morgen1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. April 2024 Teil 12

Redaktion

Rom  (Weltexpresso) - Paola, wie ist die Idee zum Film entstanden, und was war Ihnen wichtig zu erzählen?


Der Film entstand aus dem Wunsch, die Geschichten der Menschen zu erzählen, die in der unmittelbaren Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg lebten, Geschichten, die ich von den Veteranen in meiner Familie hörte: Großmütter, aber auch Tanten, meine Eltern. In diesen Geschichten gab es Freud und Leid des Lebens, das ihnen widerfahren war, oder den Verwandten, den Nachbarn, den Kindern auf der Straße. Dramatische, lustige, paradoxe, manchmal tragische Geschichten. In jeder von ihnen gab es Frauen, die ein Leben voller Missbrauch akzeptiert hatten. Ich wollte davon erzählen – von einer Zeit, in der es so gut wie keine Frauenrechte gab – und gleichzeitig von der Geburt eines Bewusstseins, eines spontanen Keims im Leben einer ganz normalen Frau.

Wie gestaltete sich angesichts der knapp 80 Jahre zurückliegenden Handlung die Dokumentations- und Schreibphase?

Wir haben uns auf unser Familienwissen gestützt, aber da diese Geschichte in einem sehr spezifischen historischen Kontext spielt, haben wir den Rat der Historikerin Teresa Bertilotti in Anspruch genommen. Schon als Kind habe ich mir die Geschichten, die mir erzählt wurden in schwarz-weiß vorgestellt, sicherlich beeinflusst von den Filmen, die in dieser historischen Periode spielen und die in unserem Haus sehr beliebt waren: die großen neorealistischen Kinoproduktionen jener Zeit, dann die italienische Komödie. In meinem Film habe ich mich jedoch gerne auf den so genannten rosa Neorealismus bezogen, der realistische Fakten und Charaktere erzählte, aber in einem romantischen Kontext, in dem der Motor am Ende des Tages eine Liebesgeschichte war (ich denke da zum Beispiel an CAMPO DEI FIORI von Mario Bonnard, oder ABBASSO LA MISERIA! von Gennaro Righelli). In diesem Zusammenhang habe ich das 4:3-Format für die Sequenz verwendet, die den Film eröffnet. Ich wollte in den ersten Minuten die Atmosphäre dieses Kinos wiedergeben und dann sowohl das Format als auch den Diskurs „erweitern“.

Wer ist die Delia, die Sie spielen, und wie entwickelt sich ihr Weg?

Delia ist eine eher unbewusste Frau, wie so viele Frauen der damaligen Zeit, die nie über ihr Leben entscheiden konnten. Sie hat keine Ambitionen, außer die einer guten Ehe für ihre Tochter. Es ist unglaublich, dass dies für viele Familien und viele junge Menschen immer noch als Ziel gilt. Aber während sie Marcella beobachtet, wird Delia klar, dass sie den bereits vorgezeichneten Lauf von Marcellas Lebens ändern muss.

Wie haben Sie die Figur des despotischen Ivano, des Symbols für den stumpfen Machismo während des Faschismus angelegt? Haben Sie sie gemeinsam mit Valerio Mastandrea entwickelt?

Zu Beginn, als der Charakter des Ivano noch nicht vertieft war, stellten wir uns einen Mann vor, der in seiner Körperlichkeit, in seinen Zügen, eine sehr offensichtliche Härte zeigte. Aber als das Schreiben fortschritt, erschien es natürlicher, Ivano als einen gewöhnlichen Mann zu entwickeln, gewalttätig und manchmal erschreckend, aber auch unwissend, ungeschickt, lächerlich. Kein Monster also, sondern ein gewöhnlicher Mensch, der in einer „Normalität“ lebt, die unsägliche und gewohnheitsmäßige Gewalt zulässt.

Um eine so komplexe Rolle zu interpretieren, war es unerlässlich, einen Darsteller zu haben, der beide Register beherrscht und sie fast gleichzeitig einsetzen kann. Valerio hat die Fähigkeit alles, was er tut, authentisch zu machen. Er hat die Nuancen des Charakters von Anfang an erfasst und sie vollständig umgesetzt. Er hat sie sozusagen geheiratet. In der Vorbereitungsphase haben wir dann, wie im Theater üblich, drei Wochen lang mit allen Darstellern geprobt, und auch in dieser Phase war die Konfrontation mit Valerio für mich unverzichtbar.

 
Wie und warum haben Sie Ihre Schauspieler ausgewählt?

Valerio, Giorgio, Emanuela, Vinicio, das sind außergewöhnliche Schauspieler, mit denen jeder arbeiten möchte, und anstatt zu erklären, warum ich sie angerufen habe, möchte ich ihnen danken, dass sie sich bereit erklärt haben, in meinem Film mitzuspielen. Danke schön! Durch die brillanten Casting-Vorschläge von Laura Muccino und Sara Casani konnte ich dann die sehr junge Romana Maggiora Vergano als Tochter Marcella und Francesco Centorame als ihren Verlobten Giulio besetzen. Ich war von ihrem Vorsprechen und ihren erstaunlichen schauspielerischen Fähigkeiten überwältigt. Die beiden verfügen über außergewöhnliches Talent und Feingefühl.

Erinnern Sie sich an einen Moment, der Sie besonders bewegt hat?

Es waren so viele, es war ein heiteres und vertrauensvolles Set, bei dem ich das Vergnügen und das Glück hatte, alles mit einer Crew zu teilen, die mich jeden Tag aufs Neue begeisterte. Die Elektriker, die Bühnenarbeiter, die Fotografie-, Bühnenbild-, Kostüm-, Maskenbildner- und Frisurenabteilung waren immer in der Nähe und haben ihr Bestes gegeben. Der aufregendste Moment war, als ich während der Dreharbeiten zur Endsequenz einen Vorschlag machte, der nicht im Programm stand, und etwa 300 Menschen aufforderte, den Mund zu halten und die Lippen zu schließen: Sie taten es auf die bestmögliche Art und Weise, mit großem emotionalem Engagement. Ich war gerührt. Aber ich habe nicht geweint, ich habe gesagt: „Wunderschön! Lasst uns noch einen Take machen.“

Foto:
©Verleih

BESETZUNG
Delia.      PAOLA CORTELLESI
Ivano.     VALERIO MASTANDREA
Marcella.    ROMANA MAGGIORA VERGANO
Marisa.       EMANUELA FANELLI
Ottorino.    GIORGIO COLANGELI
Nino.         VINICIO MARCHIONI
Giulio.        FRANCESCO CENTORAME
 

STAB

Regie.   PAOLA CORTELLESI
Story & Drehbuch.  
FURIO ANDREOTTI, GIULIA CALENDA,
PAOLA CORTELLESI

 Abdruck aus dem Presseheft