Die Wettbewerbsfilme der 64. Berlinale vom 6. bis 16. Februar 2014, Film 4

 

Claudia Schulmerich

 

Berlin (Weltexpresso) – 1971. Der Nordirland-Konflikt eskaliert immer mehr zum Bürgerkrieg. Der junge Rekrut Gary wird zum Einsatz in Belfast befohlen. Die Situation dort gilt als unübersichtlich und überfordert selbst erfahrene militärische Befehlshaber. Die Stadt ist nämlich noch nicht vollständig geteilt in „loyale“ protestantische und „feindliche“ katholische Gebiete.

 

Regisseur Yann Demange gelingt es sehr gut, die Unübersichtlichkeit der Situation in Nebel und Dunkelheit zu verschärfen. Wir sind nämlich noch zu Beginn der Auseinandersetzungen, bevor Belfast sozusagen geteilt wurde und schon durch die eingeteilten Straßenzüge und Viertel der Stadt die Gegner lokalisiert sind. Beide Parteien verfügen über paramilitärische Einheiten, dazu versuchen radikale Streetgangs und Undercoveragenten aller Seiten ihre Interessen auf eigene Faust durchzusetzen.

 

Während eines Streifengangs geraten die Soldaten in ein Handgemenge, einer von ihnen büßt seine Waffe ein. Gary Hook und ein Kamerad folgen dem Dieb, der in der Menge untertaucht. Plötzlich muss sich Gary mitten im Feindesland allein behaupten. Auf dem Weg zurück zu seinem Stützpunkt erlebt er eine Nacht voller Ungewissheit, Angst und Verzweiflung. Es ist sehr schwer, im Dunkeln und strömendem Regen zwischen Freund und Feind zu unterscheiden.

 

Regisseur Yann Demange entlarvt die Sinnlosigkeit des Krieges, in dem jeder Akt der Gewalt neue Gewalt hervorruft. „Ein existentialistisches Nachtstück über verdeckte Identitäten, schleichende Paranoia und über Menschen, die gezwungen sind, Stellung zu beziehen. Dabei löst sich der Film zunehmend vom Konkreten und wird zur universalen Antikriegs-Parabel.“, sagt das Filmheft.

 

Aus der Pressekonferenz:

 

Charlie Murphy, Schauspielerin, die junge Schwester

David Wilmot, Schauspieler, sieht auch irisch aus,

Barry Keoghan, Schauspieler, spielt den Jungen, der die Pistole nicht abdrücken kann

Jack O'Connell verkörpert die Hauptrolle Gary Hook.

Yann Demange, Regisseur

 

Rückfragen kommen zu Quinn und Boyle, die im Film eine große Rolle spielen, weil innerhalb der irischen Katholiken noch einmal unterschieden werden muß zwischen den Offiziellen und den Bombenlegern. Gary Hook ist der britische.Soldat, der seinem Bruder verspricht, wiederzukommen.

 

Was hat den Regisseur, in Paris 1976 geboren, an diesem Thema interessiert und wie verhält sich die damalige Situation zu heute?, war eine der Fragen. Er hat in London von den Konflikten schon als Zweijähriger alles mitbekommen, antwortete er, auch die Angst. Er wollte gar nichts bewußt über Nordirland machen, aber auf einmal war das Thema da.

 

Den Ausgangspunkt des Films hatten der Produzent und Drehbuchautor formuliert, vom Soldaten, der auf der Patrouille verloren geht...wie ein Alien, das war die Ausgangssituation, als der Regisseur hinzukam und eine echte Zusammenarbeit stattfand. Der Verlust des anderen Kindes ist schwerwiegend, der nicht abdrückt, als sein Bruder ihn zum Abknallen des verletzt auf dem Boden liegenden Gary auffordert.: „Drück, drück ab...“, ihn verschont, dann aber von dessen Kameraden selbst getötet wird.

Es sei eine dreckige Taktik, Vorgehensweisen von irgendwelchen Gangs, aber auch ein ganz spannender Blickwinkel, als junger Mensch da hineinzugeraten. Nicht alle Mitspieler sind Schauspieler.Logistisch war der Dreh schwierig, komplex, rund um die Uhr Schwierigkeiten, das gemeinsame Drehen auch deshalb so interessant, weil so viele Altersgruppen zusammenkommen.

 

Yann war immer an der Seite von Barry Keoghan, dem Jungen, der nicht abdrückt. Er hat dem Film viel gebracht. Gary und Barry sind Parallelen, zwischen beiden Figuren herrscht mehr Gemeinsamkeit als die Jungen mit ihren eigenen Leuten haben. Frage nach heute. Es herrscht eine Linie, die man nicht überschreiten will. Heute hat die Armee zudem Freiwillige, kaum junge Leute aus London, wo die Leute Geld haben. Die Freiwilligen kommen vom Lande aus kleineren Städten, Was passiert bei der Armee heute? Heute geht es um Straßenkämpfe, damals um die Sowjetunion und den Kommunismus.

 

Irland heute ist friedlich, aber es hat sehr sehr lange gedauert, keiner hat Lust, daß noch einmal zu wiederholen.