conSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 27. Oktober 2022, Teil 3

Corinne Elsesser

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – In einem Waldstück in der Oberpfalz stößt die Forstbiologin Anja Grimm (Henriette Confurius) auf ein düsteres Kapitel der deutschen Nachkriegszeit, das bis heute wenig im Bewusstsein der Bevölkerung verankert ist. Während eines Praktikums nimmt sie im Wald Bodenproben für ein Forschungsprojekt an ihrer Hochschule. Sie wirkt sehr professionell und ist begeistert von ihrem Fach, der Forstwirtschaft, in dem nicht unbedingt viele Frauen tätig sind.

Das Waldstück kennt sie aus ihrer Kindheit, hier hatte sie häufig mit ihren Eltern die Sommerferien verbracht. Eines Tages war allerdings ihr Vater spurlos verschwunden und man hatte nie herausgefunden, was passiert war. Vielleicht hat sich Anja auch deshalb für das Projekt entschieden.

Ihre Arbeit wird von den Dorfbewohnern sehr genau beobachtet und als sie bei ihren Messungen auf ungewöhnliche Bodenzusammensetzungen stößt, trifft dies nicht auf das Wohlwollen ihrer Umgebung. Zuerst bekommt sie es mit dem zusammen mit seiner Mutter auf einem Hof im Wald lebenden Xaver Leybach (Christoph Jungmann) zu tun, der eines Tages mit seinem Gewehr auftaucht. Die junge Forscherin kennt ihn von früher und weiß, den psychisch labilen Mann sanft zu beschwichtigen. Sie läuft zu Xavers Schwester Waltraud Gollas (Johanna Bittenbinder) und erzählt aufgeregt von dem Vorfall. Als sie gleich darauf mit deren Sohn Rupert (Noah Saavedra) zum Hof der Leybachs geht, machen die beiden eine grausame Entdeckung. Xaver hat seine Mutter (Astrid Polak) brutal mit einem Spaten erschlagen. Bei Anja stellt sich die Vermutung ein, dass er mit dem Tod ihres Vater etwas zu tun haben könnte.

Der örtliche Polizist Konrad Dallmann (Robert Stadlober) hat dafür kaum Verständnis, geht der Sache zunächst aber nach. Sein Vater Gustav Dallmann (August Zirner) war ebenfalls Kommissar und setzt ihn nun gehörig unter Druck, die Forscherin aus dem Wald zu schaffen. Sie habe eine Fähigkeit, den Wald zu lesen wie kein anderer und das könne man hier nicht brauchen. Anja wird schließlich zu einer frisch ausgehobenen Grube geführt, in der die Überreste einer Leiche gefunden wurden. Es sei anzunehmen, meint Konrad Dallmann, dass es sich hier um ihren Vater handle. Der Fall könne damit als aufgeklärt betrachtet werden. In der forensischen Psychiatrie nimmt Xaver sich das Leben. Das Praktikum geht zuende und Anja reist ab. Doch die Ungereimtheiten lassen die junge Forscherin nicht los. Könnte ihr Vater damals auf etwas gestossen sein? Seine Aufzeichnungen aus dem Jahr 1979 geben ihr Hinweise und so recherchiert sie weiter, kehrt zurück, obwohl sie sich mit einer zunehmenden Feindseligkeit der Dorfbewohner konfrontiert weiß. Nicht nur Gustav Dallmann scheint etwas zu verlieren zu haben, auch die Familie Gollas, die hier einen Märchenwald plant, um ihre finanziellen Probleme zu lösen.

Nachdem die Geschichte wie ein Thriller begann, wirkt der in der Romanvorlage von Wolfram Fleischhauer, der auch das Drehbuch geschrieben hat, vorgegebene Verweis auf die Todesmärsche der Juden nach dem 2. Weltkrieg wie ein großer Schwung, den sich die Regisseurin Saralisa Volm in ihrem Filmdebut vorgenommen hat. Der Weg, den die Überlebenden nach der Befreiung der Lager in Richtung Westen nahmen, führte ins vormalige Nazideutschland, dessen Bewohner nach Kriegsende nicht mit einem Schlag auch ihre Gesinnung abgelegt hatten. Über deren Reaktionen auf die den Lagern Entkommenen breitete sich später Schweigen. Gustav Dallmann, eindrucksvoll rauh und unerbittlich dargestellt von August Zirner, kommt aus dieser Zeit und er ist es auch, der seinem Unmut über die Forscherin, die im Wald und damit in seiner Vergangenheit gräbt, schließlich Luft macht. Was geschieht, lässt die Regisseurin ebenso im Unklaren wie die nachkriegsdeutsche Vergangenheit düster und dunkel bleibt.

Foto:
©Verleih

Info:
Schweigend steht der Wald, Deutschland 2022
Regie: Saralisa Volm
Drehbuch: Wolfram Fleischhauer
Kamera: Roland Stuprich

Besetzung:
Henriette Confurius, Christoph Jungmann, Johanna Bittenbinder, Noah Saavedra, Astrid Polak, Robert Stadlober, August Zirner u.a.
90 Minuten