lucyschulhofSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. März 2023, Teil 2

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) – Arek Gielnik erinnert sich gut an die Anfänge von LUCY IST JETZT GANGSTER. „Till Endemann hat uns die Prämisse des Films etwa vor sechs Jahren präsentiert. Wir waren auf Anhieb begeistert. Damals gab es in der Erwachsenenfilmwelt die Serie ‚Breaking Bad‘, in der man einen Helden begleiten durfte, der nicht den normalen dramaturgischen Weg ging. Das hat mich auch bei LUCY angesprochen, auch wenn es natürlich ein Kinderfilm ist, der am Ende die klare Message braucht, dass es sich nie lohnt, auf die schiefe Bahn zu wechseln.“ Gielnik führt aus: „Mich hat einerseits die märchenhafte Überhöhung der Geschichte angesprochen, andererseits fand ich die erwähnte umgekehrte Heldenreise charmant. Das findet man nicht bei vielen Kinderfilmen. Meist ist es so, dass die Heldin von Anfang an für das Gute kämpft. Wir brechen damit.“

Gielnik, der mit dem Festivalerfolg NELLYS ABENTEUER aus dem Jahr 2016 bereits Erfahrungen im Family-Entertainment-Bereich sammelte und ansonsten seit vielen Jahren versiert qualitativ hochwertige Produktionen vor allem im Dokumentar-, aber auch Spielfilmbereich realisiert, hatte Endemann bereits als Student der Filmakademie BadenWürttemberg kennengelernt. „Unsere Produktionsfirma hat ihren Hauptsitz in Stuttgart. Als Produzenten bewegen wir uns seit langem in den Kreisen der Studenten aus Ludwigsburg.

Ich wollte mit Till bereits zu Studienzeiten einen Film auf die Beine stellen, was aus verschiedenen Gründen nicht zustande kam. So haben wir unsere Karrieren erst einmal aus der Ferne verfolgt. Wir sind gewachsen, Till feierte rasch Erfolge als Regisseur und Autor für Film und Fernsehen… bis sich endlich die Gelegenheit einer Zusammenarbeit ergab“, so Gielnik. Nach den positiven Erfahrungen an der Arbeit zu NELLYS ABENTEUER hat sich INDI FILM auf die Fahnen geschrieben, künftig regelmäßig gute und ausgewählte Kinderfilmstoffe zu verfilmen. „Till hatte unseren Film gesehen und uns daraufhin seine und Andreas Cordes‘ Idee von LUCY IST JETZT GANGSTER gepitcht. Es war schnell klar, dass wir bei LUCY IST JETZT
GANGSTER als Produzenten einsteigen wollen.“ Till Endemann bestätigt die partnerschaftliche Begegnung auf Augenhöhe: „Die Zusammenarbeit war wirklich gut. Arek ist ein sehr gewissenhafter Produzent. Er hat sich genauso in die Geschichte von LUCY IST JETZT GANGSTER verguckt wie Andreas und ich.“

Mit der Aufnahme bei der Initiative „Der besondere Kinderfilm“ konnte Gielnik umgehend gezielt an die Finanzierung herangehen. „Das Programm hat uns dabei geholfen, das Projekt
auf den Weg zu bringen. Dass unser Stoff zu einem der fünf Auserwählten aus den in diesem Jahr eingereichten 50 oder 60 Treatments zählte, war eine tolle Bestätigung. Die Autoren
profitierten von der Drehbuchförderung“, so der Produzent. Den Schreibprozess von Endemann und Cordes erlebte Gielnik als sehr konstruktiv und positiv. „Andreas Cordes und Till Endemann haben eine Offenheit für diesen Kinderstoff mitgebracht. Ihre lockere Schreibweise hat dem Drehbuch eine coole Note verliehen“, unterstreicht Gielnik.

Die Geschichte hat im Drehbuchprozess große Wendungen durchgemacht, es gab Ups and Downs zu meistern und zuletzt grätschte auch noch die Coronapandemie dazwischen und
warf den Zeitplan des Projekts um ein ganzes Jahr zurück. Die zusätzliche Zeit nutzten die Autoren, um dem Drehbuch den finalen Schliff zu verpassen. „Till und Andreas haben durch
die gewonnene Zeit noch eine Umdrehung mehr hinbekommen, haben die Story verdichtet. Bei Kinderfilmen ist es wichtig, schnell zum die Reise der Hauptfigur auslösenden Punkt zu
kommen“, so Arek Gielnik.


LUCY findet neue Mitstreiter

Für die letzte Förderstufe von „Der besondere Kinderfilm“ wurde LUCY IST JETZT GANGSTER nicht ausgewählt, so dass sich Arek Gielnik nach Finanzierungsalternativen umsehen musste. „Er hat die Ärmel hochgekrempelt und zeigte sich kämpferisch“, so Till Endemann. Die Ausdauer und Hartnäckigkeit hat sich Gielnik im Lauf der Jahre angeeignet, für ihn sei es normal, dass sich Projekte oft über viele Jahre hinziehen. „Natürlich war es schade, dass wir für die finale Förderstufe von ‚Der besondere Kinderfilm‘ nicht ausgewählt wurden. Wir hatten schon viel vorbereitet. Aber davon haben wir uns nicht unterkriegen lassen“, so Gielnik, der einräumt, dass es einfach schwierig sei, einen Originalstoff in Deutschland auf die Beine zu stellen, „mag die Prämisse noch so gut sein. Im Kinderfilmbereich setzen sich oft nur Marken durch. Aber wir haben den Glauben an LUCY IST JETZT GANGSTER nie verloren.“

Arek Gielnik orientierte sich anschließend international, sah sich diverse Märkte an und entschied sich, das Projekt auf der Cinekid in Amsterdam zu pitchen. „Das war unsere  Premiere auf einem Kinderfilmmarkt und wir gewannen auf Anhieb den dort ausgelobten Pitch Award. Cinekid ist vergleichbar mit dem Co-Production Market der Berlinale, nur exklusiv für
Kinderstoffe.“ Zwar hat INDI FILM bereits Erfahrungen mit Koproduktionen gesammelt, vor allem für ihre Dokumentarfilmprojekte; aber im Kinderfilmbereich betrat der Produzent
diesbezüglich Neuland. „Auf der Cinekid trifft man sofort die richtigen Firmen, in unserem Fall waren das BosBros und Phanta Film, zwei Unternehmen aus den Niederlanden, deren
Produktionen zum Teil bereits auf KiKA ausgestrahlt wurden“, erzählt Gielnik. Die Zusammenarbeit mit BosBros und Phanta Film beschreibt Gielnik als sehr organisch. „Es hat
Spaß gemacht. Wir planen bereits weitere gemeinsame Projekte.“ Neben den beiden gewonnenen niederländischen Partnern stiegen auch NDR und SWR mit ein, die noch unter
dem Dach von „Der besondere Kinderfilm“ bereits ein Auge auf LUCY IST JETZT GANGSTER geworfen hatten und weiter an die Idee glaubten.

In Wild Bunch fand der Produzent schließlich den idealen Verleihpartner, der im Bereich Familienfilm auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann. „Wild Bunch hat der Stoff
auf Anhieb gefallen. Geholfen haben uns sicherlich auch die guten Marketingtools, die wir mit Till und Andreas bereits in der Entwicklungszeit erarbeitet haben, wie eine schöne
Präsentationsmappe und einen Teaser, die auf eine tolle grafische Art und Weise die märchenhafte Überhöhung unserer Geschichte visualisierten und unseren Partnern verdeutlichen konnten, was wir mit dem Stoff vorhaben“, so Gielnik. Mit Wild Bunch an seiner Seite trat der Produzent an Senator Film Köln heran, die ebenfalls sofort Feuer und Flamme
waren und zu jenem Zeitpunkt mit „Meine teuflisch gute Freundin“ einen Erfolg im Bereich Family Entertainment feierten. „Mit dieser Basis konnten wir das Projekt weiterfinanzieren und
uns bei den Förderanstalten bewerben. Step by Step fügten wir alle notwendigen Bausteine zusammen“, so Gielnik. Till Endemann bewertet den Weg als internationale Koproduktion
positiv. „Obwohl unsere Reise bei ‚Der besondere Kinderfilm‘ vorbei war, stand unser Projekt glücklicherweise weiterhin unter einem guten Stern. Ich war sehr froh, dass wir mit Wild Bunch einen kompetenten und tollen Partner für den Verleih gewinnen konnten und die ersten Förderungen erhielten.“

Letztendlich flossen Fördergelder von der MFG Baden-Württemberg, die bereits das Drehbuch und die Projektentwicklung unterstützten, HessenFilm und Medien, BKM, DFFF, FFA, Filmund Medienstiftung NRW, Creative Europe MEDIA und Eurimages. Aus den Niederlanden flossen Fördergelder des Netherlands Film Fund und über den Netherlands Film Production
Incentive. Da LUCY IST JETZT GANGSTER ein ausgewiesener Sommerfilm ist, in dem die Eisdiele von Lucys Familie im Vordergrund steht, mussten die Dreharbeiten auch für die wärmeren Monate des Jahres anberaumt werden. Aufgrund der Komplexität, die eine internationale Koproduktion mit sich bringt, und der Entscheidung, als finalen Förderpartner noch Eurimages an Bord zu holen, kam der Drehstart für 2019 nicht mehr in Frage. „Die Zusage von Eurimages erfolgte Anfang 2020. Das war unser Go für einen Drehstart im Sommer. Wir hatten bereits diverse Heads of Department eingestellt, einen Cast zusammengestellt. Dann kam Corona“, erinnert sich Arek Gielnik.

Keiner wusste, wie es weitergehen würde, die Informationslage war verschwommen, die Situation mit einer Pandemie und einem bundesweiten Lockdown warf viele Fragezeichen auf.
„Nach unserem wilden Ritt hatten wir so sehr gehofft, den Film 2020 drehen zu können. Die Entscheidung, ob wir drehen oder nicht, haben wir Woche für Woche, Monat für Monat
hinausgezögert – bis der Sommer vorbei war“, erzählt der Produzent. Da ein Dreh im Oktober nicht in Frage kam, wurde der einstimmige Beschluss gefasst, erst im Frühling 2021
durchzustarten. Leicht war die Umsetzung auch dann noch nicht. „Wir hatten nicht nur einen Dreh unter Coronabedingungen zu organisieren. Es sind ja auch die Drehzeiten mit
Kinderdarstellern gesetzlich genau festgelegt“, so Gielnik.

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