Neu auf DVD und als Video on Demand seit dem 27. Mai 2022
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Maud Crayon (Valérie Donzelli) ist eine 42-jährige Architektin und Mutter von zwei Kindern. Gerade schläft wieder mal ihr Ex-Partner Martial (Thomas Scimeca) und Vater ihrer Kinder bei und mit ihr, denn er hat wie schon häufiger eine Beziehungspause mit seiner augenblicklichen Freundin. Er muss aber vor dem Aufstehen der Kinder verschwinden, da sie diese darüber belügt.
Im Büro ihres Chefs Greg (Samir Guesmi) gibt es auch wieder Ärger, weil sie 15 Minuten zu spät kommt. Sie hat auch immer noch keinen Arbeitsvertrag bekommen, dabei weist ihr Chef sie ständig zurecht und gibt ihr auch noch kurzfristige Zusatzaufgaben. So soll sie einen Entwurf für einen Kinderspielplatz schnellstmöglich fertig machen.
Beim Besuch bei der Frauenärztin - ihrer Freundin Coco (Virginie Ledoyen) - erfährt sie, dass sie im 4. Monat schwanger ist und damit ist es zu spät für eine Abtreibung - Vater ist Martial, dem sie allerdings nichts von der Schwangerschaft erzählen will.
Durch einen recht märchenhaften Zufall nimmt ihr Spielplatzentwurf an der städtischen Ausschreibung zur Neugestaltung des Vorplatzes vor Notre Dame teil und gewinnt. Neben dem Vorplatz von Notre Dame soll der Plan auch einen Metro-Eingang und Springbrunnen enthalten. Plötzlich hat Maud ein Projekt mit 121 Millionen Euro an Land gezogen.
Doch mit dem Gewinn der Ausschreibung fangen die wirklichen Probleme erst an. Bei der ersten Pressekonferenz trifft sie nicht nur auf die exaltierte Bürgermeisterin (Isabelle Candelier), sondern auch auf den Journalisten Bacchus Renard (Pierre Deladonchamps), der ihre Arbeit bis zur Fertigstellung des Projekts dokumentieren soll. Bacchus stellt sich als ihre Jugendliebe heraus, der immer noch an ihr Interesse hat.
Der Auftrag macht Maud zwar bekannt und sollte ihr auch ordentlich Geld einbringen (von dem ihr Chef plötzlich die Hälfte abhaben will), doch das Projekt entwickelt sich zur nächsten großen Baustelle: Auch wenn die Bürgermeisterin und die Politiker von dem futuristischen Entwurf begeistert sind (die Bürgermeisterin vergleicht den Entwurf mit dem Eiffelturm und seiner Ansicht bei der Pariser Bevölkerung während des Baus), sind viele Pariser und vor allem die Boulevardpresse und auch Kirchenvertreter dagegen. Dadurch kommt es zu Demonstrationen auf dem Platz vor der Kirche, die den Fortgang der Arbeiten verhindern.
Doch wie soll Maud ihre vielen Baustellen meistern, vor allem da nicht nur das Großprojekt auf dem Spiel steht, sondern ihre Schwangerschaft langsam sichtbar wird und sie entscheiden muss, wie es mit ihrem Ex Martial und auch ihren Gefühlen zu Bacchus Renard weitergehen soll...
Bei "Notre Dame - Die Liebe ist eine Baustelle" hat Valérie Donzelli nicht nur die Hauptrolle der Maud Crayon gespielt, sondern auch Regie geführt und zusammen mit Benjamin Charbit das Drehbuch geschrieben.
Neben der tollpatschigen und überforderten Heldin ist vor allem die Pariser Kathedrale Notre Dame der heimliche Star der Komödie - obwohl sie immer wieder nur im Hintergrund gezeigt wurde. Denn da der Film ein paar Monate vor dem Feuer vom April 2019 gedreht wurde, konnte Kameramann Lazare Pedron noch die zwei vollständigen Türme und eine unversehrte Kirche zeigen.
Die Regisseurin versucht mit ihrem Film eine typische seichte französische Liebeskomödie zu umschiffen, deshalb zeigt sie viele Szenen voll von bissigem Humor und absurder Komik.
Leider ist dabei ein zwar amüsantes, aber manchmal auch unausgegorenes Durcheinander entstanden, denn Valérie Donzelli hat zwar jede Menge Ideen, sie verzettelt sich damit aber auch im Laufe des Films immer mal wieder. Durch die plötzlich auftretenden und manchmal auch unmotivierten oder auch märchenhaften und surrealen Ereignisse wirkt der Film sehr unruhig, so hört man plötzlich in der Mitte einen gut informierten Erzähler aus dem Off, es tritt immer wieder ein Mann auf, der grundlos Menschen auf der Straße ohrfeigt - ohne dass seine Handlung letztendlich aufgeklärt wird -, dann sieht man Tanzeinlagen vor einer reduzierten Theaterkulisse mit Dialogeinblendungen und gegen Ende singen plötzlich auch noch alle Hauptdarsteller recht unmotiviert.
Dazu kommt, dass Maud eigentlich während des ganzen Films - zugegeben bei aller Überforderung als Mutter zweier Kinder, mit einem lästigem Ex, einem neuem Lover, einem unangenehmen Chef und einem deutlich zu großem Projekt - mit ihrer Hyperaktivität auf der einen Seite und ihrer geringen Entscheidungsfreudigkeit auf der anderen Seite häufig nur noch nervt. Sie ist während des größten Teils des Films eigentlich nicht in der Lage, ihr Leben und das ihrer Kinder sinnvoll in die Hand zu nehmen, z.B. ihren Ex einfach aus der Wohnung zu werfen oder sich stärker in das gewonnene Projekt einzubringen (bei Besprechungen wirkt sie, als sei sie nur zu Besuch).
Nicht gelungen ist auch der Teil, in dem Maud und ihr Mitarbeiter Didier (Bouli Lanners) mit einer völlig inkompetenten Rechtsanwältin verhandeln, die dann während des Prozesses auch noch plötzlich verstirbt. Für den Fortgang der Story, in dem Bacchus Renard eine entscheidende Rolle spielt, hätte man einen anderen Eingang finden können.
Die Szenen, in denen die Pariser Bürger sich gegen das Projekt stellen, weil sie - auch durch die Medien angestachelt - Mauds Entwurf völlig grundlos (und mit religiösen Gesängen) ablehnen, sind dagegen nett anzusehen. Mit den im Laufe des Films angesprochenen Themen wie hohe Arbeitslosigkeit, schlechte Arbeitsbedingungen, Wohnsitzlose, Naturkatastrophen, Luftverschmutzung und einen vermeintlichen Giftgasanschlag mit einer rosa Wolke versucht der Film neben all den Albernheiten und romantischen Verstrickungen auch noch einige der französischen Probleme satirisch zu kommentieren. Allerdings werden diese kritischen Szenen durch ein klassisches Happy End wieder unterlaufen.
Insgesamt ist "Notre Dame - Die Liebe ist eine Baustelle" eine etwas unausgegorene und oft auch hyperaktive Komödie, die versucht nebenbei ernste Themen zu integrieren und die zwar nett anzusehen ist, aber an einigen Stellen auch einfach nur nervig wirkt. Valérie Donzelli hat sich als Drehbuchautorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin selbst ebenso wie ihre Protagonistin wohl etwas zu viel zugemutet. Wer aber französische Komödien liebt, wird sich trotzdem zu Hause an dem seltsamen Film freuen können.
Foto 1: Cover DVD © W-film / RectangleProductions
Foto 2: Maud (Valérie Donzelli) © W-film / RectangleProductions
Foto 3: Didier (Bouli Lanners) und Maud (Valérie Donzelli) © W-film / Christophe Brachet
Info:
"Notre Dame - Die Liebe ist eine Baustelle" ist ab dem 27.05.2022 auf DVD und als Video On Demand im Handel verfügbar. Die DVD enthält eine deutsche und französische Fassung in Dolby Digital 5.1 und Dolby Digital 2.0. Die Untertitel sind in Deutsch. Das Bildformat der DVD ist 16:9 (1,85:1). Als Extras befindet sich auf der DVD der deutsche Trailer.
Notre Dame - Die Liebe ist eine Baustelle (Frankreich, Belgien 2019)
Originaltitel: Notre dame
Genre: Komödie
Filmlänge: 89 Min.
Regie: Valérie Donzelli
Drehbuch: Valérie Donzelli, Benjamin Charbit
Darsteller: Valérie Donzelli, Pierre Deladonchamps, Thomas Scimeca, Bouli Lanners, Virginie Ledoyen, Isabelle Candelier, Philippe Katerine u.a.
Verleih: W-Film
FSK: ab 12 Jahren