nach Wikinger-Art beisetzen will. Kurze Zeit später taucht auch noch Yashas Mutter Olyana (Gillian Anderson) mit ihrem neuen Freund Ian (Justus von Dohnányi) auf der Insel auf.
Durch eine Begegnung mit einer Einheimischen beginnt Frances auch selbst zu malen. Doch was wird Frances am Ende ihrer Zeit auf den Lofoten für ihre Zukunft zu Hause in New York mitnehmen?
"The Sunlit Night" beruht auf dem gleichnamigen Roman von Rebecca Dinerstein Knight, der 2015 veröffentlich wurde. Sie hat darin eigene Erfahrungen während eines Stipendiums in Norwegen verarbeitet. Rebecca Dinerstein Knight hat auch selbst das Drehbuch geschrieben. Regisseur ist der 1977 in Gelsenkirchen geborene David Wnendt in seinem ersten englischsprachigen Film. Bekannt wurde der Regisseur z.B. durch Filme wie "Feuchtgebiete" (2013) und "Er ist wieder da" (2015).
Frances führt als Erzählerin aus dem Off durch den gesamten Film. Dabei wirft sie immer wieder lakonische Kommentare ein. Denn zugegeben einige der Charaktere - sowohl in ihrer jüdischen Familie in New York als auch auf den Lofoten - sind schon etwas schrullig überzeichnet. Aber das macht den leicht verschrobenen Charme des Films aus.
Doch der interessanteste Aspekt der Tragikomödie sind eigentlich die Auseinandersetzungen von Frances und Nils über den Wert der Kunst für das Leben des Einzelnen. Frances lernt dort, obwohl sie eigentlich nur Wände anmalt, langsam ihren eigenen Stil kennen (z.B. wenn sie eine junge Verkäuferin malt). Jenny Slate schafft es, dass man als Zuschauer Frances trotz ihrer etwas nervigen Art sympathisch findet.
Leider sind die meisten der weiteren Charaktere - evtl. mit Ausnahme des Malers Nils - nicht sehr gut ausgearbeitet und haben auch nur ganz wenig Screen-Time wie z.B. Gillian Anderson als Mutter von Yasha. Yasha selbst versucht nicht nur, den letzten Willen seines Vaters zu erfüllen, sondern er will endlich auch aus dem alltäglichen Trott seiner Familie und aus dem ungeliebten Beruf auszusteigen. Daneben gibt es auch eine kurze Liebesgeschichte zwischen Frances und Yasha, die aber nur am Rande interessant ist.
Ein ganz wichtiger Teil des Filmes ist der Drehort. Kameramann Martin Ahlgren konnte die beeindruckende Landschaft der Lofoten mit dem meist wolkenverhangenem Himmel, den hellen Nächten, den schroffen Bergen, auf denen teilweise auch im Sommer Schnee lag, und dem leicht gräulichen Tageslicht wundervoll einfangen.
Insgesamt ist "The Sunlit Night" ein netter kleiner Film mit originellen Charakteren und tollen Bildern einer außergewöhnlichen Landschaft, die ganz sicher zur Stimmung des Films beiträgt. Die Tragikomödie mag etwas überzeichnet und artifiziell sein und die Menschen - sowohl in Francis New Yorker Familie als auch die Bewohner und Besucher der Lofoten-Insel - wirken doch leicht verschroben und verdreht, aber die Romanverfilmung sorgt für sympathische Unterhaltung, die man sich sehr gut auch zu Hause als DVD ansehen kann.
Foto 1: Cover DVD © W-film
Foto 2: Jenny Slate als Frances und Fridtjov Såheim als Nils © W-film
Foto 3: Alex Sharp als Yasha und Gillian Anderson als Olyana u © W-film
Info:
"The Sunlit Night" ist ab dem 22.04.2022 auf DVD und als Video on Demand im Handel verfügbar. Die DVD enthält eine deutsche und englische Fassung in Dolby Digital 5.1 und Dolby Digital 2.0. Die Untertitel sind in Deutsch. Das Bildformat ist auf der DVD ist 2.35:1. Als Extras befindet sich auf der DVD nur der deutsche Trailer.
The Sunlit Night (Deutschland / Norwegen 2019)
Originaltitel: The Sunlit Night
Genre: Tragikomödie, Arthouse Film, Romanverfilmung
Filmlänge: ca. 91 Min.
Regie: David Wnendt
Drehbuch: Rebecca Dinerstein Knight nach ihrem gleichnamigen Roman (2015)
Darsteller: Jenny Slate, Alex Sharp, Fridtjov Såheim, Gillian Anderson, Zach Galifianakis, Justus von Dohnányi u.a.
Verleih: W-film Distribution
Vertrieb: Lighthouse Entertainment
FSK: ab 12 Jahren