call janeSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 1. Dezember 2022, Teil 2

Redaktion

Hollywood (Weltexpresso) - Wie erzählen Filmemacher und Filmemacherinnen eine Geschichte, die eigentlich nicht kontrovers sein sollte, aber es dennoch ist? Die eigentlich nicht als politisches Werkzeug von Regierung und religiösen Institutionen missbraucht werden sollte? Und obwohl der Supreme Court vor beinahe fünf Jahrzehnten darüber entschieden hat und die Mehrheit der Amerikaner*innen für Abtreibungen ist, bleiben die Rechte von Frauen ein kulturelles Minenfeld.

Der Grundstein für CALL JANE wurde vor fast sechs Jahren während eines Treffens der Autoren Hayley Schore und Roshan Sethi mit Kevin McKeon gelegt. McKeon, Verfechter von Abtreibungs- und Frauenrechten, war begeistert, als sie ihm erzählten, dass sie an einem Drama über Abtreibung arbeiteten, einem Thema, das er schon immer filmisch bearbeiten wollte.

„Nach dem Treffen hörte ich sechs oder sieben Monate nichts mehr von ihnen“, sagt McKeon. „Und dann riefen sie plötzlich an und sagten, das Drehbuch sei fertig. Ich las es und fand es toll. Ich schickte es an Robbie Brenner, die es auch toll fand. Wir optionierten es auf der Stelle.“

Die Geschichte berührte Brenner tief. „Ich musste den Film machen“, sagt sie. „Es ist erschreckend, dass wir uns im Jahr 2021 befinden und das Thema Abtreibung und Roe v. Wade immer wieder diskutiert wird. Marihuana ist in vielen Staaten legal und wird vermutlich auch auf Bundesebene legalisiert, doch noch immer hat eine Frau nicht das Recht, über ihren eigenen Körper zu bestimmen.“

Sie schickte das Drehbuch an ihren Produzentenpartner David Wulf, der genauso entschlossen war, den Film zu realisieren. Wulf merkt an, dass er nicht überrascht war, dass die Geschichte von CALL JANE Investoren abschreckte, sodass sie zu Beginn Schwierigkeiten hatten, die Finanzierung zu sichern. Was ihn dagegen überraschte, war, dass Menschen, die von sich behaupteten, sie unterstützten das Recht auf freie Entscheidung von Frauen, vor dem Projekt zurückschreckten.
Während die Dreharbeiten näherkamen, fiel Wulf auf, was bei dem Projekt gut gelaufen war. „Leute kamen an Bord, weil sie an das Projekt glaubten und die Rechte von Frauen ihnen ein echtes Anliegen waren. Das deckte sich mit dem, was Robbie immer gewollt hatte.“ Während der Vorbereitungen beriet sich das Team mit einigen der echten Janes. Brenner war fasziniert von ihrem großzügigen Bemühen um sichere Abtreibungen, bevor diese legalisiert wurden. „Es war sehr, sehr gefährlich“, hebt sie hervor. „Sie mussten unkonventionell denken. Was sie taten und was ihnen schließlich in relativ kurzer Zeit gelang, war geradezu revolutionär.“

Für einen Film über weibliche Selbstermächtigung, in dem hauptsächlich Frauen mitspielten, war es wichtig, die richtige Regisseurin zu finden. Brenner wandte sich an Phyllis Nagy, die nicht nur dafür bekannt ist, eine talentierte Autorin und Regisseurin zu sein, sondern auch für ihre umfangreiche Vorbereitung, ihre akribische Detailgenauigkeit und ihre differenzierte Annäherung an Szenen und Dialoge.

„Phyllis war unbeirrbar – während ihrer Arbeit und ihren Änderungen am Skript, bei der Auswahl der Drehorte, der Wahl der Verantwortlichen und beim Casting für den Film“, sagt Brenner. „Sie kümmerte sich sogar selbst um das Storyboard und die Shotlist des gesamten Films. Sie weiß genau, was sie will und wie sie drehen möchte.“

McKeon betont, wie gekonnt Nagy ein erwachsenes und sehr polarisierendes Thema aufgriff und es mit angemessener Würde umsetzte, und es dabei den Protagonist*innen erlaubte, menschlich und sympathisch zu erscheinen. Er fühlte sich durch Nagys selbstbewusste Art zu drehen bestätigt. Sie hatte ein sicheres Gespür und musste selten mehr als zwei Takes einer Szene drehen, was dem schmalen Budget vom CALL JANE entgegenkam.

Elizabeth Banks reizte das Kernthema der Geschichte – dass Frauen sich zusammentun, um Wissen zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen. „Ich hatte das Gefühl, mich einer langen Traditionslinie anzuschließen: Frauen, die sich umeinander sorgen und einander helfen“, sagt sie. „Sie reicht Tausende von Jahren zurück: Heilerinnen, Hebammen, die Roten Zelte (Menstruationszelte). Das waren gemeinschaftliche Erfahrungen. Phyllis trägt die Fackel weiter. Sie ist sich sehr bewusst, was diese Geschichte bedeutet und was sie zum Stillstand in Sachen reproduktive Rechte vermitteln möchte. Aber nicht mit dem Holzhammer, sondern sehr menschlich und nachvollziehbar.“

Sigourney Weaver hatte noch nicht von den Janes gehört, als sie das Drehbuch las. Sie war eine der wenigen Schauspielerinnen, die sich noch an das Leben vor Roe v. Wade erinnern kann. Während ihrer Studienzeit bekam Weaver deutlich mit, wie der verwehrte Zugang zu Verhütung und Abtreibungen das Leben von Frauen nachteilig beeinflusste.

„Es war früher ziemlich schlimm“, sagt sie. „Das Drehbuch über Frauen, die sich heimlich zusammentaten, um sich um andere Frauen zu kümmern, hat mich sehr berührt. Ich wollte dabei sein. Die Schauspieler*innen und die Crew, die Phyllis zusammenstellte, war voller Elan und mit Hingabe dabei, diese Geschichte zu erzählen.“

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©Verleih

Info:
Call Jane (USA 2022)
Genre: Drama
Filmlänge: ca. 122 Min.
Regie: Phyllis Nagy
Drehbuch: Hayley Schore, Roshan Sethi
Darsteller: Elizabeth Banks, Sigourney Weaver, Kate Mara, Chris Messina, Cory Michael Smith, Wunmi Mosaku u.a.
Verleih: DCM
FSK: ab 12 Jahren