IMG 2729Im Wettbewerb – Berlinale-Tagebuch (5)

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) – Wie immer bei der Berlinale, richten sich alle Augen auf den Gold- und die Silberbären für die Wettbewerbsbeiträge. Doch an diesem Wochenende werden darüberhinaus zahlreiche weitere Preise und Trophäen an Filmschaffende vergeben.

 

Während ich diese Zeilen schreibe, wird auf meinem Bildschirm gerade die Mail einer Presseagentur eingeblendet, dass der Dokumentarfilm „Favoriten“ den Friedensfilmpreis 2024 in der Sektion Encounters erhält.

Früher waren die Berliner und überregionale Zeitungen voll mit den Bärenorakeln, also welche Filme, sich welche Trophäen verdient haben. Da die Unterschiede zu den Jury-Entscheidungen häufig unglaublich krass waren, hat man diese Weissagungen wohl eingestellt. Aber auch bei uns Presseleuten sind die unterschiedlichen Einschätzungen oft nicht zu fassen. Filme, die ich völlig banal und uninteressant finde („Hors Du Temps“) werden gelobt, während ihnen meine, im Folgenden genannten Lieblinge „zu blutrünstig“ oder „zu kitschig“ sind.

Eine Jury muss ja diskutieren, abwägen, entscheiden und dann zu einer ausgewogenen Entscheidung kommen. Denn jeder Film darf nur einen Bären erhalten, außer hinsichtlich der schauspielerischen Leistung. Ich hatte bereits geschrieben, die kraftvollen Frauen sind – erneut – die Gewinner des Festivals, das hat sich auch in den Filmen der letzten Tage fortgesetzt. Insgesamt zähle ich neun (!) Schauspielerinnen, die einen silbernen Bären für ihre darstellerische Leistung verdient hätten. Möglicherweise werden sie indirekt ausgezeichnet, wenn ihre Filme einen der ersten drei Preise bekommen: 

Hier sehe ich die Filme „My Favourite Cake“ (Iran), „In Liebe Eure Hilde“ (Deutschland), „Shambala“ (Nepal), „Sterben“ (Deutschland), „Des Teufels Bad“ (Österreich) oder „A Different Man“ (USA). Natürlich fällt auf, dass alle drei deutschsprachigen Beiträge aus meiner Sicht sehr gut sind. 

Für besondere künstlerische Leistungen sehe ich einen Silberbären für „Architecton“ (Deutschland/Frankreich), den Nilpferdfilm „Pepe“ (diverse Länder) oder „La Cocina“ (USA). Ein Bär für die Regie könnte an „Gloria“ (Italien) gehen…

Im Moment flattert die nächste Mail über den Schirm, welche Beiträge in Generation gläserne Bären gewonnen haben. In meinen Vorabberichten hatte ich die prämierten Filme „Last Swim“ und „Maydegol“ erwähnt.

…und ein Bär für das Drehbuch von „In Liebe Eure Hilde“ oder „Des Teufels Bad“. Alle Filme sind hier in WELTEXPRESSO besprochen worden. Vielleicht liege ich mit meiner Hellseherei völlig daneben, aber das werden wir ja heute Abend sehen.

Bis dahin Grüße aus Berlin, etwas melancholisch, weil ich mich heute vom Potsdamer Platz verabschieden musste. In dessen Kinos habe ich weitgehend die letzten sechs Wochen verbracht und gut 60 Filme gesehen.

Ein beeindruckendes Privileg für uns Journalisten!

Foto:
Die starke Pema (Thinley Lhamo) auf der Pressekonferenz von "Shambhala" 
© Hanswerner Kruse