Corinne Elsesser
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Es gibt viele Frauen wie Julie (Renate Reinsve), deren Geschichte der norwegische Regisseur Joachim Trier als Abschlussfilm einer Trilogie erzählt, die er mit „Auf Anfang“ und „Oslo, 31. August“ begonnen hatte.
Julie kommt aus gutem Hause in Oslo, taumelt mal hierhin, mal dorthin und weiss eigentlich nicht so recht, wohin ihr Lebensweg sie führen wird. Mit vielversprechenden Abiturnoten begann sie ein Medizinstudium, das ihr bald langweilig wird, woraufhin sie sich für Psychologie einschreibt und gleichzeitig in einer Buchhandlung eine Aushilfstätigkeit annimmt. Damit kann sie ihre Eskapaden finanzieren, da sie sich wenig später für eine Karriere als Fotografin entscheidet oder bald darauf ihr Talent als Autorin entdeckt.
Ihr Freund Aksel (Anders Danielsen Lie) hat sich entgegen seiner Erwartungen in sie verliebt, wie er sagt, denn ihr Zusammentreffen war schließlich nur eben mal so en passant gedacht. Julie zieht bald bei ihm ein, fühlt sich aber nach kurzer Zeit schon von seinem zunehmenden Erfolg als Comiczeichner zurückgesetzt und sucht nach neuen Anregungen. Auf einer eleganten Party trifft sie eines Abends Elvind (Herbert Nordrum), der so ganz das Gegenteil von ihrem Freund ist, sportlich, muskulös, nicht intellektuell und mit einem Faible für Umwelt, Klima, Yoga und was sonst noch in Mode ist.
So verlässt sie Aksel und hört erst Jahre später wieder von ihm in einem Fernsehinterview. Er ist inzwischen schwerkrank geworden. Sie besucht den fast ganz Abgemagerten im Krankenhaus und es entwickelt sich einer der tiefgehendsten Dialoge zwischen den beiden, in dem nichts ausgespart oder unausgesprochen in der Schwebe bleibt. Julie gesteht Aksel, dass sie ein Kind erwartet, noch bevor ihr neuer Freund Elvind davon erfährt, und Aksel sagt ihr, dass sie seine einzige, seine wirklich große Liebe sei. Da wirkt er schon sehr schwach und klagt ihr auch von den Schmerzen, über die er sonst nicht spricht, die ihm allmählich das Leben rauben.
So verlässt sie Aksel und hört erst Jahre später wieder von ihm in einem Fernsehinterview. Er ist inzwischen schwerkrank geworden. Sie besucht den fast ganz Abgemagerten im Krankenhaus und es entwickelt sich einer der tiefgehendsten Dialoge zwischen den beiden, in dem nichts ausgespart oder unausgesprochen in der Schwebe bleibt. Julie gesteht Aksel, dass sie ein Kind erwartet, noch bevor ihr neuer Freund Elvind davon erfährt, und Aksel sagt ihr, dass sie seine einzige, seine wirklich große Liebe sei. Da wirkt er schon sehr schwach und klagt ihr auch von den Schmerzen, über die er sonst nicht spricht, die ihm allmählich das Leben rauben.
Doch Julie geht fort, geht weiter ihren unsteten, unsicheren Weg und in der letzten Einstellung sieht sie am Fenster einer der Schauspielerinnen nach, die sie soeben am Filmset fotografiert hat, sieht deren Freund sie unten abholen mit einem Kinderwagen und erkennt, dass es Elvind ist.
Es wäre kein nordisches Drama, wenn die unbeschwingte Leichtigkeit, mit der Julie ihr Leben angeht, nicht gepaart wäre mit Abgründen, psychologischen Tiefenschürfungen und Kränkungen. Ideale und Moden, die eine jungen Generation heute so bitterernst nimmt, werden mit sanfter aber sehr präzise gesetzter Ironie ad absurdum geführt. Joachim Trier lässt zusammen mit seinem Drehbuchautor Eskil Vogt so manches in einem Fernsehinterview Angesprochene oder auf instagram Entdeckte, das wir bislang gern hoch und heilig hielten, leicht werden wie ein Luftflöckchen, das schnell verfliegt.
Unterhaltsame Momente wie diese wiegen die Längen, die der gut zwei Stunden dauernde Film zuweilen hat, schnell wieder auf. Besonders sind das aber die schauspielerischen Leistungen wie die von Anders Danielsen Lie, der seinen Aksel glaubwürdig kränker und schwächer werden lässt, dass es einem tief unter die Haut geht.
Grossartig auch die Szene, in der Julie, Elvind und die Freunde Mescalinpilze essen und bald darauf in der je eigenen Realität ihres Trips verschwinden, um am nächsten Morgen noch ein paar Spuren auf der Haut vorzufinden. Die persönliche psychologische Wirklichkeit tritt hier der filmischen Realität gegenüber, um schliesslich auf der Ebene des filmischen Erzählens wieder aufgehoben zu werden.
Der Film wurde für einen Oscar als Bestes Originaldrehbuch nominiert. Eine naheliegende Entscheidung, die jedoch ohne Erfolg blieb.
Foto:
©
Info:
Der schlimmste Mensch der Welt (Verdens verste menneske), Norwegen 2022
Regie: Joachim Trier
Drehbuch: Joachim Trier, Eskil Vogt
Besetzung: Renate Reinsve, Anders Danielsen Lie, Herbert Nordrum
128 Minuten
Es wäre kein nordisches Drama, wenn die unbeschwingte Leichtigkeit, mit der Julie ihr Leben angeht, nicht gepaart wäre mit Abgründen, psychologischen Tiefenschürfungen und Kränkungen. Ideale und Moden, die eine jungen Generation heute so bitterernst nimmt, werden mit sanfter aber sehr präzise gesetzter Ironie ad absurdum geführt. Joachim Trier lässt zusammen mit seinem Drehbuchautor Eskil Vogt so manches in einem Fernsehinterview Angesprochene oder auf instagram Entdeckte, das wir bislang gern hoch und heilig hielten, leicht werden wie ein Luftflöckchen, das schnell verfliegt.
Unterhaltsame Momente wie diese wiegen die Längen, die der gut zwei Stunden dauernde Film zuweilen hat, schnell wieder auf. Besonders sind das aber die schauspielerischen Leistungen wie die von Anders Danielsen Lie, der seinen Aksel glaubwürdig kränker und schwächer werden lässt, dass es einem tief unter die Haut geht.
Grossartig auch die Szene, in der Julie, Elvind und die Freunde Mescalinpilze essen und bald darauf in der je eigenen Realität ihres Trips verschwinden, um am nächsten Morgen noch ein paar Spuren auf der Haut vorzufinden. Die persönliche psychologische Wirklichkeit tritt hier der filmischen Realität gegenüber, um schliesslich auf der Ebene des filmischen Erzählens wieder aufgehoben zu werden.
Der Film wurde für einen Oscar als Bestes Originaldrehbuch nominiert. Eine naheliegende Entscheidung, die jedoch ohne Erfolg blieb.
Foto:
©
Info:
Der schlimmste Mensch der Welt (Verdens verste menneske), Norwegen 2022
Regie: Joachim Trier
Drehbuch: Joachim Trier, Eskil Vogt
Besetzung: Renate Reinsve, Anders Danielsen Lie, Herbert Nordrum
128 Minuten