Olaf Jagger VaterSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. April 2023, Teil 11

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Endlich hört man aus der DDR, der EX-DDR mal andere Töne. Natürlich gab es die Stasi und sicher auch in diesem Fall, aber es gab auch clevere oder einfach nur übermütige, mutige junge Frauen und Männer, die sich ihren eigenen Reim machten und einfach loslegten. Sicher war die Mutter von Olaf Schubert eine mit einem besonderen Geschick.

Langsam führt Olaf Jagger, - den man als Olaf Schubert kennt, aber wenig darüber weiß, daß schon Olaf Schubert eine Kunstfigur ist, die mit dem karierten Pollunder und einer naiv auf ehrliche Haut getrimmten Lebenslegende uns an der Nase herumführt,-  uns an die entscheidende Frage heran: ist er es oder ist er es nicht, ja er muß es sein, seine Mutter war tatsächlich beim Konzert der Rolling Stones im Westen, die Fotos beweisen es und eben auch, daß sie von der Bühne aus entdeckt wurde, eine hübsche blonde junge Frau, die nach oben geholt wird. Der Rest ist Schweigen. Das Produkt Olaf Jagger.

Also von vorne. Es beginnt mit dem Tod von 'Mutti', was bedingt, daß Olaf auch im Keller ihre Sachen sichtet und verblüfft auf eine Sammlung von Tonbändern stößt, auf denen er die Leidenschaft seiner Mutter für Rock'n Roll hören kann und dann noch verblüffter die Interviews seiner Mutter mit Berühmtheiten hört, die sie im Auftrag eines Senders aufgenommen hatte, darunter auch ein Interview mit Mike Jagger. Ja, wie das? Der war doch nie in der DDR oder? Es steht ja auch Münster dabei und die Jahreszahl 1965. Aber wieso war seine Mutter im Westen? Das ging doch gar nicht. Oder doch. Und überhaupt, schon das Jahr 1965 ist sehr verdächtig. Genau damals nämlich wurde das Hören der Rolling Stones in der DDR verboten. Echt. Es hat sich nur keiner daran gehalten von denen, die heimlich die Platten hatten oder heimlich im Westradio hörten. 

Auch die Fotoalben sind wichtig und man denkt sofort, nie wieder werden die Leben von Leuten so übersichtlich in Fotoalben zu verfolgen sein, denn die heutige unaufhörliche digitale Fotografierei produziert zwar viele Bilder, aber kaum einer läßt sie auf Papier ausdrucken und noch weniger kleben sie in Alben ein. Aber es hat was, ein Leben in Alben. Und mit diesen Bildern kommen gesellschaftliche Verhältnisse der DDR ans Licht, wo man die Puppen tanzen ließ. Die Nischen gab es und von solch einer Rock'n Roll Nische erzählt Olaf Jagger, der sich im Laufe des Films von Olaf Schubert in Olaf Jagger verwandelt, weil der Film mit der harmlosen Andeutung einer potentiellen Vaterschaft von Mike Jagger beginnt, aber den Film über so viele Beweise, so viele eindeutigen aussagen zusammensammelt, daß es gar nicht anders sein kann, als daß wir einen echten Stonesnachkömmling vor uns sehen. 

Es beginnt spekulativ, dann nimmt die Geschichte Fahrt auf, dann hängt sie etwas durch, denn es werden Beweise angeführt, die etwas anstrengend sind, aber das rundet der Film dann wieder ab, so daß man sich gut unterhalten gefühlt hat und um die Erfahrung reicher ist, daß es vor 1965 auch in der DDR  mit und ohne  die Rolling Stones eine große Rock-Begeisterung gab. Ein skurriler Blick auf die DDR, die eben mehr war als nur ein Stasi-Staat. Irgendwie lieb dieser Film. Witzig auch. 

Foto:
©Verleih

Info:
Stab
Regie & Drehbuch.   Heike Fink
Produktion.   Roswitha Ester, Torsten Reglin
(Ester.Reglin.Film GmbH)
Kamera.  Hajo Schomerus
 

Besetzung
Olaf Jagger       Olaf Schubert
Rolf Schubert.    Franz-Jürgen Zigelski
Hannah Uhligs        Ursula-Rosamaria Gottert
Olaf Schuberts „Freunde“.    Jochen Barkas, Herr Stephan
Anne-Marie Schubert (1965).     Anna Lucia Gustmann
Anwalt Seán (London).       Seán McDonagh
Anwältin Cameron (London).    Khadydia Niedecken-Diouf