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Paris (Weltexpresso) - Appetit Wird oft synonym mit Hunger verwendet, bezeichnet aber nicht das generelle Verlangen nach Nahrung, sondern die lustvoll geprägte Sehnsucht, etwas ganz Bestimmtes zu essen. Der Norddeutsche sagt übrigens auch: einen Jieper auf etwas haben. Zum Beispiel auf einen köstlich zubereiteten → Schweinsfuß im französischen
Edelrestaurant, bei gediegenem Kerzenschein in gehobener Atmosphäre. A. ist aber nicht nur auf den ganz feinen Geschmack reduziert. Auch ein billiger Burger mit fettigen Fritten vom Fast-Food-Schuppen des Vertrauens kann zur Not den A. befriedigen.
Aroma Der spezifische, meist stark ausgeprägte Geruch oder Geschmack von Genuss- oder Arzneimitteln. Ein A. wird meist durch den Geruchssinn wahrgenommen, wenn bei der Nahrungsaufnahme Aromastoffe über die Rachen-Nasen-Verbindung an die Riechschleimhaut in der Nase gelangen. Ein A. kann würzig oder kräftig, natürlich oder künstlich sein. Vor allem ist es beim Genuss leckerer Speisen aber absolut essenziell für den leckeren → Geschmack. Oder wie Roger Whittaker schon wusste: Ein bisschen Aroma, ein bisschen Paloma, ein bisschen Chichi brauch ich heute, Cherie.
Austern Kulinarisch zählen die essbaren Arten von Muscheln, die alle zur Familie der Austern gehören, zu den Meeresfrüchten. A. wurden schon immer gerne von Menschen verspeist. Während sie in Europa üblicherweise roh gegessen wird, brieten die frühzeitlichen Ureinwohner Amerikas A. über dem Feuer. Die in der griechischen Antike hergestellte Verbindung zu der „aus dem Schaum des Meeres geborenen“ Liebesgöttin Aphrodite bekräftigt bis heute den Mythos der aphrodisierenden Wirkung der schleimigen Delikatesse, die bevorzugt noch lebend und mit frischem Zitronensaft goutiert wird. Wohl bekomm‘s!
Bonbon Der Fachbegriff lautet Karamelle. Der Österreicher sagt Praline. Die meisten aber kennen die zum Lutschen bestimmte Süßigkeit, die durch Einkochen von einer Zuckerlösung mit Stärkesirup oder Invertzucker hergestellt wird, als B. Durch die beim Einkochen verwendeten Aromen erhält das B. seinen Geschmack – fruchtig, schokoladig oder auch eisig und würzig, wenn der Atem erfrischt oder eine Erkältung bekämpft werden soll. B. erfreuen sich in unzähligen Formen, Farben, Geschmacksrichtungen und grammatikalischen Geschlechtern großer Beliebtheit. Und das schon ewig. Bereits im antiken China gab es aus Honig gefertigte Süßwaren, die dem B. von heute nicht unähnlich sind.
Fahrrad Nach seiner Erfindung im Jahr 1818 eroberte das F. die Welt im Sturm. Heute dient der zuverlässige Drahtesel zumeist als emissionsfreier und kostengünstiger Auto-Ersatz oder als flexibles Sportgerät zum Abbau überschüssiger Pfunde. Wenn einen die → Leidenschaft für gutes Essen in die entlegensten japanischen Bergregionen führt, wird das F. gar zum Retter in der Not und der → Appetit zum Motor, der selbst den bewegungsscheuesten Küchenchef mit voller Kraft in die Pedale treten lässt.
Geschmack G. hat man oder man hat ihn nicht und streiten lässt sich bekanntlich auch nicht darüber. Das gilt für die Mode ebenso wie für die Kulinarik. Nichtsdestotrotz übertreffen sich → Kochwettbewerbe mit → Leidenschaft darin, den G. des liebevoll gekochten Essens zu bewerten und zu maßregeln. Die → Austern zu sandig, der → Schweinsfuß zu zäh: Leicht haben es Küchenchefs nun wirklich nicht. Um den G. ihrer Kundschaft zu treffen, müssen sie erfinderisch bleiben. Auf der Suche nach dem perfekten G. reist so mancher um die halbe Welt und stößt in den entlegensten Winkeln Japans auf die geheimnisvolle Geschmacksrichtung → Umami, die selbst die fadesten Gerichte in wahre Köstlichkeiten verwandelt.
Influencer Mehr oder weniger authentische Werbe-Ikonen für ihre Fans, menschgewordene Litfaßsäulen für ihre Kritiker – kaum eine Berufsgruppe spaltet die Gemüter derart wie die der I. Auch vor der Gastronomie macht der I.-Boom keinen Halt. Food-Blogger, Google-Rezensenten und Instagram-Hobbyfotografen sind aus der Kritikerwelt längst nicht mehr wegzudenken. Die Zeiten, in denen man nach einem unbefriedigenden Restaurantbesuch schlicht nicht wieder kam, sind vorbei. Heute muss es dann schon der gehässige Tweet oder der Shitstorm im Web sein – schöne neue Marketing-Welt. Kein Wunder also, dass sich so manch alternder Küchenchef zurücksehnt in die Zeit, als es noch auf den → Geschmack des Essens ankam und nicht auf die Sternebewertung im Internet.
Kapselhotel Eine in Japan verbreitete Art des Hotels, die sich vor allem in der Nähe von Bahnhöfen großer (oder auch: kleiner) Beliebtheit erfreut. Für Reisende bietet der auch Waben-, Schließfach- oder Sarghotel genannte Mini-Unterschlupf eine preiswerte Unterkunft für die Nacht: Kopfkissen, Decke und gerade mal genug Platz, um die für eine Nacht. Für Menschen, die noch einen Hauch mehr Luxus brauchen, gibt es manchmal auch einen Fernsehbildschirm.
Kochwettbewerb Für viele ist Kochen vor allem eine → Leidenschaft. Liebevoll nennt man ihn auch den Sex des Alters. Zum Abschalten, Kreieren und hinterher Kredenzen. Ein Hobby wird da schnell zur Gewohnheit – und der Akt des Schnibbelns, Würzens, Umrührens und Abschmeckens zum kreativen Geschäft, in dem man immer besser wird. Aber wie viel besser eigentlich? In K. wie „The Taste“, „Grill den Profi“ oder „Das große Backen“ kann man im großen Format gegen kulinarische Kontrahenten antreten. Nur zum Spaß versteht sich. Wobei ein bisschen Ehrgeiz für manch einen auch das Salz in der Suppe, also das → Aroma in den → Austern sein kann.
Leidenschaft Für den französischen Philosophen René Descartes sind die Leidenschaften als ganz „natürliche mentale Ausflüsse der kreatürlichen Körperlichkeit des Menschen“ zu verstehen – verpflichten ihn aber auch zu ihrer Kontrolle durch den Willen und zu ihrer Überwindung durch vernunftgelenkte Regungen. Für die meisten ist die L. so etwas wie das → Aroma des Lebens und der Seele – eine das Gemüt völlig ergreifende Emotion, die alle Formen der Liebe und des Hasses umfasst. Eine L. kann aber auch eine Lebensaufgabe sein, ein Zeitvertreib, ein spezielles Hobby. Ob kochen, Briefmarken sammeln oder Teil einer Familie zu sein – L. nimmt viele Formen an. Und lässt meist genug Platz für mehr als nur eine.
Ramen Japanische Nudelsuppe, die ihre Wurzeln in China hat, von der japanischen Küche aber im 19. Jahrhundert aufgegriffen und weiterentwickelt wurde. In sogenannten ramen-ja, Restaurants, die sich auf den Verkauf der herzhaften Nudelsuppengerichte spezialisiert haben, können sie nach persönlichem Geschmack geschlürft werden – mit Schweinebauch, Hühnchen oder auch vegan. Außerhalb Asiens wird es da schon schwerer. Manch einer kommt nur in den Genuss aufgebrühter Instantnudeln von der Kioskkasse. Dann heißt es: YumYum statt Umami.
Schweinsfuß Vorder- und Hinterfuß des Schweins unterhalb der Schweinshaxe, auch Spitzbein, Pfoten oder Pfötchen genannt. Während S. in vielen Teilen der Welt nur zur industriellen Herstellung von Gelatine verwendet werden, weil sie wenig Fleisch enthalten, gelten sie in manchen Ländern als absolute Delikatesse. Zum Beispiel in Frankreich. Der berühmte französische Spitzenkoch Paul Bocuse etwa köchelte sie gerne stundenlang in einem Gemüsesud und grillte sie anschließend in Semmelbröseln goldbraun. Die arme Sau!
Umami Ein Lehnwort aus dem Japanischen, das sich zusammensetzt aus „umai“ (dt. schmackhaft, würzig) und „mi“ (dt. Essenz). Eine spezifische Qualität des Geschmackssinns, die im Deutschen gerne mit „herzhaft“ oder „würzig“ beschrieben wird und neben süß, sauer, salzig und bitter zu den grundlegenden Sinnesqualitäten der gustatorischen Wahrnehmung beim Menschen zählt. Für manchen ist der → Geschmack des Umami gar eine kulinarische Entdeckungsreise quer durch Japan wert. Andere wiederum sind da anspruchsloser – Hauptsache es schmeckt, oder?
Foto:
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Info:
Der Geschmack der kleinen Dinge (Umami), Frankreich 2022
Regie: Slony Sow
Besetzung: Gérard Depardieu, Bastien Bouillon, Sandrine Bonnaire, Pierre Richard, Kyozo Nagatsuka u.a.
105 Minuten
Verleih: Neue Visionen