Redaktion
Berlin (Weltexpresso) - Es hat bei Ihrem neuen Film von ersten Drehbuchentwürfen bis hin zur Fertigstellung einige Zeit gebraucht ...
Aelrun Goette: Ja, die Geburtsstunde von IN EINEM LAND, DAS ES NICHT MEHR GIBT ist jetzt fast 14 Jahre her. Ich wollte etwas über die im Westen fast unbekannte und glamouröse Welt der Mode in DDR-Zeiten erzählen ... ...
in der Sie ja selbst Model waren, die damals noch Mannequins hießen.
Aelrun Goette: Als ich 19 war, wurde ich auf der Straße von Dorothea Melis angesprochen, der damaligen Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit von Exquisit, und habe dann ein paar Jahre für den VHB Exquisit und die Modezeitschrift Sibylle gearbeitet. Wenn ich später davon erzählte, staunten meine Freunde aus dem Westen, weil sie DDR und Mode nicht zusammenbringen konnten. Ich habe gespürt, dass das Thema eine wunderbare Möglichkeit bietet, den Blick auf den Osten zu erweitern. Mit der visuellen Kraft des Kinos eine Perspektive hinzuzufügen, die es so vielleicht noch nicht gibt, war mein heißes Herz für dieses Projekt, das mich in den ganzen Jahren über alle Untiefen hinweg getragen hat.
Geht es Ihnen auch darum, Teile des Blicks auf die DDR zu korrigieren?
Aelrun Goette: Ich weiß nicht, ob ein Film so etwas kann. Aber er kann auf jeden Fall die Tür öffnen und Menschen einladen, die untergegangene DDR auch mal mit anderen Augen zu sehen. Es gab in der Diktatur nicht nur Täter, Opfer und Zeitzeugen, sondern auch Menschen, die stark, kraftvoll und wild waren, die von Freiheit geträumt und sie sich genommen haben. Vor allem für die junge Generation gibt es in diesem Teil der deutschen Vergangenheit noch viel zu entdecken.
Was hat Sie daran glauben lassen, dass es ein grundsätzliches Interesse gibt, durch die geöffnete Tür zu gehen?
Aelrun Goette: Seit einiger Zeit wächst das Interesse, die Schablonen, die sich über den Osten gelegt haben, zu hinterfragen. Wir spüren das in der Literatur, in der Kunst und letztendlich auch in der Politik, die uns herausfordert, Vergangenheit in ihrer Vielfalt zu verstehen. Es hat ja immerhin drei Jahrzehnte gedauert, in denen das Korsett schon ziemlich eng war, in das unsere Vergangenheit gepackt wurde. Wie einige andere habe ich immer daran geglaubt, dass es filmisch aufregend ist, diesen Mustern entgegenzutreten. Trotzdem hat es einige Jahre gedauert, in denen es mir nicht gelang, einen Produzenten oder eine Produzentin für diesen Stoff zu begeistern. Meine Redakteurin Cooky Ziesche hat mich dann mit Tanja Ziegler zusammengebracht, die ich bereits aus der Filmhochschule kannte. Gemeinsam mit Susa Kusche, die zeitgleich zu Ziegler Film kam, haben wir dann zu dritt die Produktion ins Rollen gebracht, die Finanzierung durch Förderung und die weiteren Koproduktionspartner wie Studio Babelsberg, Gretchenfilm und TOBIS gesichert. TOBIS übernahm gleichzeitig auch den Verleih des Films.
Marlene, wie haben Sie das Drehbuch gelesen? Haben Sie sofort den großen Bogen darin gesehen, der ja bis hin zum Nachdenken über Freiheit in Ihrer Generation reicht?
Marlene Burow: Dadurch, dass meine gesamte Familie aus dem Osten stammt, war mein Blick auf das Buch natürlich schon ein wenig beeinflusst. Mich haben zwei Dinge sofort angesprochen, auf die ich richtig Lust hatte: Mode in der DDR, denn davon hatte ich noch nie etwas gehört. Andererseits wurde ich zum Casting für die Rolle der Suzie eingeladen, als ich mit 19 und kurz nach dem Abitur selbst noch nicht recht wusste, wohin mit mir und wo mein Platz ist in dieser Welt. Aber ich hatte einen Traum. All das habe ich im Drehbuch wiedergefunden. Ich hatte große Lust auf die Reise in dieses Lebensgefühl.
Aelrun Goette: Genau darum geht es, konkret im Gestern eine universelle Geschichte fürs Heute zu erzählen: Was ist Freiheit? Wie will ich leben? Wo gehöre ich hin? Wovon träume ich? Und welchen Preis bin ich bereit, dafür zu zahlen?
Marlene, haben Sie Ihre Eltern und Großeltern schon vor dem Projekt mit Fragen über die DDR „gelöchert“?
Marlene Burow: Durch den Film wurden meine Fragen konkreter. Es war in unserer Familie selbstverständlich, über die Vergangenheit zu sprechen. Da gibt es natürlich wiederkehrende Geschichten. Erst mit der Arbeit an IN EINEM LAND, DAS ES NICHT MEHR GIBT habe ich dann aber gespürt, was wirklich hinter mancher dieser Geschichten steckt und es ist schön, dass sie Teil unserer Familie sind. Sie schaffen Identität und wir finden uns in ihnen wieder. Lustigerweise hatte ich bis zur Arbeit am Film noch gar nicht bewusst wahrgenommen, dass meine Eltern berlinern. Mir ist es jahrelang einfach nicht aufgefallen, es war eine überraschende Erkenntnis für mich, als ich für den Film selbst lernen musste zu berlinern.
Der Film ist eine Zeitreise ...
Marlene Burow: Ja, aber es gibt immer zwei Seiten. Einerseits sind da all die Empfindungen und Gefühle, die sich nie verändern. Herzschmerz gab es beispielsweise schon vor Hunderten Jahren. Andererseits war da das Konkrete einer Zeit, hier eben in der DDR. Mich dort hineinzubegeben, war etwas Besonderes für mich, weil ich zwar am selben Ort, aber in einem ganz anderen geschichtlichen Kapitel lebe und aufgewachsen bin. Aus Berlin herauszukommen und in alte Ost-Städte wie Gera und Altenburg zu fahren und in all die wunderbaren Kulissen einzutauchen, war ein Geschenk. Suzie ist zart und traurig, schnippisch und behutsam, naiv und entschlossen, hier voller Wut, dort beseelt von ihrer Neugier.
Aelrun, was haben Sie für diese Rolle bei einer Darstellerin gesucht?
Aelrun Goette: Entdeckerlust und Natürlichkeit, die man nicht darstellen kann, sondern in sich trägt. Hinzu kommt Marlenes Wandelbarkeit und Präsenz, die sich auf der Leinwand durchsetzt. Bei einem solchen Projekt geht es auch um Vertrauen, dass eine junge Darstellerin eine so große Rolle tragen kann und sich dabei an die Hand nehmen lässt. Dass sie durchhält und nach dem 30. Drehtag immer noch eine Liebesszene spielt, als wäre es das erste Mal. Marlene hat diese Kraft.
Marlene Burow: Schon der Casting-Prozess war sehr lang und intensiv. Noch bevor sich Aelrun und die Casting-Agentin Anja Dihrberg für mich entschieden hatten, war ich beseelt von der Beschäftigung mit diesem Stoff und den Menschen, die ich bis dahin kennenlernen durfte. Beim Drehen war ich dann das Küken mit großem Respekt vor diesen großartigen Schauspielerinnen und Schauspielern. Doch sie alle haben mich auf ihre Art an die Hand genommen.
Foto:
©Verleih
Info:
In einem Land, das es nicht mehr gibt (Deutschland 2022)
Genre: Drama, Historie, DDR, Mode
Filmlänge: ca. 100 Min.
Drehbuch und Regie: Aelrun Goette
Darsteller: Marlene Burow, Sabin Tambrea, David Schütter, Claudia Michelsen, Sven-Eric Bechtold, Jördis Triebel, Bernd Hölscher, Gabriele Völsch, Hannah Ehrlichmann, Sira Topic, Zoé Höche, Bernd Schneider u.a.
Verleih: Tobis Film GmbH
Quelle: Presseheft
Geht es Ihnen auch darum, Teile des Blicks auf die DDR zu korrigieren?
Aelrun Goette: Ich weiß nicht, ob ein Film so etwas kann. Aber er kann auf jeden Fall die Tür öffnen und Menschen einladen, die untergegangene DDR auch mal mit anderen Augen zu sehen. Es gab in der Diktatur nicht nur Täter, Opfer und Zeitzeugen, sondern auch Menschen, die stark, kraftvoll und wild waren, die von Freiheit geträumt und sie sich genommen haben. Vor allem für die junge Generation gibt es in diesem Teil der deutschen Vergangenheit noch viel zu entdecken.
Was hat Sie daran glauben lassen, dass es ein grundsätzliches Interesse gibt, durch die geöffnete Tür zu gehen?
Aelrun Goette: Seit einiger Zeit wächst das Interesse, die Schablonen, die sich über den Osten gelegt haben, zu hinterfragen. Wir spüren das in der Literatur, in der Kunst und letztendlich auch in der Politik, die uns herausfordert, Vergangenheit in ihrer Vielfalt zu verstehen. Es hat ja immerhin drei Jahrzehnte gedauert, in denen das Korsett schon ziemlich eng war, in das unsere Vergangenheit gepackt wurde. Wie einige andere habe ich immer daran geglaubt, dass es filmisch aufregend ist, diesen Mustern entgegenzutreten. Trotzdem hat es einige Jahre gedauert, in denen es mir nicht gelang, einen Produzenten oder eine Produzentin für diesen Stoff zu begeistern. Meine Redakteurin Cooky Ziesche hat mich dann mit Tanja Ziegler zusammengebracht, die ich bereits aus der Filmhochschule kannte. Gemeinsam mit Susa Kusche, die zeitgleich zu Ziegler Film kam, haben wir dann zu dritt die Produktion ins Rollen gebracht, die Finanzierung durch Förderung und die weiteren Koproduktionspartner wie Studio Babelsberg, Gretchenfilm und TOBIS gesichert. TOBIS übernahm gleichzeitig auch den Verleih des Films.
Marlene, wie haben Sie das Drehbuch gelesen? Haben Sie sofort den großen Bogen darin gesehen, der ja bis hin zum Nachdenken über Freiheit in Ihrer Generation reicht?
Marlene Burow: Dadurch, dass meine gesamte Familie aus dem Osten stammt, war mein Blick auf das Buch natürlich schon ein wenig beeinflusst. Mich haben zwei Dinge sofort angesprochen, auf die ich richtig Lust hatte: Mode in der DDR, denn davon hatte ich noch nie etwas gehört. Andererseits wurde ich zum Casting für die Rolle der Suzie eingeladen, als ich mit 19 und kurz nach dem Abitur selbst noch nicht recht wusste, wohin mit mir und wo mein Platz ist in dieser Welt. Aber ich hatte einen Traum. All das habe ich im Drehbuch wiedergefunden. Ich hatte große Lust auf die Reise in dieses Lebensgefühl.
Aelrun Goette: Genau darum geht es, konkret im Gestern eine universelle Geschichte fürs Heute zu erzählen: Was ist Freiheit? Wie will ich leben? Wo gehöre ich hin? Wovon träume ich? Und welchen Preis bin ich bereit, dafür zu zahlen?
Marlene, haben Sie Ihre Eltern und Großeltern schon vor dem Projekt mit Fragen über die DDR „gelöchert“?
Marlene Burow: Durch den Film wurden meine Fragen konkreter. Es war in unserer Familie selbstverständlich, über die Vergangenheit zu sprechen. Da gibt es natürlich wiederkehrende Geschichten. Erst mit der Arbeit an IN EINEM LAND, DAS ES NICHT MEHR GIBT habe ich dann aber gespürt, was wirklich hinter mancher dieser Geschichten steckt und es ist schön, dass sie Teil unserer Familie sind. Sie schaffen Identität und wir finden uns in ihnen wieder. Lustigerweise hatte ich bis zur Arbeit am Film noch gar nicht bewusst wahrgenommen, dass meine Eltern berlinern. Mir ist es jahrelang einfach nicht aufgefallen, es war eine überraschende Erkenntnis für mich, als ich für den Film selbst lernen musste zu berlinern.
Der Film ist eine Zeitreise ...
Marlene Burow: Ja, aber es gibt immer zwei Seiten. Einerseits sind da all die Empfindungen und Gefühle, die sich nie verändern. Herzschmerz gab es beispielsweise schon vor Hunderten Jahren. Andererseits war da das Konkrete einer Zeit, hier eben in der DDR. Mich dort hineinzubegeben, war etwas Besonderes für mich, weil ich zwar am selben Ort, aber in einem ganz anderen geschichtlichen Kapitel lebe und aufgewachsen bin. Aus Berlin herauszukommen und in alte Ost-Städte wie Gera und Altenburg zu fahren und in all die wunderbaren Kulissen einzutauchen, war ein Geschenk. Suzie ist zart und traurig, schnippisch und behutsam, naiv und entschlossen, hier voller Wut, dort beseelt von ihrer Neugier.
Aelrun, was haben Sie für diese Rolle bei einer Darstellerin gesucht?
Aelrun Goette: Entdeckerlust und Natürlichkeit, die man nicht darstellen kann, sondern in sich trägt. Hinzu kommt Marlenes Wandelbarkeit und Präsenz, die sich auf der Leinwand durchsetzt. Bei einem solchen Projekt geht es auch um Vertrauen, dass eine junge Darstellerin eine so große Rolle tragen kann und sich dabei an die Hand nehmen lässt. Dass sie durchhält und nach dem 30. Drehtag immer noch eine Liebesszene spielt, als wäre es das erste Mal. Marlene hat diese Kraft.
Marlene Burow: Schon der Casting-Prozess war sehr lang und intensiv. Noch bevor sich Aelrun und die Casting-Agentin Anja Dihrberg für mich entschieden hatten, war ich beseelt von der Beschäftigung mit diesem Stoff und den Menschen, die ich bis dahin kennenlernen durfte. Beim Drehen war ich dann das Küken mit großem Respekt vor diesen großartigen Schauspielerinnen und Schauspielern. Doch sie alle haben mich auf ihre Art an die Hand genommen.
Foto:
©Verleih
Info:
In einem Land, das es nicht mehr gibt (Deutschland 2022)
Genre: Drama, Historie, DDR, Mode
Filmlänge: ca. 100 Min.
Drehbuch und Regie: Aelrun Goette
Darsteller: Marlene Burow, Sabin Tambrea, David Schütter, Claudia Michelsen, Sven-Eric Bechtold, Jördis Triebel, Bernd Hölscher, Gabriele Völsch, Hannah Ehrlichmann, Sira Topic, Zoé Höche, Bernd Schneider u.a.
Verleih: Tobis Film GmbH
Quelle: Presseheft