sprechenSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. Juni 2021, Teil 5

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Eine verfahrene Situation. Da ist eine Frau, die ihr ganzes Leben lang darauf wartet, daß ihr Ehemann, ein erfolgreicher Hochschullehrer mit den besten Kontakten zu seinen Studenten, die ihn jung und lebendig halten, endlich in Pension gehen muß. Denn jetzt können beide endlich das machen, was hauptsächlich ihre Planung war, endlich gemeinsam das eigene Haus bestellen und genießen, auf Reisen gehen, es zusammen sich gut gehen lassen, ja lieben.

Aber erstens ist Juditha (Dagmar Manzel) an Multipler Sklerose erkrankt und zweitens bekommt Erik nach seinem offiziellen Ausscheiden interessante fachliche Angebote, die ihn reizen. Am Anfang des Films sehen wir ein älteres Ehepaar, das sich zärtlich streichelt, die beiden küssen sich und man freut sich, daß auch alte Haut beiden sinnlichen Genuß bedeutet. Alles in Ordnung also? Das ist genau das Problem, daß beide das, was nicht in Ordnung ist, zwar konstatieren, aber nicht aussprechen, damit man es ändern könnte. Es sind die Lebenslügen, denen wir wie im Lehrbuch hier zuschauen können, wie sie das eigentlich gewollte Leben verhindern. Im Film sehen wir stärker den Anteil der Frau daran. Sie kann mit dem fortgeschrittenem Stadium ihrer MS-Erkrankung nicht umgehen, will nicht wahrhaben, daß sie beispielsweise Gartenarbeit nicht mehr wie früher erledigen kann, wird böse dabei und versucht es mit aller Gewalt, was nicht gelingt, was sie aber nicht sich, sondern eher ihrem Mann als Versagen vorwirft.

Er nun wiederum findet sein Zuhause, das er doch liebt, wie er auch seine Frau liebt, zunehmend nervend. Da ist es doch viel spannender, sich als Elder Staatsmann, hier als Wissenschaftler von den jungen Leuten bestaunen zu lassen, die ihn gerne in ihre Forschungen einbeziehen, denn er hatte sich ja einen Namen gemacht. Quälend ist es, den beiden beim Auseinanderdriften ihrer Lebensmodelle, die doch mal einheitlich waren, zuzusehen.

Sie muß lernen, daß sie nicht mehr wie früher kann. Das ist eigentlich das Problem aller Leute, die älter werden, daß ihre Kräfte nachlassen und beispielsweise die Gartenarbeit, früher in der Hocke und aus voller Kraft, nun mit anderer Haltung nicht mehr so flott geht, ja dann überhaupt nicht mehr geht. Wie lange dauert es, bis Juditha überhaupt bereit ist, einen Gehstock zu benutzen und erst recht dauert es, bis sie akzeptieren kann, daß sie eine Hilfe im Haushalt und überhaupt braucht. Was körperlicher Verfall bedeutet, für den einzelnen und für das Zusammenleben mit einem Zweiten, wird schmerzlich vorgeführt.

Aber auch Erik, hin- und hergerissen zwischen Lust und Pflicht, nimmt das, was auch mal Lust war, das Leben mit seiner Frau nur noch als Pflicht. Einziger Lichtblick ist die gemeinsame Tochter, die in Schweden lebt, Eriks Heimat.

Der Film leistet die Analyse einer mehr als schwierigen Situation. Heilen kann er sie nicht. Zu ertragen ist so viel Elend durch die schauspielerische Glanzleistung von Dagmar Manzel.

Foto:
©Verleih

Info:
Besetzung
Erik            Rolf Lassgård
Juditha       Dagmar Manzel
Sarah          Anna Blomeier
Hans           Wolfram Koch
Dr. Rosenberg       Stephan Schad
Frau Sing               Catrin Striebeck
Sibylle                    Angelika Thomas
Ben Sebastian J. Doppelbauer

Stab
Regie      Wendla Nölle
Buch       Greta Lorez
©Verleih

Info:
Besetzung
Erik            Rolf Lassgård
Juditha       Dagmar Manzel
Sarah          Anna Blomeier
Hans           Wolfram Koch
Dr. Rosenberg       Stephan Schad
Frau Sing               Catrin Striebeck
Sibylle                    Angelika Thomas
Ben Sebastian J. Doppelbauer

Stab
Regie      Wendla Nölle
Buch       Greta Lorez