Bildschirmfoto 2023 01 29 um 02.13.00

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. Januar 2023, Teil 17

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) - In einer Schlüsselszene, einer Streit- szene zwischen Claudia und Bobby, fragt Claudia: „Was ist denn eigentlich in dich gefahren?“
Darauf Bobby: „Der Caveman! [...] Hör zu, ich bin ein Caveman...das ist das coole Wort für „Höhlenmann! Du bist eine Sammlerin.“
„Ah, da gibt`s wahrscheinlich kein cooles Wort für...?“
„Nee.“

 

Kurz zuvor ist Bobby dem Caveman und damit seinem Alter Ego aus der Steinzeit begegnet. Nun sieht er sich als Mann auf seine Ursprünge und Vorfahren zurück- geworfen und zieht daraus seine Erkenntnisse für das heutige Zusammenleben von Mann und Frau.

Der Höhlenmensch als Synonym für den Urmenschen kam erst im 19. Jahrhundert auf. Weil Paläontologen die meisten altsteinzeitlichen Siedlungen in Höhlense- dimenten fanden, prägten sie den Begriff des Homo spelaeus („Höhlenmensch“). Ihm wurde später gern der „Kulturmensch“ gegenübergestellt, der nicht län- ger in Felshöhlen oder Erdhöhlen hauste, sondern sich durch die Fähigkeit zum Hausbau und zur Landwirt- schaft auszeichnete.

Umgangssprachlich wird der Höhlenmensch bis heute gern auf Menschen mit archaischen und ausgeprägt schlechten Umgangsformen angewandt. Oder anders gesagt: auf Männer. Diesen Umstand nutzte 1991 auch der amerikanische Comedian Rob Becker für sei- ne Broadway-Inszenierung „Defending the Caveman“. In einer Mischung aus Stand-up-Comedy, Therapiesit- zung und Ein-Mann-Theaterstück konzentrierte sich Be- cker vor allem auf die Beziehung zwischen Männern und Frauen und wie sich das Zusammenleben in den letzten 400.000 Jahren (nicht) entwickelt hat. Der Is-

länder Óskar Eiríkson brachte den Broadway-Hit „De- fending the Caveman“ mit seiner Firma Theater Mogul nach Europa. Im Jahr 2000 kam das Stück unter dem Namen „Caveman“ erstmals auf eine deutsche Büh- ne. Kristian Baader hatte es übersetzt und für hiesige Befindlichkeiten adaptiert, außerdem verkörperte er den Caveman. Die Regie übernahm Esther Schweins, die von 1993 bis 1998 als Gründungsmitglied der Comedy-Kultsendung „RTL Samstag Nacht“ alles über Timing und Humor gelernt hatte.

Zu den ca. 4,8 Millionen deutschen Zuschauer*innen, die „Caveman“ seither im Theater sahen, zählte da- mals auch Filmproduzent Christoph Müller. „Ich habe das Stück in München und später in Berlin gesehen. Es war immer großartig, weil ich auf der Bühne so Vieles wiedererkannt habe, was ich von zu Hause, also aus dem wahren Leben kenne.“ Der Produzent erkannte das große Potenzial des Stoffes für eine Kinokomödie und wollte für seine damalige Firma die Filmrechte si- chern. Diese waren allerdings schon anderweitig ver- geben.

Die Jahre zogen ins Land, „Caveman“ füllte weiterhin am Broadway und in immer mehr Ländern die Thea- tersäle, Christoph Müller produzierte vielbeachtete Leinwanderfolge wie SOPHIE SCHOLL – DIE LETZTEN TAGE (2005), GOETHE! (2010) und ER IST WIEDER DA (2015). Als der Produzent mit Regisseur Philipp Stölzl die Kinoadaption des gefeierten Bühnenmusicals „Ich war noch niemals in New York“ vorbereitete, traf er erstmals mit der Autorin und Regisseurin Laura Lack- mann zusammen. „Ich sollte an einem Drehbuch für einen Film von Philipp Stölzl mitarbeiten und besuchte deshalb Christoph Müllers Büro“, erinnert sich Laura Lackmann, die zuvor Sarah Kuttners Buch „Mängelex- emplar“ für die Leinwand adaptiert hatte. Dort fiel ihr Blick auf ein „Caveman“-Plakat an der Projekte Wand: „Da hab‘ ich sofort sehr deutlich gemacht, dass mich dieses Projekt besonders reizen würde“, sagt Laura Lackmann, die „Caveman“ schon im Jahr 2001 auf einer Berliner Bühne gesehen hatte. „Der Onkel einer guten Freundin aus Island hat damals geholfen, das Stück nach Deutschland zu bringen“, erklärt die Re- gisseurin. „Diese Mischung aus Comedy und Theater, gab es in Deutschland damals noch nicht, es war also ein besonderes Erlebnis an das sich heute noch Viele erinnern.“

Christoph Müller lud Laura Lackmann ein, sich „Cave- man“ einmal gemeinsam anzuschauen. „Es war immer noch großartig und immer noch ausverkauft“, sagt der Produzent über den langanhaltenden Erfolg des Stü- ckes. Da es noch immer keinen Kinofilm zu „Cave- man“ gab, bemühte sich Christoph Müller erneut um die Rechte. Erste Ideen, wie das Stück von der Bühne auf die Leinwand kommen könnte und wer die Hauptrolle spielen sollte, hatten er und Laura Lackmann bereits entwickelt. „Einige Tage später rief Christoph Müller mich wieder an und sagte ganz enttäuscht, dass die Rechte bei der Constantin Film liegen“, sagt Laura Lackmann. „Damit war das Wunschprojekt für uns beide ausgeträumt.“
Nur einen Monat später rief Christoph Müller erneut bei der Regisseurin an: „Er sagte, es sei etwas ganz Unglaub- liches geschehen: Ihm wäre ein Posten bei der Constantin Film angeboten worden, den er annehmen würde. So konnte er sich für uns wieder um die Rechte bemühen. Es war also Schicksal, der Film wollte zu uns.“ Bei der Cons- tantin gingen die Pläne allerdings schon in eine andere Richtung: „Der Lizenzgeber Óskar Eiríksson wollte aus dem Stoff eine Fernsehserie machen, weil er einen Kinofilm als zu große Konkurrenz zum Bühnenstück ansah“, erklärt Christoph Müller. „Ich war aber immer davon überzeugt, dass der Film und das Stück sich gegenseitig befeuern werden.“ Zum Projekt hinzu kamen außerdem Produzentin Patricia Schnitzler und Producerin Lydia Elmer. Gemein- sam arbeiteten sie mit Laura Lackmann intensiv intensiv an einem Treatment, das Óskar Eiríksson schon beim ersten Treffen überzeugen konnte. Der Weg für den Kinofilm CAVEMAN war endlich frei.


VON DER BÜHNE AUF DIE LEINWAND: EIN “STAND- UP-MOVIE”

„Wir hatten sofort einen guten Draht zu Óskar Eiríkson“, erinnert sich Laura Lackmann. „Ihm war wichtig, dass der Film keine Aufrechnung zwischen Mann und Frau wird: Wer ist besser, wer ist schlechter? Darum geht es nicht.“ Für die Regisseurin und Autorin ist CA- VEMAN in erster Linie eine Liebesgeschichte: „Es geht um einen Mann, der permanent um seine Frau kreist. Weil er sie liebt, aber anders handelt als sie, gibt er alles um seine Frau zu verstehen.“ Mit diesem Gedan- ken im Hinterkopf, begann Laura Lackmann, das Dreh- buch zu schreiben. Dazu musste sie viele Figuren, die der Caveman im Ein-Mann-Theaterstück nur anreißt, zu eigenständigen Persönlichkeiten ausbauen, außer- dem mussten Anekdoten und Ideen zu einer schlüs- sigen Erzählung verwoben werden. „Die Bühnenvor- lage bietet viele kleine Details, die meine Phantasie angeregt haben, ein großes Netz um sie zu spinnen 
skeptisch, als ihm das Projekt angeboten wurde: „Im ersten Moment dachte ich, dass diese ganzen Unterschiede zwischen Männern und Frauen als Comedy-Sujet in den letzten 20 Jahren totgeritten wurden, aber dann las ich das Drehbuch und stellte mit großer Freude fest, dass Laura Lackmann daraus eine sehr heutige und moderne Geschich- te gemacht hat. Sie ist nicht in die Falle getreten, die vielen Männer-Frauen-Klischees oberflächlich aufzugreifen, sondern sie hat tolle Figuren geschaffen, die uns Schauspielern lustiges und hintergründiges Spielmaterial liefern.“

Der Zufall wollte es, dass Moritz Bleibtreu schon die ersten Karriereschritte der Regisseurin Laura Lackmann beglei- tete: „Sie hat 2006 an einem Kurzfilmfestival teilgenommen, bei dem den jungen Regiestudenten Paten zugewiesen wurden“, sagt Moritz Bleibtreu. „Ich war ihr Regie-Coach, und sie hat das Kurzfilmfestival gewonnen. Das ist jetzt 15 Jahre her.“ Der Hauptdarsteller hat seither Laura Lackmanns Werdegang nicht aus den Augen gelassen: „Sie ist unheimlich schnell und wahnsinnig ehrlich. Es gibt Regisseure, die nicht direkt benennen können, was sie wollen, aber Laura ist da sehr pragmatisch.“

Schon beim Schreiben des Drehbuchs wusste Laura Lackmann, welche große Aufgabe sie Moritz Bleibtreu auf- bürden würde: „Die besondere Herausforderung war, dass Moritz auf mehreren Ebenen spielen musste: Mal ist er im Jetzt Teil einer Spielszene, dann als Comedian auf der Bühne, der retrospektiv erzählt, dann durchbricht er die dritte Wand und bezieht das Kinopublikum mit ein. Dabei immer die Zusammenhänge der Geschichte im Auge zu behalten, zu wissen wo er sich gerade befindet, und dann auch noch wahnsinnig viel Text lernen zu müssen, war manchmal schon manchmal ein Mindfuck. Aber ich glaube Moritz mag es eher komplex, er gehört zu der Sorte Schauspielern, die viel anbieten und vor der Kamera immer wieder etwas Neues machen. Ich glaube es wird nie langweilig mit ihm, weil er sich selber nicht gerne langweilt.“

Bobby, bürgerlich Robert Müller, ist laut Moritz Bleibtreu ein „junger Mann, der irgendwann entschieden hat, ein ganz normales Leben mit seiner Frau Claudia zu führen.“ Der Film setzt aber zu einem Zeitpunkt ein, an dem die Beziehung ein bisschen eingerostet ist und Bobby damit konfrontiert wird, dass er in seinem Leben noch längst nicht alles ausprobiert hat, was vielleicht gut für ihn gewesen wäre. „Sein Traum ist es, Stand-Up-Comedian zu werden“, sagt Moritz Bleibtreu, „und jetzt schauen wir ihm dabei zu, wie er versucht, diesen Traum zu verwirklichen, und dabei gleichzeitig seine Beziehung zu Claudia retten muss.“ Laura Lackmann vermutet, dass Bobby in jene Falle getappt ist, in die viele Männer tappen: „Weil Bobby kein richtiges Vorbild hatte, er gab seinen Traum früh auf, und ging einen Weg den man als Mann zu gehen hat. Bobbys Vater hatte kein Verständnis dafür, dass der Sohn Comedian werden will. Wenn andere über einen lachen, meint der Vater, dann machen sie sich über ihn lustig. Die Frauen, die Bobby kennenlernte, wollten ihn verändern und nicht den Mann haben, der er eigentlich ist.“ So entschied sich Bobby für den soliden Beruf des Autoverkäufers und für das Dasein als frustrierter Single. „Sein Le- ben wurde erst besser, als er Claudia kennenlernte“, sagt Laura Lackmann. „Wenn man verliebt ist - das weiß man ja - läuft erstmal alles glatt, man ist sich einig. Dann ist dieser Unterschied zwischen Mann und Frau nicht so spür- bar. Tatsächlich ist das ja so weil sich die Hormonhaushalte beim Verliebtsein angleichen. Ist das nicht genial? So ist es anfangs auch bei Bobby und Claudia. Doch dann schwindet das Verliebtsein und es bleibt nur die Beziehung mit all ihren Erkenntnissen.“

Die Rolle von Bobbys Ehefrau, Claudia Müller, wurde mit Laura Tonke besetzt. CAVEMAN ist damit bereits das vierte Projekt von Laura Lackmann, in dem Laura Tonke mitspielt. Dagegen war die Zusammenarbeit mit Moritz Bleibtreu eine Premiere: „Wobei ich mich wunderte, warum mir Moritz von Anfang an so vertraut vorkam. Bis mir dämmerte, dass ich einfach meine ganze Jugend hindurch Filme mit ihm gesehen hatte, aber glücklicherweise mochte ich ihn dann auch in echt sehr gern“, sagt Laura Tonke. Der Hauptdarsteller genoss die Arbeit mit seiner Kollegin: „Laura Tonke ist ein ganz großer Zugewinn, weil sie eine grandiose Schauspielerin ist.“ Schon beim Casting spürte Regisseurin Laura Lackmann, dass der Funke in dieser Film-Ehe zischen Moritz und Laura sofort über- sprang: „Beide hatten sehr große Lust, miteinander zu spielen, und sie hatten sehr großen Respekt vor allem, was der andere kann. Für mich war das ein großes Geschenk, weil sie sich bei der Arbeit gegenseitig gepusht haben. Das ist bei Schauspielern ähnlich wie bei Sprintern.“

Produzent Christoph Müller empfindet Laura Tonkes Rolle als einen zentralen Baustein des Films: „Claudia ist die Frau, um die es die ganze Zeit geht. Im Bühnenstück sieht man sie nicht. Das Publikum hört nur von ihr und muss sich in der Phantasie ausmalen, wie sie aussieht und wer sie ist. Im Film mussten wir Claudia ein Gesicht und einen Charakter geben.” Patricia Schnitzler fügt hinzu: „Laura Tonke hat das großartig gespielt, mit einem ganz besonders trockenen Humor. Sie bietet eine gute Projektionsfläche, insbesondere für die Frauen, die diesen Film im Kino sehen.“ Laura Lackmann ergänzt: „Schaut man sich das Theaterstück an, dann merkt man schnell, dass die Frau dem Mann in den meisten Situationen um eine Nasenlänge voraus ist. Das war auch eine wichtige Regel für unseren Film, als wir die Rolle der Claudia entwickelten.“

„Ich bin Claudia Müller, und mir reicht’s!“ ist Laura Tonkes Lieblingssatz des Films. „Claudia ist sehr viel cooler als Bobby sie wahrnimmt. Wenn er dem Publikum von ihr erzählt, ist das seine verfremdete Sicht. Claudia liebt Bobby sehr und teilt ihr Leben mit ihm, aber an diesem Punkt des Films gibt es eine Krise: Sie ist nicht mehr damit einver- standen, was Bobby macht und wie er es macht.“ Laura Tonke hauchte ihrer Rolle mit großer Freude Leben ein: „Zum einen hat Laura Lackmann diese Figur wahnsinnig toll geschrieben und zum anderen hat sie am Set noch tausend neue Ideen, die alle Grenzen sprengen. Das führt beim spielen zu einer unendlichen Freiheit und der Mög- lichkeit zum quatschig sein, ein Zustand den ich beim Arbeiten suche.“ Die Regisseurin gibt das Kompliment zurück: „Für mich ist es ein Geschenk, eine Freundin zu haben, die auch eine tolle Schauspielerin ist. Ich muss Laura Tonke bei der Arbeit nur anschauen, und wir wissen beide sofort gegenseitig, was wir denken und fühlen.“


Foto:
©Verleih


Info:
Stab

Regie.  Laura Lackmann
Buch:   Laura Lackmann

Darsteller
Moritz Bleibtreu (Bobby)  
Laura Tonke (Claudia) 
Wotan Wilke Möhring (Hoffmann) 
Martina Hill (Nike)
Alexandra Neldel (Saskia) 
Jürgen Vogel (Alex)
Thomas Hermanns (Thomas)  
Guido Maria Kretschmer (Guido)  
Esther Schweins (Dr. Ekjulat)  

Abdruck aus dem Presseheft