Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. März 2023, Teil 8
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wenn man die südkoreanische Wirklichkeit kennt, das Streben nach Geld und Anerkennung, die harten Anforderungen an jeden, der im Arbeitsleben alles aus sich herausholt und darum täglich sehr oft mehrere Jobs hintereinander runterschrubbt, der kann erst ermessen, wie schräg, wie liebevoll hier die Menschen gezeichnet sind, die dieser Norm nicht entsprechen, und uns erst mal als kalte Mutter, als geldgeiler Kirchenmitarbeiter oder Wäschereibesitzer entgegentreten, bis wir merken, daß solche Menschen die Gesellschaft nicht nur bunter machen, sondern daß sie einander Halt geben und Familie nicht nur spielen, sondern sind.
Aber an diesem kurzweiligen Film interessieren die Details. Das fängt mit der jungen Mutter an, So-young (Lee-Ji-eun), die des Nachts und bei Regen vor der Babyklappe einer Kirche ihr Neugeborenes ablegt. Na, so was. Doch müssen wir uns um das Baby nicht sorgen, denn es wird von Kirchenmitarbeitern sofort gefunden – und...Und jetzt kommt es, was man nicht auf Anhieb erkennt, dann aber sozusagen genießt. Der für die Babyklappe Verantwortliche trägt das Baby nicht in die Liste der Abgelegten ein, die normalerweise direkt ins Waisenhaus kommen, sondern sorgt zusammen mit dem ewig klammen und auf Schulden sitzenden Wäschereibesitzer Sang-hyeon (Song-Kang-hoo) dafür, daß die, die gerne Eltern wären und dafür viel Geld ausgeben, diese Kinder bekommen. Adoption auf Koreanisch. Sang-hyeon bleibt das emotionale Zentrum des Films, weil seine Schlitzohrigkeit, sich immer einen Vorteil zu verschaffen, seinem Gut-Sein nicht im Wege steht, sondern er einfach ein Mensch mit guten und schlechten Seiten ist, was er hinreißend verkörpert.
Doch jetzt geht es rückwärts. So-young hat aus guten Gründen einen Freier umgebracht und ist auf der Flucht. Sie braucht Geld und sucht nach ihrem Baby und weil sie eine fitte junge Frau ist, findet sie die beiden. Es bleibt übrigens völlig ungeklärt, warum sie das Kind zur Babyklappe gebracht hatte und warum sie jetzt anderen Sinnes ist. Doch, das Interessante an diesem Film (Drehbuchschreiber, Regisseur und für den Schnitt verantwortlich ist der erfahrene Hirokazu Kore-eda) ist, daß die Erwartungen des Zuschauers ständig, "enttäuscht" werden, bzw. der Film eine andere Richtung nimmt. Die junge Frau will nämlich nicht ihr Kind zurück, sondern am Verkauf ihres Babys finanziell beteiligt werden. Also versuchen die Drei jetzt, gewinnbringend das Kindchen zu verkaufen. Und damit beginnt eine gemeinsame Reise durch's Land, die es in sich hat. Das ist echt amüsant, wenn die doch eigentlich Geldgierigen dann die zukünftigen Eltern für das Kind nicht gut genug finden und Geld und Adoption verweigern.
Doch dann kommt eine neue Wendung, der Kirchenmitarbeiter war selbst im Waisenhaus aufgewachsen und später adoptiert worden. Sie fahren hin, was der kleine Hae-jin (Seung-soo Im) nutzt, um sich heimlich dieser für ihn so sympathischen Gruppe anzuschließen und tatsächlich wird er so was wie Schmieröl für diese nun wirklich sehr unterschiedlichen Menschen, die sich auch in der Pflege und Fütterung des Babys abwechseln. Immer klarer wird, daß die Mutter keine anderen Eltern für ihr Kind will…
Aber was dann passiert, sollte man sich selbst im Film anschauen.
Foto:
©Verleih
Info:
Stab
Regie Hirokazu Kore-eda
Drehbuch Hirokazu Kore-eda
Kamera Kyung-pyo Hong
Darsteller
Sang-hyun Song Kang-ho
Dong-Soo Gang Dong-won
Su-jin Bae Doona
So-young Ji-eun Lee
Detective Lee Lee Joo-young
Hae-jin Seung-soo Im
Woo-sung Ji-yong Park