bandit

Seit 5. Mai als DVD und Blu-ray bei Square One

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das ist ein Film, wie er in unseren ernsten Zeiten eher selten geworden ist. Ein so genannter Gentlemankrimi, also keine rohe Gewalt oder sonst etwas Häßliches, sondern ein Unhold, der gut aussehend, gut angezogen, mit gutem Benehmen so einfach in eine Bank reinspaziert und mit freundlichem Gesicht die Bankangestellten ohne einen Mucks um das Geld bittet und bekommt. Das Ungewöhnliche daran ist, daß der Film auf wahren Begebenheiten beruht. Das ist wichtig, denn er gibt dem höchst ungewöhnlichen Geschehen eine solide Note.


Der nette Verbrecher ist Gilbert Galvan Jr. (J. Duhamel) und er wird von Anfang an als einer, der besonders ist, vorgestellt. Er war in US-Haft, doch kann fliehen und geht nach Kanada, hört sich um und weiß, an wen er sich wenden muß.

Niemand hört mir wirklich zu, sagt Oberboß Tommy Kay (Mel Gibson) und haut seinem Angestellten in seiner Bar eine runter. Er brauche etwas Startkapital außerhalb der Stadt, wendet sich Gilbert an den einzigen anerkannten Großverbrecher der Stadt, der völlig baff den jungen Mann betrachtet, der ihm gleich eine Zusammenarbeit, eine Partnerschaft anbietet, wozu gehört, daß er ihm vormacht, wie man in zwei Minuten eine Bank ausraubt, was er unmittelbar darauf tut, zum Hauptausgang rausgeht und zwei Minuten später durch den Hintereingang mit dem geraubten Geld wiederauftaucht.

Hintergrund ist, daß Gilbert mit seiner Art der Bankraubs, nämlich nur das, was in der Kasse ist, mitzunehmen, rund 20 000 pro Raub, die Kosten nicht aufwiegt, die seine Lebensführung braucht. Denn er hatte sich ja unsterblich in Andrea (E.Cuthbert), eine blonde brave Schönheit, verliebt, die ein Kind von ihm erwartet, wofür Gilbert die Kosten für ein Haus und die finanzielle Sicherheit für Mutter und Kind der nächsten Zeit aufbringen muß. Also ein Kredit beim Großgangster, der ja zuvor erlebt hatte, wie effektiv Gilbert das Bankausrauben betreibt, die vielen Banknoten stauen sich schon. Snydes (Nestor Carbonell) 

Doch dann entdeckt Andrea das Geld. Sie ist fassungslos und unterstellt ihm entsetzt, mit Rauschgift zu handeln. Dagegen ist Bankraub für sie ein Kavaliersdelikt, weil es nur die Banker trifft und sie fordert von ihm, das nächste Mal dabei zu sein. Das wird nun ein besonders raffinierter Raub, denn er läßt ins Luftsystem Rauch eindringen, woraufhin das Feuersignal ihm das Kassieren des Geldes leichter macht. Inzwischen hatten wir übrigens seine Fähigkeiten zur Verkleidung und Maske, die er sich im Filmumfeld angeeignet hatte, bestaunen dürfen. Nur wird ihm dann ein Rest der angeklebten Nase zum Verhängnis.

Denn – und das brauchst’s einfach in einem Film wie diesem – es gibt ein Gegengewicht. Denn der Detective Snydes (Nestor Carbonell) , der vergeblich seit langem Großverbrecher Kay hinter Gittern bringen will, darf nun mit einem wissenschaftlich geschulten Ermittler in einer Sonderkommission zusammenarbeiten, der die Banküberfälle auf einen Nenner bringen will und mit der Überwachung der Bar von Kay angefangen hat. Und da fällt nun Gilbert, der als Nebenprodukt bei den Aufnahmen von Kay auf, schon deshalb, weil er dauernd anders aussieht, aber immer denselben Wagen fährt, den seiner schwangeren Frau, um deren Hand er endlich angehalten hat und sie bekommt.

Der Film lebt jetzt von dem Katz und Maus Spiel zwischen Polizei und Bandit, dazwischen – und darum ist es doch eher eine Komödie – bekommt Andrea das Kind, als sie gerade auf die Bahamas fliegen wollen, um Snydes & Co. zu entgehen, die ihn diesmal beim Raub beobachtet hatten. Stattdessen also Krankenhaus, wo er allerdings von der Polizei nicht vermutet wird, denn die stürmen nur sein leergeräumtes Haus. Stattdessen hat er ein neues Domizil in Ontario, bezogen 90 Meilen von Ottawa, Pembroke, wo die Möbelpacker sein Hab und Gut hingebracht hatten und sich die Füchse gute Nacht sagen. Nach der Geburt des Kindes will Gilbert überhaupt nicht mehr auf die Bahamas, sondern ein normales Leben führen. Achtzehn Monate lang mit Hund und Kinderwagen lebt er glücklich seine zweite Chance im Leben.

Da steht Kay vor der Tür. Sofort denkt man, das geht übel aus, der wurde doch überwacht und wie hat er die Adresse herausgefunden? Außerdem ist das Geld bald alle. Im Ehebett sagt Andrea im Dunkeln laut: „Nein!“, denn sie weiß, daß er über den nächsten Raub nachdenkt. Sie ist schlauer als er. Doch trotz Versprechen läßt er sich auf einen neuen Raubzug ein. Wie vom Zuschauer erwartet und wie in der Wirklichkeit geschehen, wird dies sein letzter Raub sein, denn er wurde überwacht, wird überführt und bekommt im Prozeß 20 Jahre aufgebrummt.

Was soll man an einem Drehbuch aussetzen, wenn die wahre Geschichte von Robert Whiteman erzählt wird, der Mitte der 80er Jahre aus einem US-Gefängnis ausbrach und anschließend über 60 Banken und Juweliere ausraubte, was international ein absoluter Rekord ist, und als THE FLYING BANDIT bekannt wurde. Das erleben wir mit, wenn er von Pembroke aus mit Umwegen nach London fliegt und dann zurück, aber im Visier der Polizei.

Seine Frau fährt mit dem Kleinkind zum Flughafen, er verspricht ihr: „Nie wieder!“, doch da steht die Polizei auf der Matte und verhaftet ihn. Stolz stürmt der Ermittler die Bar von Kay, denn eigentlich hatte man ja ihn im Visier und will ihn mit Gilbert drankriegen. Doch Gilbert läßt sich auf den Deal, gegen Kay auszusagen, nicht ein. Ein letztes Gespräch mit seiner Frau drückt auf die Gefühlsdrüse, denn sie ist das einzig Echte in seinem Leben. Davon kann sie sich nichts kaufen, aber sie bleibt. Ein Gespräch mit Kay in Haft durch Plexiglas mit Telefonhörern, stellt klar, daß Gilbert über Kay gefunden wurde, was dieser wußte, aber eben auch, daß Gilbert ihn als Freund nicht verraten wird und die 20 Jahre Haft absitzen wird. An Kay ist erst einmal nicht heranzukommen, doch Snydes macht weiter und Jahre später wird Kay zu 8 Jahren verknackt.

Im Abspann lesen wir dann noch, daß die Ehe 1989 geschieden wurde und Whiteman 2001 entlassen wurde, heute als Lastwagenfahrer arbeitet und der Großteil des Geld aus den Raubüberfälle von über 2 Millionen Dollar nie gefunden wurde. Leider wird nichts über die Freundschaft zu Kay berichtet, denn Whiteman hätte weniger Jahre gegessen, hätte er diesen verraten.

Foto:
Umschlagabbildung

Info:
Bandit (2022)
DVD /Blu -ray
Kanada, 2022
FSK ab 12 freigegeben
Bestellnummer: 11173741
Erscheinungstermin: 5.5.2023

Genre: Thriller, Biopic
Spieldauer: 120 Min.
Regie: Allan Ungar
Darsteller: Elisha Cuthbert, Josh Duhamel, Mel Gibson, Nestor Carbonell, Olivia D'Abo, Haley Webb
Sprache: Deutsch, Englisch
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Bild: Widescreen
Untertitel: Deutsch