Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. April 2023, Teil 2
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Meeri (Leni Deschner) ist 13 Jahre als und lebt zusammen mit ihrem verwitweten Vater Ernst (Luc Schlitz) und ihrem 8jährigen Bruder Luk (Benedikt Jenke). Da ihr Vater Bestatter ist, hat sie ein ganz besonderes Verhältnis zum Tod. Sie unterhält sich mit jeder aufgebahrten Leiche und legt in jeden Sarg einen Brief an ihre verstorbene Mutter, in dem sie ihr die neusten Erlebnisse erzählt, denn die Leichenhalle befindet sich gleich im Haus unter ihrer Wohnung.
Während der Vater nach einer neuen Frau sucht, wissen die beiden Kinder sehr genau wie man jede Neue immer wieder vertreibt – bis jetzt schon 15mal. Meeri selbst ist in den 16jährigen Rocco (Jonas Kaufman) verliebt. Dabei entwickelt sie ein ganz spezielles Talent, denn jedes mal wenn sie an Rocco denkt oder ihn sieht, hebt sie ab, denn Liebe verleiht bekanntlich Flügel.
Außer ihrem Vater und Luk weiß nur noch ihre Freundin Klara (Sophie Zeniti) von ihrer Fähigkeit und die verhindert das eine oder andere Mal, dass Meeri im falschen Moment abhebt. Klara selbst will die erste katholische Priesterin der Welt werden und übt schon mal, sowohl bei einer Beerdigung von Luks Lieblingshuhn Flora als auch indem sie in der Kirche heimlich mit einem Mikrofon die Gespräche im Beichtstuhl abhört.
Luk legt sich auf gefährliche Weise mit der lokalen Fahrradgang an, auch da muss Meeri ihm das eine oder andere Mal aus der Patsche helfen.
Doch dann taucht als 16. Verabredung vom Vater die hochschwangere Charlotte (Fabienne Elaine Hollwege) auf. Sie verdreht nicht nur Vater Ernst den Kopf, sondern sie lässt sich weder von den Leichen im Untergeschoss noch von den frechen Bemerkungen seiner Kinder abschrecken. Auch Luk kann sich irgendwann mit der neuen Freundin arrangieren. Nur Meeri hat weiterhin Probleme.
Während Meeri immer noch hofft, dass Rocco auch an ihr interessiert ist, rät die alte Grete (Inge Maux) ihrem Enkel Rocco beim Einmachen von Himbeeren, dass er Meeri endlich die Wahrheit sagen muss, da er nicht mehr als Freundschaft will und längst eine andere Freundin hat. Doch Meeri sieht nicht, dass Roccos kleiner Bruder Matti (Ben Bernar) sehr wohl mehr für die empfindet als ihr eigentlich lieb ist.
Nach einem Unfall von Luk und einem Todesfall einer sehr nahen älteren Freundin und Verwandten lernen alle Mitglieder der Familie, was sie eigentlich wirklich wollen und Meeri begreift, dass es viel schöner ist, gemeinsam beim Fliegen abzuheben…
″Himbeeren mit Senf″ basiert auf dem Drehbuch von Heike Fink und Regisseurin Ruth Olshan. Sie erzählen ein Geschichte mit viel Liebe zum Detail, bei der Liebe und Tod ganz nah beieinander liegen. Regisseurin Ruth Olshan hatte sich dabei schon sehr früh für Leni Deschner als Hauptdarstellerin entschieden. Da es einige Zeit brauchte bis der Film realisiert werden konnte, wurde das Drehbuch immer wieder so angepasst, dass die Rolle der Meeri Leni Deschners Alter entsprach. Dass die Story zuerst für jüngere Kinder konzipiert war, erkennt man als Zuschauer auch daran, dass die Konflikte und Entwicklungen mitunter ein wenig zu einfach und idealisiert sind. Doch sind die Motive und Handlungen von allen Personen jederzeit nachvollziehbar.
Auch wenn die Kinder und ihre Probleme wie Mobbing, Stigmatisierung (durch den Beruf des Vaters), Verlust einer geliebten Person und erste Liebe die zentralen Erzählstränge des Films sind, sind doch die Erwachsenen nicht zu Karikaturen geworden. Das gilt vor allem für Meeris Vater Ernst, der sich bei seiner Suche nach einer neuen Frau nicht lächerlich macht. Dabei wurden die Themen aus der realen Lebenswelt der jungen Zuschauer gesucht mit Meeri und ihrer ersten Liebe und der Ablehnung jeder neuen Frau des Vaters, der freche Luk und seine Probleme mit der älteren Fahrradgang, Rocco, der nicht weiß, wie er Meeri beibringen soll, dass er nicht an ihr als Freundin interessiert ist, Matti, der dagegen gerne mehr von Meeri will, und Klara, die einen Berufswunsch hat, den es leider in der heutigen Zeit (noch) nicht gibt, aber sicherheitshaber übt sie sich schon mal darin.
″Himbeeren mit Senf″ ist ein bezaubernder Kinder- und Jugendfilm, der sowohl aus dem Leben gegriffen ist als auch fantastische Elemente enthält und geschickt heitere mit tragischen Töne vereint. Dabei punktet der Film mit pfiffigen Dialogen und verschmitztem Charme. Die Komödie ist kein schmalziges Wohlfühlkino, sondern eher ein Film, der die Liebe in der Kernfamilie zwar hochhält aber auch zeigt, dass es Freunde braucht, um die Probleme zu entwirren.
Insgesamt ist ″Himbeeren mit Senf″ ein bezaubernder und unterhaltsamer Kinder- und Jugendfilm um eine 13jährige, die sich mit der ersten Liebe, mit Trauer und anderen Veränderungen im Leben herumschlagen muss. Er ist eine altersgerechte Komödie für Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren und auch für Erwachsene unbedingt sehenswert.
Foto 1: Meeri ( Leni Deschner) © Farbfilm Verleih
Foto 2: Klara (Sophie Zeniti) und Meeri ( Leni Deschner) © Farbfilm Verleih
Foto 3: Rocco (Jonas Kaufman) und Meeri ( Leni Deschner) © Farbfilm Verleih
Foto 4: Matti (Ben Bernar) © Farbfilm Verleih
Info:
Himbeeren mit Senf (Deutschland, Luxemburg, Schweiz, Niederlande 2021)
Genre: Drama, Familie, Komödie, Kinder- und Jugendfilm
Filmlänge: ca. 84 Min.
Regie: Ruth Olshan
Drehbuch: Heike Fink und Ruth Olshan
Darsteller: Leni Deschner, Jonas Kaufman, Benedikt Jenke, Sophie Zeniti, Ben Bernar, Fabienne Hollwege, Inge Maux u.a.
Verleih: Farbfilm Verleih
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 20.04.2023
