„Ich betrachte die Rolle, die man mir anvertraut hat, als großes Privileg. Bozen ist eine kulturell reiche Stadt, mit lebendigen kulturellen Institutionen in einer Region von vielen Formen, Identitäten und Sprachen. Eine Stadt, die gleichzeitig tief in der Geschichte des Landes verwurzelt ist und mit offenen Augen neugierig in die Welt blickt – ein günstiger Ausgangspunkt für ein Festival mit großem Potential“, erklärt Vincenzo Bugno.
Kino als Ort
Bugno kommt mit großen Erfahrungen und einer klaren Vorstellung davon, wie ein Festival gemacht werden sollte, nach Bozen: „Ich bin der Meinung, dass Kino als Moment des Teilens bzw. der Gemeinschaft betrachtet werden sollte. Ich glaube an das Kino als Ort. Im Deutschen steht der Ausdruck Kino sowohl für die dazu gehörige Kunstform, als auch für den Ort, an welchem Filme gezeigt werden. Unsere Aufgabe ist, diesen Ort als einen zu bewahren, an dem mehr geschieht als bloß eine Projektion, die auch anderswo erhältlich ist.“
Identität und Grenzzonen
Der neue künstlerische Leiter wird sich mit der Identität des Festivals, welches stark am alpinen Raum und seinen Grenzzonen hängt, befassen und diese weiterführen. „Jedoch möchte ich diese Idee der Grenzen weiterentwickeln, denn Grenzen und Minderheiten sind ein viel breiteres kulturelles Gepäck, das nicht nur mit den Alpen verbunden ist. Grenzen sind auch dazu da, überschritten oder aufgehoben zu werden. Der Wettbewerb wird sich auf Länder konzentrieren, die ebenfalls an die Alpen grenzen, aber wahrscheinlich auf andere Art, um sich somit für andere europäische und auch außereuropäische Welten zu öffnen".
Daher auch die erste Neuigkeit der kommenden Ausgabe des Festivals 2023:
Die Sektion Focus Europa - ein europäisches Gastland des Festivals wird ausschließlich dem Kino der spanischen Region Galizien gewidmet sein.
Fiktion und Dokumentarfilme in ein und demselben Wettbewerb, zeitgenössisches Kino
Das Festival wird außerdem auf eine zeitgenössische Perspektive von Kino aktualisiert, welche eine Unterteilung in Genres oder die vermeintliche Repräsentation von Realem und Nicht-Realem nicht mehr duldet. "Es wird nicht mehr zwei getrennte Wettbewerbe geben, sondern Spiel- und Dokumentarfilme konkurrieren gemeinsam um einen einzigen Preis, nämlich den des besten Films“, so Bugno.
Aktiver Austausch mit dem Publikum
Laut Bugno muss sich das „Kino als Ort“ in Zukunft Herausforderungen stellen, welche unter anderem die Realisierung einer „audience strategy“ voraussetzt. „Es geht darum, sich wissenschaftlich mit den Sensibilitäten, Bedürfnissen und Möglichkeiten der Einbeziehung diverser Zielgruppen auseinanderzusetzen. Das bedeutet nicht, einfache Erfolge zu suchen, sondern ein Programm zu präsentieren, dessen Potential man optimiert, sodass ein Festival für die ganze Stadt entsteht.“
2023: ein Festival der Transitionen
Nach 35 Jahren unter der Leitung von Martin Kaufmann und später Helene Christanell kann das Festival 2023 laut Bugno "nur eine Brücke sein. Es ist keine Zeit für Revolutionen, wenn diese überhaupt nötig wären. Es wird ein "reformistisches" Festival sein, eine Veranstaltung zur Erweiterung des Horizonts für Filme neuer Länder. Und wir bieten auch eine Reihe von Masterclasses an, die sich mit dem Thema Kino befassen und dieses dem Publikum zugänglich machen".
Eröffnungsfilm des BFFB 2023
Der Film „Vera“ von Tizza Covi und Werner Frimmel - wiederkehrende Gäste des BFFB - wird das Festival am 18. April 2023 eröffnen.
Vera Gemma, die Tochter des italienischen Stars Giuliano Gemma, steht im Mittelpunkt dieses Werks, das bei den Filmfestspielen von Venedig mehrfach ausgezeichnet wurde (beste Regie und beste weibliche Darbietung in der Sektion Orizzonti), das auch bei der letzten Viennale großen Erfolg hatte.
Spätestens seit "Babooska" (2005), "La pivellina" (2009), der Film wurde mit Preisen überhäuft und vertrat Österreich bei den Oscars) und "Mister Universe" (2017) ist das Duo, bestehend aus der Boznerin Tizza Covi und dem Wiener Rainer Frimmel, eine feste Größe im zeitgenössischen Kino.
Final Touch #8: Anmeldungen bis Ende Feburar
Bis 28. Februar können Bewerbungen für Final Touch #8: INTENSE FEEDBACK FROM EXPERTS, ein mit IDM (Innovators, Developers, Marketers Südtirol) organisiertes Projekt, das junge Filmemacher:innen bei der Perfektionierung ihrer Filme oder Dokumentarfilme für das Kino unterstützen soll, eingereicht werden.
Filmemacher*innen aus Italien, Österreich, Deutschland, der Schweiz und Galizien (Gastland 2023)
können ihr Projekt beim Festival einreichen, um einen professionellen Einstieg in die Welt des Films zu finden. Alle Informationen zur Anmeldung finden Sie unter:
www.filmfestival.bz.it
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Info:
Die nächste Ausgabe des Festivals, vom 18. – 23. April 2023!
Vincenzo Bugno wurde in Venedig geboren, wo er am 'Dipartimento di Storia e Critica delle Arti' (Universität Ca' Foscari) einen Abschluss in Moderner Literatur/Filmgeschichte machte. Er lebt hauptsächlich in Berlin. Heute ist Vincenzo Bugno Direktor der Institution "Berlinale World Cinema Fund/WCF", die sich im Laufe der Jahre als eine der dynamischsten Einrichtungen zur Unterstützung internationaler Filmproduktionen mit einer starken künstlerischen/kulturellen Identität und der Zusammenarbeit zwischen deutschen/europäischen Produzenten und Regisseuren/Produzenten aus außereuropäischen Regionen etabliert hat. Seit 2019 ist Vincenzo Bugno auch Kurator des "Torino Film Lab (TFL) / Feature Lab", einer der renommiertesten Institutionen, die im Bereich "Kino im Aufbau" tätig sind.
Seit 2002 arbeitet er mit der "Berlinale" zusammen, wo er mit Unterstützung der Festivaldirektion das Projekt "Berlinale World Cinema Fund" konzipiert und entwickelt hat. Im Rahmen der Berlinale war er außerdem Berater für Italien (2005/2019), für Maghreb / Mashrek (2006/2018) sowie Mitglied der Wettbewerbsauswahlkommission des Festivals (2013/2019).