trauzeugen 2023 3Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom Donnerstag, 14. September 2023, Teil 11

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der Auftakt zeigt, welche schwierige Arbeit Scheidungsanwälte ausüben, denn noch stärker, als bei der Eheschließung, wo die Liebe und Filme darüber ja die positiven Gefühle zeigen sollten, sind die negativen Gefühle dann, wenn es mit der Ehe nicht geklappt hatte, sehr viel dramatischer auf der Leinwand anzusehen, weshalb die Hochzeitsfilme Komödien und die Scheidungsfilme Tragödien sind, die allemal interessanter, eben dramatischer sind als wenn alles in Butter ist, wie es in Hochzeitsfilmen ja sein sollte.

Der Auftakt also, da steigt die Mandantin von Scheidungsanwalt Jakob ((Edin Hasanovic) ihrem hoffentlich baldigen Exmann auf’s Dach, sprich: auf’s Dach seines Autos und trampelt mit spitzigen High Heels so richtig drauf rum – womit sie sich natürlich ins Unrecht setzt, was bei einem Scheidungstermin vor Gericht immer negativ ausgelegt wird, weshalb Jakob, der dies in seinem Autostau zufällig sieht, aus dem Wagen springt, herbeieilt, sie vom Dach holt, rasch in seinen Wagen zieht und ihr die Leviten liest. Wie kann man nur so unvernünftig seiner Wut Raum geben, ein Autodach zerstören, wo seine Scheidungsstrategie sie doch zur still leidenden, kleinen ehrbaren Gattin machen sollte, die von ihrem Mann nach Strich und Faden betrogen wurde, was beim Vermögensausgleich etwas bringen müßte.

Leider bleibt diese Szene, aus der sich ein ganzes Scheidungsbrevier ableiten ließe, die einzig wirklich interessante, weil in einem weiterdiskutierte Szene! Denn auch das Obere haben wir sozusagen dazuerfunden, zu sehen ist nur das Trampeln und wie er sie herunterholt und in seinen Wagen verfrachtet. Aber, hier wenigstens hat unsere Phantasie die Geschichte von alleine weitergesponnen, die im Folgenden so auserzählt wird, daß wir keine Fantasie mehr entwickeln können. Aber gerade das Nichtgesagte und Nichtgezeigte, was sich alber in unseren Köpfen und Herzen von alleine weiterentwickelt, ist das, warum wir Kino lieben und ins Kino gehen!

In den vorangegangen Artikeln wurde mit Absicht das wiedergegeben, was die vielen Drehbuchautoren sich dabei gedacht haben. Auf jeden Fall zu viel, viel zu viel, denn der Flop, zu dem unterm Strich dieser erstmal so poppig herkommende Film sich entwickelt, ist das Problem des Drehbuchs, also der Geschichte. Die ist so altbacken, obwohl ihr Anfang anderes verspricht. Denn dem durch den Autostau und seine überdrehte Mandantin genervten Anwalt kommt dann noch mit Marie (Almila Bagriacik), Paartherapeutin, eine Frau in die Quere, auf die er gut hätte verzichten können. Denkt er. Bis es zu spät ist. Sie ist die positiv Gestimmte, die einen warmen Blick auf die Welt wirft, immer gut gelaunt ist, denn sie denkt und fühlt positiv, weshalb sie auch beruflich viele Ehen kitten kann, was ihre Aufgabe ist und ihr Geld bringt, während er die Ehen lieber auf Grundeis laufen sieht, denn dann ist er gefragt und verdient gut.

Auch das ist doch noch richtig gut ausgedacht, das filmische Elend fängt da an, wo der eigentliche Film beginnt, denn die beiden sind, ohne das vorher zu wissen, die Trauzeugen ihrer besten Freundin Ruth (Cristina do Rego) und seines besten Freundes Tobi (László Branko Breiding). Doch noch hat Jakob gar keine Zeit dafür, denn ihm kommt gerade recht, daß sich seine Chefin, Inhaberin der Kanzlei, Frau Dr. Kober (Iris Berben) trennen will, ihn als Scheidungsanwalt beauftragt, die ums Geld feilschende und hohe Forderungen stellende Ex (Antje Traue) in den Senkel zu stellen. Das ist so affirmativ, jetzt muß die Chefin also mit einer Frau verheiratet gewesen sein, Das ist genau so aufgesetzt, wie alles, was dann folgt. Sein Freund, der Bräutigam hat sich das Bein gebrochen, das wäre nicht so fatal, wäre die Hochzeit nicht deshalb genau jetzt angesetzt, weil die Braut hochschwanger ist. Also sind beide nicht belastbar, die Trauzeugen müssen ran, weil ein Ding nach dem anderen schief geht und sie die Hochzeitsfeier mit all den Vorbereitungen retten müssen, von denen nämlich die meisten schief gegangen sind, wie beispielsweise der Trauungsort.

Aber von den beiden Trauzeugen wissen wir ja, daß sie völlig unterschiedliche Lebensentwürfe haben, wie sollen sie da einig eine Hochzeit vorbereiten. Wir sehen ihrem Scheitern zu, nein, dann kommt ein verdummendes Drehbuch daher und Schritt für Schritt stürzen die beiden so unterschiedlichen Menschen in ein Gefühlschaos, aus dem sie als wandelnde Liebe alle Wogen glätten und alle oft selbst verursachten Schwierigkeiten lösen und dann als Trauzeugen fungieren, nachdem sie ihre hervorragende Arbeit erledigt haben. Wie bieder und unwahr!

P.S.
1:Daß sich Paare lieben lernen, müßte man beim Zuschauen in Filmen auch spüren können. Hier bleibt es auf das Drehbuch beschränkt, daß es funkt und die Chemie auf einmal stimmt, ist pure Behauptung, keine Erfahrung des Zuschauers, der Zuschauerin. 
2. Dafür gibt es am Anfang interessante Einblicke in die Hochhauslandschafts Frankfurts aus der Vogelperspektive, die nicht oft zu sehen ist, hier aber immer wieder gezeigt wird, denn um Frankfurt am Main geht es, warum es dann Frankfurt an der Oder wird, ist völlig willkürlich. Aber die Hochhäuserblicke gefallen, auch wenn es mit der Geschichte dann nichts zu tun hat. 

Foto:
©Verleih
 
Info:
BESETZUNG

Jakob      Edin Hasanovic
Marie.     Almila Bagriacik
Ruth       Cristina do Rego
Tobi     László Branko Breiding
Frau Dr. Kober.    Iris Berben
Heinke Kurt Krömer
Astrid Nilam Farooq
Paar im Baumarkt Paola Maria
Paar im Baumarkt Stefano Zarrella
Sanitäter Aurel Mertz
Trauredner Fatoni

STAB
Regie Finn Christoph Stroeks & Lena May Graf
Drehbuch Finn Christoph Stroek

Drehorte Berlin & Brandenburg, Hessen und Bayern
Drehzeit Frühjahr 2022
Länge 100 Minuten