Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das ist ein eigenartig Ding. Auf der einen Seite erzählt der Regisseur in seinem ersten Film seine eigene Lebensgeschichte als Schwuler und Schwarzer in den USA, die damit beginnt, daß ihn die eigene Mutter aufgrund seiner sexuellen Orientierung ablehnt und nichts mit ihm zu tun haben möchte. Nach dem jämmerlichen Großwerden und dem Abrutschen in die Obdachlosigkeit, ergreift er die Chance, zur Marine zu gehen.
Dazu gehört ein Vorbereitungskurs, in dem die jungen Männer erst einmal geschurigelt werden, nach alter militärischer Überzeugung, daß sie als Individuen erst gebrochen werden müssen, damit sie dann gute Soldaten werden. Ellis French (Jeremy Pope) ist also in einer Position, wo jeder Kinozuschauer, Mitgefühl empfindet und es immer schwerer wird, die systematische Herabwürdigung eines Menschen auf der Leinwand zu verfolgen.
Dabei ist der Film nicht weinerlich, sondern zeigt realistisch Situationen, die in der militärischen Ausbildung abgehen, wenn die Ausbilder nicht die Ausbildung im Sinn haben, sondern ihre angeschlagene Psyche durch brutales Beherrschen anderer pflegen. Dabei tut sich am schlimmsten Laws ( BOKEEM WOODBINE) hervor, der gleich den Namen verpaßt bekommt, den er selber immer in den Mund nimmt: nach dem Gesetz, also nach den Regeln des Soldatenseins soll es hier zugehen, was wir in vielen Einzelaktionen im Film vorgeführt bekommen. Und immer geht es gegen Ellis! Wer hilft? Wenige, aber es gibt die, die betreten weggucken, wenn wieder einmal eine Einzelaktion gegen Ellis läuft.
All diese Aspekte sind deutlich herausgearbeitet, weder anklagend, noch beschwichtigend, einfach dargestellt. In diesem Sinn ist das ein wirklich guter Film. In einem anderen nicht. Was völlig verwundert, ist, daß Ellis im Film an keiner Stelle in Frage stellt, wofür er da ausgebildet wird. Die Marine. Was macht die? Was hat sie in der Vergangenheit gemacht. Was ist Krieg? Was aber ist ein militärischer Schlag wie gegen den Irak?
Daß ein einfacher Soldat nicht die Weltpolitik bestimmen kann, ist klar, aber daß ein einfacher Mariner sich überhaupt keine Gedanken macht, wozu er da ausgebildet wird, ist einfach im Jahr 2023 nicht zulässig, ist schon jahrelang nicht mehr zulässig, war eigentlich nie zulässig. Aber hier geht es nicht um die Vergangenheit, sondern die Gegenwart. Es stimmt, daß das Militär oft eine Chance auch für Schwarze eröffnete. Und es stimmt genauso, daß die meisten Schwarzen nie eine Chance hatten, höhere Positionen einzunehmen.
Aber es stimmt auf jeden Fall, daß ein im Individuellen einsichtiger Film, in dem militärische Ausbildung die Hauptrolle spielt, nicht auf die gesellschaftlich-politische Reflexion des Tuns der Soldaten verzichten darf.
Foto:
©Verleih
Info:
Stab
REGIE & DREHBUCH ELEGANCE BRATTON
Darsteller
ELLIS FRENCH. JEREMY POPE
INEZ FRENCH. GABRIELLE UNION
LAWS. BOKEEM WOODBINE
ROSALES RAÚL CASTRO
HARVEY MCCAUL LOMBARDI
CASTRO AARON DOMINGUEZ
ISMAIL EMAN ESFANDI