Auf DVD seit dem 6. Oktober
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Aufregend, packend, empörend, ach, da fallenmir noch weitere Gefühlsbeschreibungen ein, wenn man diesen Thriller, ja, es ist einer!, durchlebt, durchleidet, der sich nicht nur wegen der so leidenschaftlichen wie stoischen Darstellung der Maureen Kearney durch Isabelle Huppert und durch seine Stringenz auszeichnet. Denn, ganz wichtig, hie r ist erst einmal nichts erfunden, sondern der Film des Regisseurs Jean-Paul Salomé folgt dem Schicksal der Gewerkschafterin, den eine Investigativjournalistin in einem 2019 erschienenen Tatsachenbericht niederlegt.
Wer sich im Leben einer schwierigen Situation gegenübersieht und dann kommt eine weitere dazu, der weiß, wovon die Rede ist, wenn Maureen Kearney einen Alptraum durchlebt, weil sie erst vergewaltigt wird und bei der von ihr in Gang gesetzten Gerichtsverhandlung gegen den Vergewaltiger selbst schuldig gesprochen wird „wegen Vortäuschung einer Straftat“, was das Gericht als Retourkutsche auf Maureens Vergewaltigungsvorwurf entgegnet, weil es ihr nicht glaubt.
Wir sind dabei, wenn am 7. Dezember 2012 der sexuelle An- und Übergriff auf sie erfolgt. Aber schon zuvor hatten wir diese taffe Frau kennengelernt, wie sie unerschrocken den Chefs gegenüber die Belegschaft verteidigt, die dezimiert werden soll. In China soll der Konzern Areva neue Produktionen möglich machen, wo bei es sogar um Atomgeschäfte geht, weil die chinesische Atomindustrie auf Zuarbeit angewiesen ist. Maureen und andere führen den Überfall auf sie auf ihren Widerstand gegen die Pläne der Firma zurück.
Da hätten wir also einen richtigen Wirtschafts-, ach ja, Politkrimi auch. Aber diesen Film irgendwo einzuordnen, hat er gar nicht nötig, denn das komplexe Geschehen hält einen den ganzen Film über in Atem, wobei die Kühle, die Überlegenheit, mit der Maureen in der Darstellung durch Isabelle Huppert diesen Demütigungen, diesen Kränkungen, diesen Verletzungen und Gemeinheiten die Stirn bietet.
Es kommt eine weitere Front. Denn nach dem Überfall, meinen manche und dann auch das Gericht, daß diese Attacke einfach zu gut ins Bild paßt und von ihr, der verfolgten Unschuld, inszeniert worden sei, um Aufmerksamkeit zu gewinnen und damit auch die Pläne der Firma zu unterlaufen, zu desavouieren. Selbst ihr Mann weiß da nicht weiter. Wir erleben eine Frau, die wirklich alleine vor einem Berg von Vorurteilen und Urteilen steht, die sie vernichten wollen, auslöschen.
Und dann kommt noch eine Front. Stimmt das denn alles, was an Verbrechen und Fehlurteilen abgelaufen ist , oder sind wir der Charaktermaske Maureen auf den Leim gegangen und sie ist die Oberschwindlerin mit einer ausgewachsenen Paranoia? Aber das genau will uns ja in der Regel die Mitte der Gesellschaft dauern erzählen, daß es das Problem der Frauen sei, wenn Frauenrechte, die auf dem Papier stehen.
Zunehmend wehrt sie sich, zunehmend durchschaut sie ihre Gegner, ihre Feinde, die sie vernichten wollen und nicht glauben können, welchen Widerstand diese Frau aufbringt, die sich partout nicht zum vernichteten Opfer machen läßt. Respekt. Und wenn man dann weiß, daß dies alles der Wirklichkeit filmisch nacherzählt ist, erfaßt einen Grauen.
Foto:
©Verleih
Info:
Die Gewerkschafterin
DVD
Frankreich/BRD, 2022
FSK ab 16 freigegeben
Bestellnummer: 11462620
Erscheinungstermin: 6.10.2023
Genre: Thriller
Spieldauer: 116 Min.
Regie: Jean-Paul Salome
Darsteller: Isabelle Huppert, Gregory Gadebois, Yvan Attal, Francois-Xavier Demaison, Pierre Deladonchamps, Marina Fois, Alexandra Maria Lara
Filmmusik: Bruno Coulais
Originaltitel: La Syndicaliste (2022)
Sprache: Deutsch, Französisch
Tonformat: Dolby Digital 5.1
Bild: Widescreen
Untertitel: Deutsch