Redaktion
Paris (Weltexpresso) – „Ich träumte davon, die Bruderschaft der verborgenen Wege zu gründen. Mir ging es dabei nicht um ein Netz von Schleichwegen, sondern um Wege, auf denen man der Gegenwart entkommt.“
Beim Wandern wird das Leben auf das Wesentliche reduziert, meint Sylvain Tesson. Sehen Sie das ähnlich?
Ich verspürte schon seit langem diesen innigen Wunsch, einfach loszuziehen, mich dabei von ganz vielen Dingen freizumachen und mich auf eine Wanderschaft zu begeben. Beim Dreh habe ich genau das getan, was ich mir vorgestellt hatte. Es handelt sich hier ja nicht um einen Spaziergang. Es ist ein Weg, bei dem man sich spüren will und auch eine Form der Heilung erreichen möchte. Ich hatte wirklich Lust, das selbst zu erleben. Mein Spiel habe ich dabei auf das Notwendigste reduziert. Dabei musste ich immer bedenken, dass ich mich in die Fußstapfen von Sylvain Tesson begeben habe. Es bleibt der Schmerz eines anderen Mannes, den ich versuchte, mir anzueignen. Ich konnte ihn verstehen…
Wie spielt man jemanden, der fast immer allein auf der Leinwand zu sehen ist?
Jeder Film ist ein Abenteuer. Aber ein Film ist auch wie ein Wunder und wird nie so, wie man ihn sich vorstellte, als man das Drehbuch las. Ich habe einige Bücher von Sylvain Tesson gelesen, um mich dann doch wieder davon freizumachen. Ich traf ihn auch. In seiner Art, das Leben und die Welt auszufüllen, ist er ziemlich einmalig. Er ist originell, witzig und wenn man mit ihm redet, hat man immer das Gefühl, er sei schon wieder dabei, sein nächstes Buch zu schreiben. Ich musste mich dann im Spiel wieder von seiner Persönlichkeit lösen, weil ich sonst ja nur eine Kopie spiele, was ja völlig uninteressant wäre. Mir war nicht bewusst, wie persönlich sein Buch „Auf versunkenen Wegen“ ist. Das wurde mir erst beim Drehen klar.
Nun findet ja im Film keine Verherrlichung statt. Kam Ihnen diese Zurückhaltung entgegen?
Auf jeden Fall! Die Herausforderung bestand ja darin, von einer sehr persönlichen, intimen Erfahrung zu erzählen. Das ist nie einfach und wie eine Falle. Wenn man im Süden im Mercantour mit dem Dreh beginnt, einer Landschaft, die so wunderbar und gigantisch ist, hat man Lust, sich alles anzueignen. Dabei muss man sich sagen: Ja, es ist schön, aber auch völlig egal. Ein schöner Film ist noch lange kein guter Film. Es ist wie in einem Western, in dem es nur Pferde und Cowboys gibt. Das ist schön, aber wesentlich ist, wie man es erzählt. Man muss den Dingen ganz nah kommen.
Welche Erinnerungen nehmen Sie von den Dreharbeiten mit?
Man geht mit einer gewissen Frustration nach Hause. Aus mehreren Gründen. Zuerst, weil ich natürlich nicht 1300 Kilometer zu Fuß gelaufen bin wie im Buch. Mehr als drei bis vier Kilometer pro Tag waren es nie. Ich habe wunderbare Landschaften durchquert, aber im Auto (lacht). Ich hatte das Gefühl, ganz bei mir zu sein, dabei war ich immer in Gesellschaft. Ich hätte all dies gerne ganz allein gemacht und zweifellos mache ich das auch eines Tages. Das Beste sind die Erinnerungen an die Leute, die ich auf den Dorfplätzen traf, die etwas spontan mit einem teilten. Es erinnert einen daran, dass es noch Menschlichkeit und Wärme gibt, das beruhigt.
VOR DER KAMERA
JEAN DUJARDIN als Pierre
Als er für THE ARTIST 2012 als erster Franzose einen Oscar als „Bester Schauspieler“ gewann, entdeckte man Jean Dujardin endlich auch außerhalb Frankreichs. Dabei war der 1972 geborene Dujardin in Frankreich längst ein Star. Bekannt wurde er durch die Vorabendserie UN GARS, UNE FILLE (1999-2003) in der er, an der Seite seiner damaligen Ehefrau Alexandra Lamy, den typischen Mann spielte, der seiner Frau nie zuhört. Das Erfolgsrezept des rüpelhaften Charmeurs, der durch Virilität auf Frauen wirkt, kultivierten Jean Dujardin und Regisseur Michel Hazanavicius in den beiden Spionage-Persiflagen OSS 117 – DER SPION, DER SICH LIEBTE (2006) und OSS 117 – ER SELBST IST SICH GENUG“ (2009). Mit THE ARTIST wurden Hazanavicius und Dujardin 2011 beim Festival in Cannes in den Wettbewerb eingeladen und ein Jahr später gewann der Film gleich fünf Oscars. Seitdem hat Jean Dujardin in über 20 Kinofilmen mitgespielt und mit so unterschiedlichen wie renommierten Regisseuren wie Martin Scorsese, George Clooney, Claude Lelouch, Roman Polanski oder den Kultregisseuren Gustave Kervern und Benoït Delépine gearbeitet.
Filmografie: (Auswahl von Filmen mit deutschem Kinostart)
2023 AUF DEM WEG von Denis Imbert
2022 NOVEMBER von Cédric Jiminez
2019 INTRIGE von Roman Polanski
2016 MEIN ZIEMLICH KLEINER FREUND von Laurent Tirard
2014 MONUMENTS MEN von George Clooney
2013 THE WOLF OF WALL STREET von Martin Scorsese
2011 THE ARTIST von Michel Hazanavicius
2007 39,90 von Jan Kounen
Fotos:
©Verleih
Info:
AUF DEM WEG
(OT: SUR LES CHEMINS NOIRS)
Drehbuch DIASTÈME, DENIS IMBERT
Nach der Erzählung „Auf versunkenen wegen“ von SYLVAIN TESSON
Regie. DENIS IMBERT
Darsteller Pierre Jean Dujardin
AUF DEM WEG ist eine Produktion von Radar Films, La Production Dujardin, TF1 Studio, Apollo Films, Echo Studio, France 3 Cinema, Auvergne-Rhône-Alpes Cinéma, unter Beteiligung von France Télévisions la région Auvergne-Rhône-Alpes und dem CNC OCS, mit der Unterstützung vom Institut national de l’information géographique et forestière und der Unterstützung des Département des Alpes de Haute-Provence und Alpes-Maritimes.
Abdruck aus dem Presseheft