Serie: Die angelaufenen Filme in deutschen Kinos vom 13. März 2014
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) -. In der letzten Woche kam der hinreißende amerikanisch-deutsche Film „Die Bücherdiebin“ in die Kinos, der sogar in einigen Häusern läuft, die sich normalerweise auf Blockbuster beschränken.
DIE BÜCHERIEBIN
Mit ruhigen, fast gediegenen Bildern wird die Geschichte der neunjährigen Liesel (Sophie Nélisse) erzählt: Im Nazi-Deutschland, zwischen den Olympischen Spielen und der Reichspogromnacht, gerät sie in eine Pflegefamilie. Ihre Mutter, wahrscheinlich eine Kommunistin, muss die Kinder weggeben. Liesels Bruder stirbt auf der langen winterlichen Eisenbahnfahrt und wird irgendwo neben den Gleisen beerdigt. Dabei fällt dem Totengräber ein Buch aus der Tasche, das Liesel heimlich einsteckt. Die neue unwirsche Pflegemutter Rosa (Emily Watson) begrüßt das Kind mit, „Du Saumensch“, der Pflegevater Hans (Geoffrey Rush) dagegen umsorgt sie liebevoll und charmant.
Der Film ist die Adaption des Bestsellers DIE BÜCHERDIEBIN von Markus Zusak. Liesel ist Analphabetin, lernt aber mit dem neuen Vater das Lesen und erwischt auch bei den Bücherverbrennungen der Nazis einen Roman. Eines Tages verstecken die Pflegeeltern einen jüdischen Flüchtling, dem Liesel Bücher vorliest, die sie beim Bürgermeister heimlich ausleiht. Das Leben in der Kleinstadt wird härter, viele Männer werden in den Krieg getrieben, später fallen Bomben.
Die großen schönen Augen Liesels ziehen den Betrachter hinein in den Film, in dem vieles offen bleibt, denn es gibt keine Rückblenden oder Träume, die Vergangenes erklären. Der Film wird einzig aus Liesels Perspektive erzählt, vieles was sie einst erlebt hat, erfährt der Zuschauer also nicht. Erstaunlicherweise ist der Film sehr humorvoll, der kleine Freund Liesels, ein guter Läufer, malt sich für ein Wettrennen schwarz an. „Damit ich wie Jesse Owens aussehe“, erklärt er seinem Konkurrenten, einem hasserfüllten Hitlerjungen. Oder: mit einem Schneemann feiert die Pflegefamilie beim versteckten Juden Weihnachten im Keller. Es sind wunderbar poetische und zugleich komische Szenen, doch der Film gleitet niemals in eine Klamotte ab.
„Die Bücherdiebin“ ist ein komplexer Film über Freundschaften, alltäglichen Widerstand gegen die Nazis und die Veränderung von Beziehungen. Die böse Pflegemutter hat, wie kann es auch anders sein in einem amerikanischen Film, eigentlich ein gutes Herz. Vor allem aber ist es ein Film über die Kraft der Fantasie und der literarischen Imagination. „Durch Dein Vorlesen habe ich überlebt“, erinnert sich später der einst versteckte Jude.
Ein wenig nerven die englischen Schreibübungen und englischen Bücher, die ja eigentlich deutsche sind, und vor allem die Filmmusik. Jede Szene zwingt dem Betrachter durch die Musik eine vorgegebene Stimmung auf, als könne der Betrachter sie nicht von alleine empfinden. Aber über beides kann man freundlich hinwegsehen und hinweghören.
Ein sehr schöner und ruhiger Film trotz heftiger Wendungen und Ereignisse!
„Die Bücherdiebin“ USA/D 2013, 132 min. ab 6 Jahre
Regie Brian Percival, mit Sophie Nélisse, Emily Watson, Geoffrey Rush u. a.
NON STOP
Kommt einem alles bekannt vor, was Air Marshall in Person des Liam Neeson, auf seinen Flügen mitbekommt, die er getarnt als harmloser Reisender von den Passagieren erfährt, so daß dieser Film sogar als Thriller daherkommt.
SHANGHAI; SHIMEN ROAD
Ein Bildungsroman aus dem Fernen Osten, wo in Shanghai Kinder zu Jugendliche und Jugendliche zu Erwachsenen werden, wo heute Stille herrscht, wo Aufbegehren war. Der Film erinnert an die mit Staatsgewalt niedergeschlagenen Studentenunruhen von 1989.