Ferien-Tipp für junge Zuschauer am Freitag, 22. Juli 2022 bei KiKA
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Die 11jährige Lotta Petermann (Meggy Hussong) hat es mit ihrer Familie nicht leicht. Da ist ihr Vater Rainer (Oliver Mommsen), der immer grummelig an seinem Schreibtisch sitzt und den Lotta glücklicherweise nicht als Lehrer hat. Ihre Mutter Sabine (Laura Tonke) kocht immer ayurvedisches Zeugs, kauft andauern unnütze Sonderangebote und fängt gerade im Yogastudio von Heiner Krishna (Milan Peschel) an zu arbeiten. Und dann gibt es noch ihre beiden "Blödbrüder" (Lenny und Marlow Kullmann), die sie andauernd ärgern.
Im Haus lebt auch noch die Schildkröte Heesters, über die man überall stolpert. Doch eigentlich wünscht Lotta sich ein richtiges Haustier. Daneben hat sie von ihrer Mutter eine indische Blockflöte bekommen. Lotta ist ihrer Meinung nach völlig unmusikalisch und hat auch schon mehrere Musiklehrer vergrault. Sie hat schon mehrfach versucht, die Flöte loszuwerden, aber unglücklicherweise taucht sie immer wieder auf.
Zum Glück gibt es noch Lottas beste Freundin Cheyenne (Yola Streese); mit ihr und dem etwas nerdigen Mitschüler Paul (Levi Kazmaier) hat Lotta die Bande "Die wilden Kaninchen", die sich regelmäßig in Pauls Baumhaus trifft. Die drei verbindet eine tiefe Abneigung gegen die reiche und eingebildete Berenike (Laila Ziegler) und deren drei Freundinnen, die (G-)Lämmer-Girls.
Doch dann lädt Berenike alle Klassenkameraden zu ihrer Geburtstagsparty ein, sogar Paul bekommt eine Einladung, nur Lotta und Cheyenne nicht. Das wollen die beiden nicht auf sich sitzen lassen und beginnen den einen oder anderen Plan auszuhecken, wie sie doch noch an der Party teilnehmen können.
Durch einen kleinen Autounfall treffen sie auf den bei den Kids gerade sehr angesagten Sänger Marlon (Lukas Rieger). Während sie sich überlegen, wie sie Marlon dazu bringen können, auf Berenikes Party zu gehen, kommt es zu einem großen Streit zwischen den beiden Freundinnen.
Mit etwas Nachhilfe von Lottas Vater will Lotta versuchen, ihre Freundschaft mit Cheyenne zu retten. Sie wird dabei auch erkennen, was wahre Kameradschaft bedeutet und dass eine Geburtstagsparty auch sehr langweilig sein kann...
In "Mein Lotta-Leben" berichtet Lotta rotzfrech über ihren Alltag mit ihrer chaotischen Familie und ihren Problemen in ihrer Gesamtschulklasse. Die gleichnamige Kinderbuchreihe von Alice Pantermüller mit den Illustrationen von Daniela Kohl ist im Arena Verlag erschienen. Bis jetzt sind 18 Bände veröffentlicht worden. In allen Titeln kommt übrigens ein Tier vor.
Das haben die Bettina Börgerding und Neele Leana Vollmar (die auch Regie geführt hat) beim hier besprochenen Film auch aufgenommen, denn "Mein Lotta-Leben - Alles Bingo mit Flamingo!" beruht nicht auf einem bestimmten Buch, auch wenn die Drehbuchautorinnen Motive aus den ersten beiden Romanen übernommen haben.
Die 40jährige Regisseurin Neele Leana Vollmar konnte bereits mit den erfolgreichen Kinderfilmen "Rico, Oskar und die Tieferschatten" (2014) und "Rico, Oskar und der Diebstahlstein" (2016) zeigen, dass sie in der Lage ist, die Gefühlswelten der Kinder für junge Zuschauer verständlich zu erzählen. Denn sie nimmt in ihren Filmen die Wünsche und Probleme der jugendlichen Charaktere ernst.
In "Mein Lotta-Leben - Alles Bingo mit Flamingo!" wählt sie dabei den Ansatz, dass das Publikum eigentlich die ganze Story mit den Augen Lottas sieht. Das beginnt gleich am Anfang, als Lotta ihre Kamera einschaltet und die Beobachter durch Haus führt und so ihre Familie vorstellt.
Bei dieser Sicht ist es verständlich, dass vor allem die Erwachsenen immer wieder als Stereotype dargestellt werden, dass der Streit zwischen Lotta und Cheyenne für Lotta ein erschütterndes Drama ist oder dass die Klassenzicke Berenike durch Lottas Augen zur bitterbösen Schurkin wird. Aber gerade dadurch wird Lotta auch zu einer Figur, mit der sich vor allem Kinder identifizieren können.
Lotta wird auch später immer wieder direkt in die Kamera sprechen. Dies ermöglicht es dem Publikum, die Welt durch Kinderaugen zu sehen und damit auch deren Ängste, Sorgen und Nöte hautnah mitzuerleben.
Wunderbar gelungen sind auch die vielen kleinen comic-haften Animationen in weißer Farbe, die über die realen Bilder gelegt wurden und die wie eine Art erweiterter Realität wirken und die die Bilder, Gerüche und Gefühle in witziger Weise unterstützen und kommentieren. Da erscheint z.B. über Lotta eine Regenwolke aus der es tropft, als sie deprimiert ist, oder es laufen nicht nur reale, sondern auch gezeichnete Kaninchen durch die Gegend. Ein Running Gag ist sicher Lottas Blockflöte, die Lotta immer wieder entsorgt und die genauso regelmäßig wieder auftaucht. Wenn Lotta die Flöte spielt, fliegen übrigens andauernd Noten aus der Flöte heraus.
Die jungen Schauspieler machen ihre Sache ausgezeichnet, dabei stechen neben Meggy Hussong als Lotta vor allem Yola Streese als die aus der Hochhaussiedlung kommende Cheyenne und Laila Ziegler als arrogante reiche Berenike hervor. Der 20-jährige Popsänger Lukas Rieger (über 4 Millionen Follower auf TikTok und über 2 Millionen Fans auf Instagram) spielt den "angesagten" Star Marlon herrlich übertrieben und selbstverliebt. Allerdings hat er ein kleines Geheimnis, mit dem Lotta ihn dann erpressen kann. Oliver Mommsen und Laura Tonke als Lottas Eltern, Carolin Kebekus als Lottas Klassenlehrerin Frau Kackert und Milan Peschel als Heiner Krishna (schon wieder ein Yoga Guru) spielen ihre Rolle gut doch hin und wieder etwas zu theatralisch.
Der Film wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) mit dem Prädikat "besonders wertvoll" ausgezeichnet. Die Jury ist der Meinung, dass der Film neben den gelungenen gestalterischen Elementen eine abwechslungsreiche Geschichte erzählt, bei die Freundschaft von Lotta und Cheyenne aber immer im Zentrum steht. Die FBW-Jugend Filmjury hat den Film mit 3,5 von 5 Sternen bewertet. Dabei sind die jugendlichen Juroren der Meinung, dass der Film für die recht junge Zielgruppe von 5-10 Jahren mit seiner leichten Unterhaltung sicher Spaß macht.
Insgesamt erzählt "Mein Lotta-Leben - Alles Bingo mit Flamingo!" von den Problemen und Nöten der Kinder, von Familienkrisen, Mobbing, Ausgeschlossen sein aber auch von der Bedeutung einer wunderbaren Freundschaft. Der Film ist vor allem für jüngere Kinder bis etwa 12 Jahren gedacht, aber es lohnt ganz sicher auch für Erwachsene, sich den sehenswerten Film im Fernsehen anzuschauen.
Zusatz: Am 18. August 2022 kommt die Fortsetzung "Mein Lotta-Leben - Alles Tschaka mit Alpaka" in die Kinos.
Foto 1: Lotta (Meggy Hussong, r.) und Cheyenne (Yola Streese, l.) lieben Pommes mehr als rosa Kitsch-Törtchen. © ZDF / wild bunch / Martin Rottenkolber
Foto 2: Die (G)Lämmer-Girls (v.l.n.r.: Amelie Lammers, Lovena Börschmann, Laila Ziegler, Mina Lindenschmidt) haben Lottas beste Freundin Cheyenne (Yola Stresse, r.), auf ihre Seite gezogen. © ZDF / wild bunch / Martin Rottenkolber
Foto 3: Die Gäste flippen aus. Dank Lotta, singt Superstar Marlon (Lukas Rieger, M.) auf Berenikes (Laila Ziegler, l.) Party. © ZDF / wild bunch / Martin Rottenkolber
Info:
Mein Lotta-Leben - Alles Bingo mit Flamingo! (Deutschland 2019)
Genre: Komödie, Kinderbuchverfilmung, Kinder- und Jugendfilm
Filmlänge: ca. 95 Min.
Regie: Neele Leana Vollmar
Drehbuch: Bettina Börgerding und Neele Leana Vollmar nach den Büchern von Alice Pantermüller
Darsteller: Meggy Hussong, Yola Streese, Levi Kazmaier, Lukas Rieger Laila Ziegler, Caro Cult, Oliver Mommsen, Laura Tonke, Carolin, Milan Peschel u.a.
FSK: ab 0 Jahren
"Mein Lotta-Leben - Alles Bingo mit Flamingo!" läuft am Freitag, 22.07.2022 um 19:30 Uhr bei KiKA. Der Kinderfilm wird dort am Dienstag, 26.07.2022 um 11:50 Uhr wiederholt.