Redaktion tachles
Basel (Weltexpresso) - Am Donnerstag präsentierte der Anne Frank Fonds den Animationsfilm «Where is Anne Frank» als Schweizer Premiere in Basel.
Im Sommer 2020 feierte die internationale Co-Produktion «Where is Anne Frank» (Link) des israelischen oscarnominierten Regisseurs Ari Folman («Waltz with Bashir»,«The Congress») in der Séléction der Filmfestspiele von Cannes Weltpremiere und wurde unter anderem für den europäischen Filmpreis nominiert. Er gilt als erster internationaler Holocaustfilm für Kinder und Jugendliche. Produziert wurde der Film in vierzehn Ländern – von Europa über Israel, Kanada, die Philippinen, Australien und Neuseeland. Rund 168'000 handgezeichnete Illustrationen, eine neue Technik für die Darstellung der Animation im Hinterhaus oder das oscarprämierte Team von Wes Anderson waren ebenso Teil der Produktion wie ein Team mit Hunderten von Kreativen, die schließlich diesen Film durch die Pandemie gebracht haben. Inzwischen ist der Film in über 30 Ländern gestartet.
Für John Goldsmith, Präsident des Anne Frank Fonds Basel (Link), war die Schweizer Premiere des Animationsfilms allerdings eine kleine Weltpremiere. Zum ersten Mal, so führte er in seiner Begrüssung an, würde der Film unter postpandemischen Bedingungen gezeigt. Im Basler Kino Pathé Küchlin begrüsste er am Donnerstag Gerti Elias als Ehrengast.
Basel sei, so Goldsmith, nach der Emigration Heimatort der Familien Elias und Frank geworden. Von Basel habe Otto Frank das Tagebuch nach seiner Rückkehr aus Auschwitz seiner Tochter Anne in die Welt gebracht. Hier habe er den Anne Frank Fonds gegründet mit dem Ziel, Kindern in Not zu helfen, an einer friedlichen Zukunft zu bauen und das Tagebuch weltweit in diesen Dienst zu stellen. Hier im Nebenhaus des Kino Küchlin habe sein Neffe Buddy Elias seine grosse Schauspielkarriere in der legendären Basler «Komödie» unter Intendant Egon Karter begonnen und durch die Jahrzehnte als Zeitzeuge und Cousin von Anne Frank so viel für Aufklärung, Bildung und Dialog geleistet. Und hier in Basel ist ebenso 2012 das Projekt zum ersten internationalen Holocaust-Jugendfilm entstanden. Der Film erzählt die Geschichte Anne Franks durch die Perspektive ihrer imaginäre Freundin Kitty. Sie taucht ein in das Leben der sieben Hinterhausbewohner im Amsterdamer Versteck, erzählt das Schicksal der Familien, die Deportation, die Odyssee durch die Lager Westerbork, Auschwitz, Bergen Belsen nach Ende des Tagebuches und beleuchtet zugleich die Gegenwart, Menschen in Not, Antisemitismus und Rassismus.
John Goldsmith erinnerte an die Entstehung des Films vor über zehn Jahren in Basel: «Angesichts der Zunahme von Antisemitismus und Rassismus der letzten Jahre und wiedererwachender Holocaust-Relativierung oder gar -Leugnung war für den Anne Frank Fonds klar, dass die Geschichte des Tagebuchs in den Dienst der Aufklärung gestellt werden muss.» Partner des Films waren u.a. Claims Conference, der Fondation de la Shoa sowie der Unicef. Für John Goldsmith sei der Film allerdings nur der Vorwand für das wichtigste Projekt des Anne Frank Fonds gewesen: das pädagogische Begleitprogramm für Schulen. Im Dezember 2020 wurde am Hauptsitz der UNESCO in Paris das Programm «Dear Kitty» vor internationalen 1000 Gästen präsentiert. Das Unterrichtsmaterial ist inzwischen weltweit für Schulen in über einem Dutzend Übersetzungen über die Webseite der UNESCO kostenlos nutzbar und bringt Themen wie Schoa, Judentum, Antisemitismus ebenso wie Flucht, Rassismus oder Kinderrechte in den Unterricht.
Zum Internationalen Holocausttag am 27. Januar hat die UNESCO den Film in 15 Sprachen, darunter auch Arabisch, Hindu und Russisch, weltweit bei Vorführungen für Erziehungsministerien, Schulverantwortlichen und Pädagogen in Europa, Asien, Südamerika und Afrika gezeigt. Goldsmith resümierte mit Bezug zur aktuellen Situation in Europa: «Als der Anne Frank Fonds 2012 in Basel mit der Entwicklung des Stoffes begonnen hat, waren Flüchtlingskrisen, Fakenews, Holocaustleugnung, ein Krieg in Europa oder Kinder auf der Flucht nach Europa in dieser Form kaum vorstellbar. Förderungen waren für so ein Projekt hatten kaum Chancen, der Markt wollte anderes.» Neben Schulklassen, Vertretern von Institutionen, Politik, Kultur aus der ganzen Schweiz waren Ralph Lewin, Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, Rabbiner Mosche Baumel, die ehemalige Unicef-Direktorin Elsbeth Müller, die Schauspielerin und Theaterintendantin Caroline Rasser, die Präsidentin der Dear Foundatin Sonja Dinner, Alt-Regierungsrat Baschi Dürr, die Verlegerin Gabriella Karger oder der Holocaust-Überlebende Ivan Levkowits anwesend.
Der Film «Where is Anne Frank» startet am 23. Februar in den Deutschschweizer Kinos.
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