Bildschirmfoto 2022 08 18 um 09.46.22Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 18. August 2022, Teil 3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – So oft sind ja in Frankfurt die Filmpremieren eigentlich nicht gesät, aber derzeit kommt eine nach der anderen. Und es hat einfach was, wenn man am Abend vorher einen Film sieht, den andere erst ab dem nächsten Tag sehen können, und – und das ist das Entscheidende – vom Regisseur persönlich über die Entstehungsgeschichte und Besonderheiten vom Drehen etwas hört und ihn auch fragen kann.

Ich selbst hatte tausend Fragen, denn so einen Dokumentarfilm habe ich noch nicht gesehen, wo man dauernd den Eindruck hatte, einen Spielfilm zu sehen, der einen Dokumentarfilm nachmacht. Irgendwie surreal das Ganze, mit ständigen Wendungen der Geschichte, die ja wirkliches Leben abbildet, während des Films, der zudem einfach aufgrund der rauen, aber auch verschleiernden Schönheit der Landschaft eine die Seele berührende Note hat.

dellerHausherr Gunter Deller (links im Bild) hatte alle freundlich begrüßt und auf das Gespräch nach der Vorstellung verwiesen. Die Sympathie für den Regisseur konnte man spüren und die Erwähnung der bisherigen Filme, die ihren Weg machten, zeigte, daß man gespannt sein durfte. Faßt man die Äußerungen von Stanislaw Mucha im Gespräch danach und seine Antworten auf Fragen aus dem Publikum zusammen, so kommt Folgendes zusammen: Er wollte einen Film drehen über den Mann, der seit Jahren in dieser einsamen arktischen Wetterstation als Wettermacher seine Arbeit machte.

dreierDoch als er mit seiner Crew am russischen Polarmeer ankam, war dieser Mann den Dämonen des Ortes und der Einsamkeit so ausgeliefert gewesen, daß er ständig seine Situation als Ringen mit der Isolation vor sich hinmurmelte, was ihn krank mache, weshalb er als Psycho-Wrack in die Psychiatrie kam. Nachdem also der Hauptdarsteller verlustig ging, war immerhin noch die Wetterstation Chodowaricha vorhanden und der jahrhundertelange Leuchtturm auch. Außerdem wurden nun gleich drei Personen, drei – aha, die können wenigstens kommunizieren, werden nicht so schnell irre - Meteorologen als Wettermacher nach Chodowaricha geschickt: als Leiter Wladimir, der zusammen mit dem Paar Alexander und Sascha nun die Arbeit macht. Das waren dann gleichzeitig die neuen Helden des Films.Was sich dann entwickelte, das ist es eben, was wie eine Drehbuchphantasie wirkt, denn Leiter Wladimir ist strafversetzt, an seiner letzten Stelle wurde eine schwangere Tote in einem von außen verschlossenen Raum gefunden, ohne daß außer der Strafversetzung etwas passiert wäre. Und hier baggert er Sascha an, als ihr Ehemann unterwegs ist, wobei ‚anbaggern‘ ein viel zu harmloser Ausdruck für diese Anmache ist.

zweierDoch als emotional ausgleichendes Element gibt es noch den alten und richtig sympathischen Mann, Wassili, der hier aufgewachsen zurückkommt, als er von seiner Krebsdiagnose erfährt, seine Familie zurückläßt und hier glücklich ist und alles tut, um den maroden Leuchtturm zu retten, der sein Zuhause war.

Wie lange Mucha dort war und gedreht habe, wurde gefragt. Es waren zweieinhalb Wochen im Herbst und je eine Woche im Winter und Sommer. So was wie Frühling gäbe es nicht.

Mit dem Abspann hörte man Wladimir Wyssozki. Dieser wunderbare russische Liedermacher, ein Kulturphänomen der Sowjetunion, wäre es wert, in einem Film zum Leben erweckt zu werden. Eigentlich wäre Stanislaw Mucha dafür der richtige Mann!

Zusammenfassung aus dem Presseheft:
Der wohl einsamste Arbeitsplatz der Welt: Der preisgekrönte Kult-Regisseur Stanislaw Mucha („Kolyma“, „Absolut Warhola“) besucht drei Wettermacher auf der Polarinsel „Chodowaricha“, wo sie das Wetter ohne jegliche Elektronik mit einfachsten Hilfsmitteln messen. Unvorstellbar, denn ihre Arbeit hat auch Einfluss auf unsere Wettervorhersagen. Aber wie können die drei skurrilen Meteorologen in völliger Isolation leben und arbeiten? In seinem tragikomischen Dokumentarfilm „Wettermacher“ fängt Mucha in großen Bildern die eigenwillige Schönheit der sibirischen Tundra und ihrer Bewohner ein.

P.S. Übrigens: die Männer im Film rauchen wie Schlote, eine an der anderen wird angezündet und die Kippe einfach auf’s Eis, auf’s Land und ins Feld geschmissen.

Fotos:
Die Schattenspiele auf der Leinwand waren phänomenal
©Redaktion

Info:
Regie: Stanislaw Mucha
Buch: Dorothea Braun, Stanislaw Mucha
Kamera: Marcus Winterbauer
Filmgattung: Dokumentarfilm
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2021
Länge: 92 Minuten
Originalsprache: Deutsch
Sprachfassung: Russische OF mit deutschem Kommentar von Stanislaw Mucha