DAAD-Stipendiatin zu Gast am 28. und 29. Mai 2024 im Berliner Kino Arsenal
Romana Reich
Berlin (Weltexpresso) - Die chinesische Filmemacherin Zheng Lu Xinyuan ist zurzeit Stipendiatin des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Mit ihren beiden Langfilmen lotet sie unerschrocken und formal kreativ Möglichkeiten des autobiografischen Kinos aus.
Im Arsenal präsentiert Zheng Lu Xinyuan ihren zweiten abendfüllenden Film JET LAG (Österreich/Schweiz 2022), in dem sie verschiedene Zeiten und Orte zu einem persönlichen Essay über Intimität, Familie, abwesende Väter, Leben in der Diaspora und die Unzuverlässigkeit der Erinnerung verbindet. Als Director’s Choice hat Zheng Lu Xinyuan die fünfteilige Arbeit eines Künstlers ausgewählt, die mit großem Erfolg auf der Biennale von Venedig uraufgeführt wurde: Yang Fudongs SEVEN INTELLECTUALS IN A BAMBOOFOREST (2003-2007).
JET LAG Zheng Iu Xinyuan Österreich/Schweiz 2022
Programm
Di 28.5., 19:30h, Anschließend Diskussion (in englischer Sprache) mit Zheng Lu Xinyuan
JET LAG Zheng Lu Xinyuan Österreich/Schweiz 2022 OmeU 111‘
Bilder und Reflexionen aus der pandemisch bedingten Isolation in einer Wohnung in Graz und einem Quarantäne-Hotel in China werden verwoben mit Familiengeschichte: einer Reise der Familie nach Myanmar auf den Spuren des Urgroßvaters der Filmemacherin, der in den 40er Jahren von dort nie zurückgekehrt ist. Sein geheimnisvolles Verschwinden bewegt seine Tochter, Zheng Lu Xinyuans Großmutter, auch heute noch. Mit DVCAM-Kamera und Smartphone eingefangene Momente, das durchgängige Schwarz-Weiß sowie die non-lineare Anordnung der Bilder lassen ein Driften durch Zeit und Raum entstehen.
Mi 29.5., 18h, Einführung: Zheng Lu Xinyuan (in englischer Sprache)
SEVEN INTELLECTUALS IN A BAMBOO FOREST Yang Fudong China 2003-2007 OmeU 297‘
Im Jahr 2003 produzierte Yang Fudong den ersten Teil seines bahnbrechenden fast fünfstündigen Films. In der Folge entstand bis 2007 jährlich ein weiterer Teil, jeweils in Schwarz-Weiß auf 35-mm-Filmmaterial gedreht. Eine alte chinesische Fabel aktualisierend, geht es um eine Gruppe junger, desillusionierter Stadtbewohner, die sich in Chinas aufstrebender kapitalistischer Wirtschaft zurechtfinden müssen. Teil 1 beginnt auf dem Gelben Berg, einer idealisierten Vision der Natur, die in unzähligen chinesischen Tuschemalereien dargestellt wird. Darauf folgt eine lange Reise zur Selbsterkenntnis, die durch eine abgeschottete Stadtwohnung (Teil 2), einen Bauernhof (Teil 3), ein Fischerdorf (Teil 4) und die luxuriösen Freizeiteinrichtungen Shanghais (Teil 5) führt. Dabei stellen sich Fragen zur Dissonanz zwischen Männern und Frauen, Individuum und Gesellschaft, Vergangenheit und Gegenwart, Realität und idealer Welt.
Zheng Lu Xinyuan (*1991) wurde an der USC School of Cinematic Arts in Los Angeles ausgebildet. Ihre persönlichen Arbeiten zeichnen sich durch eine besondere feministische Sensibilität aus, die von ihrem Erleben des postsozialistischen, städtisch geprägten China beeinflusst sind. Technisch präzise, experimentiert sie mit hybriden Ansätzen und lässt am Set Möglichkeiten von Begegnung und Improvisation zu, die sich in Richtung kleiner, sozialpsychologischer Performanceprojekte bewegen. Als Filmemacherin, die in der chinesischen Metropole Hangzhou lebt und arbeitet, befindet sie sich in einer Übergangsphase des unabhängigen chinesischen Films. Mit einer neuen Art des Filmemachens, die mit der Zensur im Land kämpft, hat Xinyuan ihre Praxis erweitert: Sie zeigt und diskutiert ihre Filme, führt sozial engagierte Videokunstprojekte durch und bietet alternative Grassroots-Filmworkshops an.
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD / Dank an die Marian Goodman Gallery
Foto:
©Arsenal