weiWEIMAR WEIBLICH, Ausstellung 29. März – 12. November 2023 im Deutschen Filminstitut & Filmmuseum (DFF) Frankfurt, Teil 2
 
Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die legendäre expressionistische Filmarchitektur zu Paul Wegeners DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM (DE 1920)? Sie ist das gemeinschaftliche Werk des Künstlerpaares Hans Poelzig und Marlene Moeschke-Poelzig. Fritz Langs Klassiker DIE NIBELUNGEN (DE 1924) und METROPOLIS (DE 1927)? Sie stammen aus der Feder seiner damaligen Frau, Thea von Harbou, die die Drehbücher zu vielen „seiner“ Filme schrieb. Die Kostüme dazu schuf Aenne Willkomm.

Lotte Reinigers Silhouettenfilm DIE ABENTEUER DES PRINZEN ACHMED? – Auch dies eine Pionierleistung: Der Film gilt als erster noch erhaltener abendfüllender Animationsfilm der Welt. Während und nach dem Ersten Weltkrieg nutzen viele Frauen die sich auftuenden beruflichen Möglichkeiten in der wachsenden Filmindustrie, das macht der Ausstellungsteil „Frauen in der Filmindustrie“ deutlich: Sie
arbeiten im Kostüm- und Szenenbild, komponieren und schreiben Lieder für den Film, stellen als Grafikerinnen Filmplakate her und betätigen sich im Filmverleih. Produzentinnen, Regisseurinnen, vor allem aber Drehbuchautorinnen bedienen nahezu alle Genres und Themen. Die meisten von ihnen bleiben weitgehend unbekannt.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Häufig müssen Frauen ihr Geschlecht tarnen, indem sie auf die Nennung ihrer Vornamen in den Filmcredits verzichten. Andere wiederum arbeiten unter männlichem oder genderneutralem Pseudonym. So stehen die Namen Hanns Torius, Dr. R. Portegg und Jan von der Kant etwa für die Drehbuchautorinnen Luise Heilborn-Körbitz, Rosa Porten und Hermanna Barkhausen. Manch eine filmschaffende Frau verschwindet ganz einfach hinter dem „Genie“ des ebenfalls für den Film tätigen Ehegatten.

Darüber hinaus werden Frauen in den 1910er und -20er Jahren als arbeitsmarktpolitische Reservearmee behandelt, die je nach bevölkerungspolitischer Konjunkturlage eingesetzt oder vom Arbeitsmarkt verdrängt wird – auch beim Film. Auf männliche Geldgeber angewiesen, erfahren viele Frauen hohe Hürden und Benachteiligung bei der Bereitstellung finanzieller Mittel. Oftmals sind sie an Produktionen mit kleineren Budgets beteiligt. Eine männlich dominierte Filmkritik tendiert darüber hinaus dazu, das Filmschaffen der Frauen zu ignorieren. Für die meisten Frauen endet die Filmkarriere mit der Wirtschaftskrise Ende der 1920er oder spätestens Anfang der 1930er Jahre. Mit Beginn der NS-Diktatur 1933 kommt der Input von Frauen vollkommen zum Erliegen. Jüdischen Autorinnen wie Vicki Baum und Jane Bess werden in Deutschland Arbeits- und Lebensgrundlage entzogen. Die frauenfeindliche NS-Politik trifft aber auch viele andere. Karriere machen in dieser Zeit nur die Drehbuchautorin Thea von
Harbou und die Regisseurin Leni Riefenstahl.

Die Ausstellung stellt eine Vielzahl weiblicher Filmemacherinnen aus verschiedenen Gewerken vor. Kurzbiographien und Exponate, Filmausschnitte, Audioaufnahmen und Filmkritiken gewähren Einblick in ihr vielfältiges Schaffen und geben einem weitgehend unbekannten Kapitel des Weimarer Kinos Gesicht und Stimme. Vorgestellt werden Irma von Cube (Drehbuch), Ilse Fehling (Kostüm), Margit Doppler (Plakatgrafik), Lotte Reiniger (Animation), Leontine Sagan (Regie) Ellen Richter (Produktion) und viele weitere Filmfrauen der Zeit.

Vier Frauen nimmt die Ausstellung dabei besonders in den Blick: die Dokumentarfilmerin Ella Bergmann-Michel, die Szenenbildnerin Marlene Moeschke-Poelzig, die Drehbuchautorin Jane Bess sowie Hanna Henning, die als Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin tätig war. Exemplarisch werden ihre Lebenswege und Karrieren sowie die Spuren, die sie in der Filmgeschichtsschreibung hinterlassen haben, untersucht.

Filmarchiv und Ausstellungsabteilung des DFF haben intensive Recherchen zum Werk von Jane Bess und Hanna Henning betrieben; das DFF kann in der Ausstellung nun eine Reihe neuer Erkenntnisse und Exponate zu den beiden Filmemacherinnen zeigen. Vom Filmarchiv restaurierte und digitalisierte Filme von Bess (2) und Henning (5) werden im umfangreichen Begleitprogramm zur Ausstellung im Kino des DFF gezeigt, in dem auch Klassiker und neue Entdeckungen zu sehen, sowie Vorträge und Sonderveranstaltungen während der Ausstellungsmonate geplant sind.

Als Filmkritikerinnen setzen sich Lotte Eisner und Lucy von Jacobi mit dem Medium selbst und seiner Wirkung auseinander. Sie hinterfragen die Sehnsüchte des Publikums und tragen zur Meinungsvielfalt bei. In der Ausstellung werden Ausschnitte aus einigen der von ihnen rezensierten Filme mit den zugehörigen Filmkritiken synchronisiert.

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©dff.film

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Quelle: DFF