01 NENEH SUPERSTAR COPYRIGHT 2023 Gaumont France2 Cinema Gaumont Animation Foto Mika CotellonSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. April 2023, Teil 12

Hanswerner Kruse

Paris (Weltexpresso) - Ein schwarzes Mädchen tanzt Hip-Hop auf einer langen Brücke. Dann sitzt sie mit ihrem Papa im Zug. Bald erreichen die beiden in einem Vorort die legendäre Ballettschule der Pariser Oper. Dann tanzt sie.

Durch wenige Einstellungen lernen wir die zwölfjährige Neneh (Oumy Bruni Garrel) kennen, die hier inmitten weißer, arroganter und bereits bestens ausgebildeter Mädchen als Outsiderin ihre Aufnahmeprüfung bestehen will. Sie hat zwar keine Tanzausbildung, aber, so sagt sie der irritierten Jury, „ich habe mir selbst viel angeschaut und alle Schritte drauf.“ Das beweist sie dann auch mit ihren selbstbewussten Tänzen.

Doch ein Jurymitglied meint: „Wir haben hier Traditionen an der Oper, die wir weitergeben wollen, die passt nicht in unsere Gruppe.“ Pseudowissenschaftlich untermauert das die Tanzdirektorin: „Schwarze gehen an Hüften und Brüsten schnell auseinander...“. Dennoch wird Neneh aufgenommen, weil sich die Erneurer der Oper durchsetzen können: „Wir wollen doch Diversität!“

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Bereits im Ausstattungslädchen für Balletteusen geht’s dann rassistisch weiter: „Diese Farbe des Tutus macht dich weniger schwarz...“ (Foto links).
Im Internat bei den Mittänzerinnen und den meisten konservativen Lehrenden wird die begabte und engagierte Neneh schnell zur Außenseiterin. „Ihr müsst mehr Respekt vor den einst berühmten Lehrenden haben“, fordert sie dennoch von den anderen Ballerinen, was die gar nicht so gut finden.

Und von einer Lehrerin bekommt sie zu hören: „Du hast sehr gut getanzt, aber ein Schneewittchen kann nicht schwarz sein.“ Mutig wehrt sich Neneh gegen die - meist rassistischen - Anfeindungen und Erniedrigungen, sie weiß was sie kann. Doch beschuldigt man sie: „Du hast Probleme mit unseren Regeln und unserer Kultur.“ Mehrfach wird die kleine Kämpferin verwarnt und bestraft, die Suspendierung droht. Jedoch dann gibt es eine überraschende Wendung, denn die besonders aggressive und arrogante Leiterin der Schule verbirgt ein dunkles Geheimnis, das ans Licht kommt...


Mehr wollen wir hier nicht verraten. Die Geschichte der schwarzen Ballerina wird spannend und vielschichtig erzählt. Man muss nicht unbedingt den Tanz und das Ballett lieben, um den Film gut zu finden. Sondern er macht auf vielfältige Art und Weise den alltäglichen Rassismus deutlich, dem die kleine Schwarze ausgesetzt ist. Irgendwann will sie aufgeben und verzweifelt: „Ich schaffe das nicht, es ist zu schwer!“ Doch ihr Vater ermuntert sie weiterzumachen - und von unerwarteter Seite kriegt sie plötzlich Hilfe. 

Natürlich ist der Film - zunächst - ein Märchen, denn die Wirklichkeit ist doch etwas rauer. Aber wenn Neneh nicht gestorben ist, dann tanzt sie noch heute den schwarzen Schwan, in dem ja auch der weiße Schwan steckt.
Oder umgekehrt?
"Neneh Superstar“ ist kein cineastisches Meisterwerk und der Titel einfach dusselig, doch er ist ein berührender und empfehlenswerter Film für die ganze Familie!

Foto:
© Mika Cotellon

Info:
„Neneh Superstar“, Frankreich (2022), 97 Minuten, ab 6 Jahre
Regie Ramzi Ben Sliuman mit Oumy Bruni Garrel, Maïwenn, Aïssa Maïga, Steve Tientcheu, Cédric Kahn