janis victor lueders 14Der 2022 in drei Kinos aufgeteilte 33. Hessischen Film- und Kinopreis, hier in BAd Nauheim am Mittwoch, Teil 1

Katharina Klein 

Bad Nauheim/Wiesbaden (Weltexpresso) - Die Besonderheit der diesjährigen Verleihung der Hessischen Film- und Kinopreise, die im Singular erfolgen, aber mehrere Preise beinhalten, ist die Aufteilung auf drei Abende in drei Städten in drei Kinos. Am Abend in Bad Nauheim wird auch der Preis für den Hochschulabschlussfilm an Bente Rohde und Elisa Mand, der für den Kurzfilm an Nicolas Gebbe verliehen und es werden die Filme auch dem Publikum gezeigt.

Beim ersten von drei Kinoabenden zur Verleihung des 33. Hessischen Film- und Kinopreises hat der Filmverleih jip film & verleih GbR den Newcomerpreis erhalten. Vergeben wurden am Mittwoch in der FilmBühne Bad Nauheim auch die Preise in der Kategorie Kurzfilm an Nicolas Gebbe für „The Sunset Special“ und in der Kategorie Hochschulabschlussfilm an Bente Rohde und Elisa Mand (Hochschule Darmstadt) für „Ein Leben auf See“. Außerdem wurden acht nicht gewerbliche Kinos mit Kinopreisen ausgezeichnet. Die weiteren Preise werden am Donnerstag und Freitag in Kassel und Frankfurt vergeben. Eine Gala gibt es in diesem Jahr angesichts der von Corona- und Energiekrise getroffenen Kino- und Filmbranche nicht; die eingesparten Kosten kommen den Kinopreisträgern zusätzlich zugute.

„Der Film- und Kinopreis ist immer auch ein Anlass, um Danke zu sagen für die hervorragenden hessischen Produktionen und die tolle Kinoarbeit in ganz Hessen“, erklärte Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn. „Diesmal feiern wir die Film- und Kinobranche dort, wo der Film hingehört – in Kinos, vor Kinopublikum. Denn der Film braucht das Kino, das Kino braucht das Publikum, das Publikum braucht tolle Filme – und die werden auch in Hessen gemacht. Und wir wollen zusätzliche Aufmerksamkeit auf die hessenweite Vielfalt und Qualität der Kinos lenken. Die Neueröffnung der FilmBühne Bad Nauheim etwa mit ihrem besonderen Ambiente und ihrem anspruchsvollen Programm liegt erst wenige Monate zurück. Die Eröffnung mitten in der Pandemie ist ein Bekenntnis zum Kulturort Kino und seiner Zukunft, ein Mutmacher, dass man auch aus der Krise heraus mit neuen Impulsen starten kann.“

Über den Newcomerpreis, der eine gute Idee ist, an dem nur diese Anbiederung an das Englische nervt, werden wir noch einmal gesondert berichten, denn der Preis geht an einen Verleih, wo zwei Frauen mit Mut ein Ding auf die Beine stellen, wo die Filmbranche aufhorcht. „jip film & verleih legt einen Fokus auf politische und gesellschaftskritische Themen und bringt große und kleine Geschichten in die Kinos, die erzählt werden wollen“, erläutert Ministerin Dorn ihre Entscheidung zur Vergabe des mit 7.500 Euro dotierten Newcomerpreises. „Ich möchte damit auch auf die wichtige Rolle aufmerksam machen, die ein mutiger Verleih für die Qualität des Kinoprogramms spielt. Julia Irene Peters und Jutta Feit haben ihr gutes Gespür für hervorragende Filme bereits mehrfach unter Beweis gestellt: ,The Other Side Of The River‘ von Antonia Kilian gehört zu ihrem Katalog, Gewinner des Hessischen Filmpreis in der Kategorie Dokumentarfilm 2021 und dieses Jahr Bester Dokumentarfilm beim Deutschen Filmpreis, ebenso wie der kosovarische Spielfilm ,Hive‘, der vor einigen Wochen deutschlandweit im Kino gestartet ist und Anfang des Jahres sogar auf der Shortlist für den Auslands-Oscar stand.“ Verleihe besitzen die Rechte für die Auswertung von Filmen, deren Präsentation im Kino sie organisieren und durch Werbung und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen. Die jip-Gründerinnen Julia Irene Peters und Jutta Feit haben 2017 ihre langjährigen Erfahrungen in der Filmbranche gebündelt. Sie arbeiten eng mit Regisseurinnen und Regisseuren, Produzentinnen und Produzenten sowie Kinobetreiberinnen und -betreibern zusammen.

Den mit 7000 Euro dotierten Preis für Nicolas Gebbe in der Kategorie Kurzfilm begründet die Jury so: „Der experimentelle Kurzfilm ,The Sunset Special‘ führt uns mit animierten Bildern, die Computerspielen ähneln und begleitet werden von unmoduliert gesprochen Texten, in die digitale Wunschwelt der scheinbar erstrebenswerten Individualität und Exklusivität. Als Teil einer Multimediaausstellung löst er die digitale Repräsentanz in unserem Leben auf. Das schönste Boot, die schönste Insel, das tollste Hotel, eine exklusive Urlaubsreise präsentiert uns der Protagonist des Films. Sehnsüchte werden von einer realitätsfremden Bilderwelt in den sozialen Medien geweckt und zugleich dort als individuelles Erleben präsentiert. Reale und digitale Welten, die Grenzen verschwimmen. Welche Einflüsse der digitalen Traumwelten bestimmen und spiegeln die individuelle Wirklichkeit? Brisante Fragen von gesellschaftlicher Relevanz, die humorvoll, attraktiv und beängstigend zugleich gestellt werden. Ein überaus kluger Film, der sehr nachdenklich stimmt.“ Außerdem nominiert waren in dieser Kategorie die Filme „Kirschknochen“ von Evgenia Gostrer und „Nemesis“ von Philipp Mehler und Dominik Hilfenhaus.

Den ebenfalls mit 7000 Euro dotierten Preis in der Kategorie Hochschulabschlussfilm bekommen Bente Rohde und Elisa Mand aus dem Studiengang Motion Pictures der Hochschule Darmstadt. Die Jury begründet die Entscheidung so: „Drehen auf einem Schiff ist schon technisch eine große Herausforderung. Doch nicht nur das haben Benthe Rohde und Elisa Mand bravourös gemeistert. In ihrem Film ,Ein Leben auf See‘ nehmen sie uns mit in die Welt von Krabbenfischern auf der Nordsee. Rohde und Mand beobachten ein kleines Team von drei Männern, die wochenlang auf dem Kutter zusammen auf engstem Raum leben und arbeiten. Wir erfahren von ihren Arbeitsbedingungen und wie sie mit ihren Gefühlen und Gedanken umgehen. Wir erleben ihre Ratlosigkeit und Existenzängste angesichts der geringen Fangquoten durch die Überfischung. Und wir erhalten einen Eindruck von Menschen, die zwei Leben zu bewältigen haben: eines auf See und eines an Land ¬– inklusive einer berührend-innigen Vater-Sohn Beziehung. Alles in einem Film, in atmosphärisch dichten Bildern. Ein Leben auf See ist eine erstaunlich reife Abschlussarbeit aus dem Studiengang Motion Pictures der Hochschule Darmstadt: Die privaten Einblicke in die Lebenswelt der Krabbenfischer fügen sich nach und nach ganz unangestrengt zu einem beeindruckenden Film über gesellschaftlich relevante Themen zusammen.“ Außerdem nominiert waren die Filme „Zoon“ von Jonatan Schwenk (Hochschule für Gestaltung Offenbach) und „Eines Vaters Liebe“ von Leon Schardt (Hochschule Darmstadt). Das Nominierungsgeld in den Kategorien Kurzfilm und Hochschulabschlussfilm beträgt jeweils 1.000 Euro.

Die Kinopreise für nicht gewerbliche Kinos gingen an: Murnau Filmtheater (Wiesbaden), Filmforum Höchst, Filmkreis – Das Unikino in Darmstadt, Kino Pupille (Frankfurt), Kommunales Kino Weiterstadt, naxos.Kino (Frankfurt), Kino des Deutschen Filmmuseums (Frankfurt), Caligari FilmBühne (Wiesbaden).

Foto:
Ministerin Dorn mit Julia Irene Peters und Jutta Feit
©Janis Victor Lüders

Info:
Der Preis in der Kategorie Dokumentarfilm, der Drehbuch-Preis und die Preise für gewerbliche Kinos wurden am 24. November von 19 Uhr an im BALi Kino in Kassel vergeben. Am 25. November wurde um 18 Uhr  im Eldorado in Frankfurt der mit dem Filmpreis ausgezeichnete Spielfilm zu sehen sein. An diesem Abend wird auch der Preis des Hessischen Rundfunks für die beste schauspielerische Leistung verliehen.

Informationen unter www.hessischerfilmpreis.de sowie auf den Social-Media-Kanälen des Filmpreises (@filmundkinopreis) und des HMWK (@hmwk_hessen).