Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. September 2024, Teil 9Redaktion
(Weltexpresso) - „Damit die Spannung auf der Leinwand wirksam werden konnte, genügte es den Filmemachern nicht, sich auf Berrys schauspielerische Leistung als Mutter zu verlassen. Sie mussten talentierte Darsteller für die Rollen der Kinder finden, die der Aufgabe gewachsen sein würden. „Für mich war das Wichtigste, wer meine Söhne spielt", erklärt Berry. „Also habe ich hartnäckig versucht, zwei Jungs zu finden, mit denen ich interagieren konnte und von denen ich dachte, dass sie diese Charaktere auf realistische Weise zum Leben erwecken könnten." Obwohl es sich bei den Jungen um Zwillinge handelte, wurden sie vor allem durch ihre Unterschiede definiert.
„Wie bei vielen Geschwistern schaut man oft hin und fragt sich: 'Wie können sie nur von denselben Eltern abstammen?'", macht Jeter deutlich, bevor sie erklärt: „Nolan ist sehr neugierig, ein bisschen misstrauisch und skeptisch. Er ist etwas ruhiger und betrachtet die Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Nolan nimmt sich Zeit, um zu beobachten und sich zu fragen, was es sonst noch alles geben könnte. Samuel hingegen ist einfach voller Energie und sehr engagiert in seinem Zuhause. Er liebt jeden einzelnen Tag. Samuel ist nach wie vor unglaublich dankbar. Aber das Interessante an seiner Figur ist die Geschichte, die er sich selbst zurechtlegt und die ihn glauben lässt, dass dies der richtige Weg ist."
„Percy Daggs IV war bereits Nolan bei seinem Vorsprechen", berichtet Berry. „Er balancierte das Gewicht von Nolan auf eine ganz natürliche Weise. Die meisten Schauspieler tragen die Figur nicht von Anfang an in ihrem Körper. Das ist eine Gabe." Percy wurde erst spät entdeckt, aber wie Cohen sich erinnert, direkt vor Ort gecastet, als Aja und Berry mit ihm vorsprachen. Einige der emotionalsten Momente des Films basieren auf der Komplexität von Anthony Jenkins' Darstellung, wenn Samuel auf Nolans zunehmende Zweifel reagiert, ob ihre Mutter sich das Böse nur einbildet. „Es macht viel aus, dass sich Anthony auf die Macken seiner Figur einlässt. Er hat keine Angst davor, das ungewöhnliche Kind zu sein", so Jeter. Anthony beschreibt den Kontrast gut, wenn er sagt: „Nolan will die Welt verändern, aber Samuel will,
dass sie bleibt, wie sie ist."
„Die Familiendynamik wird durch die Tatsache interessanter, dass die Details, die wir über die Mutter erfahren, uns glauben lassen, dass sie und Nolan sich tatsächlich sehr ähnlich sind. Als Kind ist sie aus diesem Haus weggelaufen. Sie wuchs in einer religiösen und gewalttätigen Familie auf, die glaubte, das Böse sei in der Welt. Jetzt ist es Nolan, der nicht glauben will, dass ein Leben im Nirgendwo besser sein kann als ein Leben in der Außenwelt", erklärt Aja.
Auf die Vorgeschichte der Mutter wird nur flüchtig Bezug genommen. Eine Szene ist allerdings sehr einprägsam, in der das Böse in Gestalt des Vaters (William Catlett) durch das Haus spaziert und seine Kinder sehen will. Durch diese Erscheinung erfahren wir den Namen der Mutter, June, und erhalten einen Einblick in ihre Psyche, bevor das Böse sie zwang, sich in der Hütte ihrer Eltern zu verstecken. Es gibt noch weitere verstreute Details, wie ihre Schlangentätowierung auf dem Rücken. Das wiederkehrende Symbol der Schlange steht für die „sich wandelnden bösen Kräfte", in Ajas Worten, „die in der jüdisch-christlichen Religion und in anderen Mythologien zu finden sind". Dann gibt es noch die Sofortbildkamera, die June hervorholt, um Nolan und Samuel einen Blick in ihr früheres Leben zu verschaffen.
„Mamas Körper vermittelt ihre Hintergrundgeschichte", erläutert Berry. „Wenig davon ist festgeschrieben, aber es gibt Hinweise. Die Tätowierungen, eine große alte Narbe, die über ihre Stirn verläuft, Verbrennungen hervorgerufen von Zigaretten, Schürfwunden an ihrem Handgelenk. Sie musste durchhalten, um zu überleben." Der Film deutet an, dass sie vor ihrem Mann fliehen musste. Berry stellte Recherchen an, in Bezug darauf, was die Ursprungsgeschichte der Mutter gewesen sein könnte. Sie untersuchte unter anderem den Fall der Turpin-Kinder, deren Eltern fanatisch religiös waren und sie ihr ganzes Leben lang im Haus eingesperrt hielten. Berry hat sich auch mit Schizophrenie beschäftigt: „Ob die Mutter nun an Schizophrenie oder einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung leidet, nach
zehn Jahren im Nirgendwo ist man in seiner Fähigkeit, sich auszudrücken und zu funktionieren, spürbar eingeschränkt. Ich habe versucht, so viele Wege wie möglich zu beschreiten, um herauszufinden, wer diese Frau sein könnte, um dann zu entdecken, wie sich das in meinem Körper niederschlägt."
Um ihren Körper in den von Momma zu verwandeln, verließ sich Berry auf die Fähigkeiten ihrer langjährigen Maskenbildnerin Norma Patton-Lowin, die ihr nicht nur alle Narben, Verbrennungen und Tätowierungen auftrug, sondern auch empfahl, sich auf die Rolle vorzubereiten, indem sie sich die Fingernägel abbiss. „Einfach nur kurz schneiden würde nicht funktionieren", erklärte sie. Außerdem ließ sich Berry die Augenbrauen sowie alle Körperhaare wachsen. Als sie dann am Set war, „haben wir ihr vorübergehend die Zähne gefärbt", berichtet Patton-Lowin. Dieser Grad des Eintauchens in die Rolle war für Berry wichtig. „Als die Zähne gelb wurden, war ich drin", stellt Berry fest.
Ebenso wichtig erschien es ihr, die Realität der Mutter und ihrer Jungs durch die Kleidung widerzuspiegeln. „Als June sich entschied, ihre Kinder in diesem Haus zur Welt zu bringen und darüber hinaus beschloss, ihre Eltern zu töten, besaß sie nur die Garderobe, die ihre Mutter und ihr Vater im Schrank hängen hatten. Alle Kleider, die ich und die Jungs tragen, sind also von dem abgeleitet, was bereits da war." Dementsprechend ist die Kleidung im Film ausgebeult und mehrfach geflickt.
Die physische Erscheinung der Figuren musste jedoch mehr vermitteln als nur eine weitgehende Abkopplung vom Rest der Welt. Die Charaktere sollten auch unterernährt wirken. Berry hat für die Rolle zehn Pfund abgenommen: „Schon das bisschen war eine Zumutung für meinen Körper", betont sie. „Es hat mir ein hageres Aussehen verliehen und dann ist Norma hinzugekommen und hat diese Hagerkeit noch unterstrichen." Patton-Lowin beschreibt drei Stadien der Abmagerung. „Die ersten beiden Stufen sind ziemlich subtil", erläutert sie. „Ich habe ihre Augenpartie abgedunkelt und Wangenknochen sowie
Kieferknochen ausgehöhlt." In der dritten Phase „bekommt sie eine violett-bräunliche Färbung um die Augen herum, als ob die Haut dünner werden würde. Ich habe ihre Handrücken konturiert, so dass es aussieht, als könnte man alle Sehnen deutlich wahrnehmen und direkt beobachten, wie die Figur immer dünner wird."
Naomi Bakstad, die leitende Maskenbildnerin, war für das Make-up von Jenkins und Daggs verantwortlich. Sie und Patton-Lowin stimmten sich ab, um sicherzustellen, dass sich die Mutter und ihre Söhne in denselben physischen Stadien befanden. „Anthony ist eher rundlich und hat große Augen, das heißt, er sieht sehr gesund aus", führt Bakstad aus. „Ich musste ihn so gestalten, dass er kantiger wirkt und diese gesunde Rundung verschwindet." „Percy hat eine feinere Knochenstruktur", ergänzt Bakstad. „Nachdem ich ihn schattiert hatte, musste ich mehr an seinen Sommersprossen arbeiten, mit viel mehr Rötung um seine Augen herum." Bakstad arbeitete eng mit der Hauptfriseurin Julie McHaffie zusammen, die das Styling der Haare der Jungen verantwortete. „Sie durften nicht so aussehen, als hätte ihnen jemand professionelles die Haare geschnitten", stellt McHaffie klar. „Also haben wir versucht, alles wirklich grob wirken zu lassen. Was die Haare der Mutter angeht, bringt es Berry auf den Punkt, wenn sie sagt: „Frag dich einfach, wie würde dein Haar aussehen, nach zehn Jahren in der Wildnis?"
Ein weiteres wichtiges Element der Hintergrundgeschichte war die geografische Lage des Hauses. „Diese Familie lebt im Süden von Tennessee", erläutert Cohen, „das ist nur ein Detail, aber wir haben viel darüber gesprochen." Das bedeutete, dass die Charaktere einen Südstaaten-Akzent haben mussten, eine zusätzliche Herausforderung für die beiden Kinderdarsteller, die nur eine beschränkte Zahl von Stunden pro Tag zur Verfügung standen.
„Aber wir folgten dem Beispiel von Halle und ihrem Instinkt". Jeter meint, dass „Halle sehr viel am Dialekt gearbeitet hat, damit es authentisch klang. Sie wollte June auf authentische Weise verkörpern." Daggs, der bereits für eine andere Produktion an seinem Südstaaten-Akzent gearbeitet hatte, gibt zu, dass „es immer noch schwierig war, weil es Änderungen gab, um nicht zu sehr nach Südstaaten zu klingen, sondern genau das richtige Maß zu treffen." Hilfe erhielt Jenkins aus unerwarteter Richtung. „Ich war mir dessen nicht bewusst, aber mein Vater ist aus dem Süden." Wenn es Probleme gab, sei es mit dem Akzent oder mit anderen Aspekten der Darbietung, konnten sich die jungen Schauspieler immer an ihren versierten Co-Star wenden.
„Halle benutzte ihren Südstaaten-Akzent nur während des Drehs", berichtet Jenkins. „Sobald wir am Set waren, schaltete sie um, als hätte sie ihr ganzes Leben lang so gesprochen." Daggs beschreibt Berry als erstaunlich freundlich und ergänzt, dass sie ihm „viele Tipps gegeben hat, um besser zu werden. Selbst wenn man etwas vergisst, erinnert sie einen schnell daran. Sie ist immer für junge Schauspieler wie mich und AJ da." Auch abseits des Drehs wurde Berry zu einer Art Mutterfigur und Beschützerin der Jungs, wie Cohen es ausdrückt.
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