10 Scan Juwelen A 1930 Filmarchiv Austria 495x278

UNHEIMLICH FANTASTISCH – E.T.A. HOFFMANN 2022 im Deutschen Romantik-Museum Frankfurt, Teil 7

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – All zuviel weiß man über diesen späten Stummfilm nicht. Es war sehr sinnvoll, daß vor Beginn der Vorstellung am Dienstag, 17. Januar, von Oliver Hanley eine geschichtliche Einordnung erfolgte, dernach der ursprüngliche österreichische Film, JUWELEN genannt und 1929 gedreht, 96 Minuten dauerte, es liegt aber nur noch eine einzige Kopie vor, die zudem nur noch zwei Drittel, nämlich 64 Minuten dauert und jetzt den Titel SENSATION IM DIAMANTEN-CLUB hat.

 

murnaugesellschaftUnter diesem Titel kam der Film auch 1930 in deutsche Kinos. Bei der kürzeren Fassung erkennt man am Ablauf nicht, welche Stellen weggefallen sind. Ehrlich gesagt, ist es auch schwierig, aus der literarischen Vorlage des Fräulein von Scuderi (1819) von E.T.A. Hoffmann die Geschichte zu rekonstruieren. Dort wird ein Mörder gesucht, den man dann in einem Schmuckenthusiasten, ein Künstler, der seine Werke zwar verkauft, aber sich auf perfide Art wieder aneignet. Das literarische Geschehen führte dazu, die Erzählung als die erste Kriminalgeschichte in deutscher Sprache zu bezeichnen. Wie schon im modernen Film CARDILLAC und ebenso in der Oper ‚Cardillac‘, die Paul Hindemith 1926 vertonte, geht es um die ausufernden Leidenschaften, eigentlich die Psychopathologie, die in manchen Juwelen auslösen, übrigens wirklich eine anerkannte Psychokrankheit, zudem sind Juwelen ein klassisches Raubmotiv, das bis heute etliche Filmklassiker hervorgebracht hat. In diesem Film ist beides zu sehen und außerdem ist es einer der Filme, der aus der Walzerseligkeit Wiens ausschert und wie sehr viel später DER DRITTE MANN die dunkle Seite Wiens zum Vorschein bringt. Dort geht ein Raubmörder um. Die Zeitungen berichten fortlaufend darüber und als seitens der Polizeistellen eine Belohnung für denjenigen ausgelobt wird, der den Täter identifiziert, überlegen sich der Chefredakteur der ‚Trompete‘ und der junge Kollege Robert Sonnweg, wie man durchaus auch zur Auflagensteigerung den Raubmörder stellen könnte, auf dessen Spuren sich nun Robert Sonnweg begibt. Wir verfolgen nun also, wie sich der verfolgende Journalist auf die Spuren des Juwelenräubers und Mörders begibt.

Aus dem ältlichen Fräuleins von Scuderi ist also ein junger Zeitungsredakteur geworden, der noch dazu schmuck aussieht. Das wird im Film, in dem die Personen, besser: ihre Gesichter in Großaufnahmen auf der Leinwand erscheinen, dem Zuschauer klar, daß es sich bei den drei Hauptpersonen um sehr gut aussehende zwei Herren und eine Dame handelt. Daß gleichzeitig der Stummfilm die Darsteller zwar reden läßt, aber der Zuschauer sie nicht hören kann, führt dazu, daß die Schauspieler im modernen Begriff Overacting vollführen. Das heißt, daß sie sich in übertriebener Weise der nonverbalen Ausdrucksmittel bedienen, hier vor allem der Mimik, aber auch der Gestik. Die Kamera liebt diese Gesichter und wenn eben von der übertriebenen Mimik gesprochen wurde, muß man dies konkretisieren. Denn diese Übersteigerung im Gesichtsausdruck wechselt nicht ständig, sondern teilweise wird insbesondere beim Täter, der sich ja auch im Wahn, im Schmuckrausch befindet, die Einstellung über viele Sekunden angehalten, es entsteht dadurch eine Verlangsamung und eine unglaubliche Präsenz der Gesichter auf der Leinwand. Eindrucksvoll.

Höchste Zeit, die Geschichte zu erzählen, wie sie weitergeht, wenn sich Robert Sonnweg nun anschleicht an den Täter und dazu die phantasievollsten Verkleidungen wählt, damit seine Person nicht so auffällt. Das sind nicht nur Verkleidungen, also Kleider, sondern köstliche Masken, so daß man wirklich Mühe hat, den Darsteller wiederzuerkennen. Die große Lust daran ist dem Schauspieler und der Kamera anzumerken. Und so wandlungsfähig Robert ist, so starr muß seine Angebetete agieren, also eben nicht agieren, sondern einfach sein. Denn sie verfällt in den Szenen, in denen der Schuft agiert, gewissermaßen einem sich wiederholenden Starrkrampf. Sie ist also geistig, seelisch die meiste Zeit weggetreten. Abgesehen davon, daß das sehr dekorativ aussieht und Action bedeutet, weil ständig jemand zu ihr eilt, kann man dramaturgisch darin keine Funktion erkennen.

Formal sind alle Kameraeinstellungen, die das Schwarzweißkino auszeichnen vorhanden: Schatten, Überblendungen, strahlendes Licht, Dämmerung und dramaturgisch gibt es genug Action, Ringkämpfe u.a.

Es ist ein Luxus, den man gerne annimmt, daß den Stummfilm lebendige Musik begleitet. Was Pianist Uwe Oberg genau gespielt hat, weiß ich nicht, aber die perlenden Töne sind etwas, was man nach der Vorstellung noch im Gemüt mitnimmt.

 

Foto:

Info:

Regie: Hans Brückner

Drehbuch: Nach Motiven von E.T.A. Hoffmann

Besetzung

Oscar Beregi Sr.

Alexander Critico

Beate Tyrolt

Maria Sorell

Produktionsland Österreich

Produktionsjahr 1930

Sprachen Stumm, Deutsch

Farb-Format Schwarz-Weiß