Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Vor den Film ist eine zweite Eröffnung gesetzt. Erst einmal begrüßen erneut die Festivalchefs Johanna Süß und Gregor Maria Schubert die große Anzahl an LICHTER FREUNDEN, denn in den Kinosaal 5 des Metropolis, ein paar Schritte vom Festivalzentrum Massif Arts entfernt, passen sehr viele Leute. Auf den Film ist man schon deshalb gespannt, weil dieser Film unter REGIONALER FILM läuft und man gehört hatte, daß es um Namen und Bürokratie geht, wo doch letzte Woche gerade ein iranischer Film anlief, ein sensationell guter Film, der mit der Namensgebung David vor einem iranischen Standesamt beginnt.
„Im Kino gewesen.
Geweint.“
auf die Leinwand, was Degen inhaltlich fortsetzte und von den Emotionen sprach, die ein Kinobesuch mit so vielen Zuschauern bedeute. Kino, das sei Gemeinschaftsgefühl, das es in dieser Form nur im Kino gebe (auf das Waldstadion und die Eintrachtspiele wies er nicht hin). Aber es ist ja richtig angesichts der TV-Serien, inzwischen nicht mal mehr auf dem Rechner, sondern auf dem Handy, also völlig alleine gesichtet, darauf hinzuweisen, was gemeinsam Filme zu schauen an Gesprächsbedarf mit anderen bedeutet. Es fördert den Austausch und den Dialog über das gerade Gesehene zu sprechen, nachzufragen, seine Meinung zu äußern.
Stimmt. Diesen Film einzuordnen ist schwer und leicht zugleich. Denn er ist zuvörderst ein Experimentalfilm, aber auch eine Autobiographie, ein Tanzfilm, eine Fantasy, ein Theaterfilm und was noch alles, weil der Film zwischen Wirklichkeit und Träumen, was wir Fiktion nennen, sich hin und herbewegt und man irgendwann keine Lust mehr hat, das auseinanderzuhalten, was hier autofiktional daherkommt. Tatsächlich wird von einer Filmemacherin erzählt, die aus Teheran stammt, in München lebt und einen Teil ihres Namens loswerden will: Shahid eben, was auf Deutsch Märtyrer bedeutet, mit solch einem Ballast will Narges in Deutschland nicht herumlaufen und will daher diesen Namensteil offiziell loswerden. Wer müßte da nicht an den gerade angelaufenen iranischen Film IRDISCHE VERSE denken, der in allem, formal und gestalterisch, das Gegenteil von diesem Film ist, aber das Thema ausufernde
Die Protagonistin im Film hat es schwer, wenn sie nun die deutsche Bürokratie von der Sinnhaftigkeit und Relevanz ihres Begehrens, den Namen loszuwerden, überzeugen will, zumal sie einen Gegenspieler hat. Ihren Urgroßvater, dem sie den Namen verdankt, ein Mullah, der als Märtyrer zu Tode kam und nun mit seinen schwarzgewandeten bärtigen Kumpels durch deutsche Straßen tanzt. Doch, das hat was, diese Tanzeinlagen, die derart absurd sind und dennoch einen inhaltlichen Zweck erfüllen. Denn diese Männergruppe soll die aufbegehrende Filmemacherin von ihrem Plan, Shahid loszuwerden, abbringen. Das ist verspielt, aber wird auch ernsthaft verhandelt, wir erleben Geschichtsstunden, Theaterbühne und vor allem, wie der Film entsteht, denn es geht auch um einen Film-im-Film und wir sehen der Regisseurin bei ihrer Arbeit mit den Schauspielern zu. Das war ein langer Abend.
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