nashornSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. November 2023, Teil 1

Redaktion

München (Weltexpresso) – Was sprach Sie an Kirsten Boies Buch besonders an?

Ich wollte schon immer gern einen Kinderfilm machen. Ich habe irgendwann „Thabo“ in die Hände bekommen, und es waren Figuren, die ich direkt mochte. Mir fiel gleich die Wärme auf, mit der die Kinder untereinander agieren - und dann noch das wunderbare Thema, verbunden mit einer Abenteuergeschichte! Ich fand sehr gelungen, wie Kirsten Boie diese Mischung hinbekommen hat. Ich konnte mir dazu gleich die Filmbilder vorstellen.

Was war das Entscheidende bei der Besetzung der Kinderrollen?

In Südafrika haben wir mit den Castern John-Otto Phike und Ayanda Sithebe gearbeitet und uns die Kinder immer wieder in verschiedenen Konstellationen angesehen. Unser Hauptdarsteller Lithlo war damals 13 Jahre alt. Er spielt in Südafrika in einer Fernsehserie mit und hat viel Dreherfahrung. Ich fand ihn sehr frisch und dynamisch; er hat auch eine ganz besondere Art, sich zu bewegen. Mit ihm hat es sehr viel Spaß gemacht, auch weil er vor Herausforderungen nicht zurückschreckt und einen großen Ehrgeiz hat. In einer Szene sollte er Auto fahren und hat mit dem Safari-Jeep geübt, obwohl er kaum mit den Füßen an die Pedale kam. Nach Emma haben wir in Deutschland gesucht, und mit Ava jemanden gefunden, die „Thabo“ schon kannte und sich schon sehr mit der Rolle auseinandergesetzt hatte, sie brachte zum Casting ein selbstgemaltes Bild von sich als Emma mit.

Wie kam die Besetzung der Erwachsenenrollen zustande?

Wir haben ein halbes Jahr vor Drehbeginn mit den Castings begonnen und hatten dann die Einzel- und Gruppencastings. Das Problem war, dass ich die Darsteller nicht vorher kannte und sie deshalb nur in der Situation beurteilen konnte. Vusi (Nhlakanipho Manqele) haben wir im Theater in Johannesburg gesehen. Ich sah ihn in einem Drei-Mann-Stück und dachte sofort: wir müssen ihn casten! Ich war so begeistert von seiner Präsenz und seinem Spiel.

Was sollen die Zuschauer aus THABO – DAS NASHORN-ABENTEUER mitnehmen?

Ich hoffe, dass die Zuschauer, ob nun Kinder oder Erwachsene, sehen, was für eine wertvolle, aber auch zerbrechliche Welt wir haben, die unbedingt schützenswert ist.
Und mir war es auch wichtig zu zeigen, dass sich die Kinder vorurteilsfrei begegnen. Es sind neugierige, kluge, witzige Menschen, unabhängig von Herkunft und Hautfarbe – wir sind nun einmal alle gleich.


Interview mit Produzent Peter Herrmann

Womit hat Mara Eibl-Eibesfeldt Sie überzeugt, „Thabo“ zu verfilmen?

Als Mara das Buch von Kirsten Boie vorschlug, fand ich die Idee eine Detektivgeschichte mit Kindern aus Südafrika zu erzählen, ungeheuer spannend. Einem westlichen Kinderpublikum das Leben unserer Protagonisten zu zeigen, das so völlig anders als das unserer Kinder ist, das hat mich auf Anhieb interessiert.

Ist es Ihrer Erfahrung nach schwierig, das Publikum zu überzeugen, sich auf eine fremde Welt einzulassen?

Ich habe einige Filme in Afrika gedreht. In der Tat gab es früher, noch bei WÜSTENBLUME, Vorbehalte, ob eine PoC Protagonistin (diesen Begriff gab es damals ja noch gar nicht) im Kino funktionieren würde. Aber das hat sich sehr verändert und heute ist es viel selbstverständlicher sich auf fremde Kulturen einzulassen.


Wie sehr war es nötig, die Buchvorlage zu verändern, damit die Geschichte auch als Kinofilm funktioniert?

Wir haben nur geringe Änderungen am Buch vorgenommen. An manchen Punkten haben wir es etwas modernisiert, etwa indem wir die Figur der Influencerin eingeführt haben und das Personal ein bisschen geändert, so dass es nicht nur Funktionsfiguren sind. Und die Lodge wird bei uns von einer jungen Frau aus Eswatini gemanagt. Die eine entscheidende dramaturgische Veränderung ist aber, dass Emma bei uns aus Deutschland kommt, damit Thabo so ihr seine Welt erklären kann. Gleichzeitig war uns aber wichtig, dass Thabo im Mittelpunkt bleibt und wir in der Erzählung seine Perspektive einnehmen.

Der Film thematisiert ja aber auch Naturschutz und das Problem der Wilderei...

Ganz klar: Das sind ja auch fantastische Bilder, die die Zuschauer zu sehen bekommen. Die Faszination ist einfach da. Auch wenn ich den Safari-Tourismus durchaus kritisch sehe, ist zu spüren, wie sehr die Begegnung mit diesen Tieren und dieser Landschaft Menschen tief berührt. Das ist etwas Besonderes – auf eine Art ist das auch ein bedrohtes Erbe der Menschheit.

Wir nehmen Afrika, wenn wir Nachrichten schauen, vor allem als Schauplatz von Krisen und Katastrophen wahr – was ist Ihre Sicht?

Ich sehe Afrika völlig anders. Südafrika und viele andere afrikanische Staaten sind so lebendige Länder mit so wunderbaren Menschen, gerade auch im kreativen Bereich, die erst angefangen haben, ihr Potential auszuschöpfen. Es tut sich dort aktuell sehr viel. Ich bin sicher, dass eines Tages auch Filme und Serien von dort kommen werden, die diesen Kontinent erzählen und für die ganze Welt bedeutsam sind.


Mara Eibl-Eibesfeldt (Regie)

Mara Eibl-Eibesfeldt studierte Filmregie an der Hochschule für Fernsehen und Film München.
Bereits Maras Kurzfilme fanden viel Beachtung: „Endspiel“ (2005) war Teil der Kurzfilmrolle „Next Generation 2005“ der German Films und lief u. a. auf dem Kurzfilmfestival Hamburg, dem Regensburg Kurzfilmwoche und dem Bilbao Shortfilm Festival: auch „Finger weg vom schwarzen Mann“ (2006), „Tohuwabohu“ (2007) und „Martha“ (2008) liefen auf zahlreichen Festivals wie der Hofer Filmtagen und dem Max Ophüls Preis.

Ihr Debütfilm IM SPINNWEBHAUS (2015) hatte auf der Berlinale in der Reihe Perspektive Deutsches Kino Premiere. Er wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter dem Prix Europa für das beste TV-Drama, dem Nordic Film Foundation’s Award, dem Preis der Schülerjury bei den Filmfestspielen Biberach und dem Youth4GermanCinema Award in San Francisco. THABO − DAS NASHORN-ABENTEUER ist ihr zweiter Kinofilm.


Foto:
©Verleih

Info:
Thabo – Das Nashornabenteuer (Deutschland 2023)
Originaltitel: Thabo - The Rhino Adventure
Genre: Kinderfilm, Romanverfilmung, Artenschutz, Umweltschutz, AIDS, Afrika
Filmlänge: ca. 93 Min.
Regie:
Mara Eibl- Eibesfeldt
Drehbuch: Ursula Gruber und Martin Gypkens nach dem Jugendroman Thabo. Detektiv und Gentleman. Der Nashorn-Fall (2016) von Kirsten Boie
Darsteller: Litlhonolofatso Litlhakanyane, Andrea Sawatzki, Ava Skuratowski, Nhlakanipho Lindokuhle, Kumkani Pilonti, Nissi Bodibe, Vutlhari Sibisi, Joel Olano, Claudio Caiolo u.a.