Hugo Cabret1TV-Tipp für Sonntag, 20. Oktober 2024 bei ARTE

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Der etwa 11jährige Waisenjunge Hugo Cabret (Asa Butterfield) lebt 1931 in Paris allein in einer Dachgeschosswohnung des riesigen Bahnhofs Montparnasse, nachdem sein Vater (Jude Law) bei einem Brand im Museum umgekommen ist und auch sein alkoholkranker Onkel Claude (Ray Winstone) in der Seine ertrunken ist. Claude, der ebenfalls wie Hugos Vater Uhrmacher war, war für die Wartung der Bahnhofsuhren zuständig. Claude hat Hugo angelernt, damit der Junge die Arbeiten für ihn übernehmen kann. Hugo übernimmt so gut die Arbeit, dass niemand auffällt, dass Claude nicht mehr da ist.


Daneben träumt Hugo davon, einen kaputten Automatenmenschen zu reparieren, um das Vermächtnis seines verstorbenen Vaters wieder herzustellen, da der den Automaten auf dem Dachboden des Museums gefunden und zu Hause begonnen hat, ihn zu reparieren.

Auf der Suche nach Ersatzteilen trifft der Junge eines Tages auf das Mädchen Isabelle (Chloë Grace Moretz) und einen mürrischen Spielzeughändler (Ben Kingsley), der ihn beim Klauen notwendiger Teile für seinen Automaten in dessen Laden für mechanische Spielzeuge erwischt hat.

Da ihm der Spielwarenhändler das Notizbuch seines Vaters mit den Plänen der Maschine abnimmt, versucht der Junge es zusammen mit Isabelle, der gleichaltrigen Patentochter des Spielwarenhändlers, von ihm wieder zurück zu bekommen. Denn dem Automaten fehlt letztendlich nur noch ein wichtiges Teil: ein Aufziehschlüssel mit einem herzförmigem Schlüsselbart.

Als die Kinder entdecken, dass Isabelle den Schlüssel als Anhänger trägt, setzen sie damit den Automaten in Gang und der zeichnet ein Bild aus dem Film ″Die Reise zum Mond″, dem Film, vom dem Hugos Vater seinem Sohn erzählt hat. Dann unterschreibt der Apparat die Zeichnung auch noch mit ″Georges Méliès″ – dem Namen von Isabelles Patenonkel.

Hugo will jetzt unbedingt hinter das Geheimnis des Automaten kommen. Bei seinen Recherchen stößt er auch auf Professor Rene Tabard (Michael Stuhlbarg). Dabei erkennen die Kinder, dass Isabelles Patenonkel identisch mit dem Filmpionier Georges Méliès ist, der u.a. für seine Aufführungen Automaten baute – darunter den, der nun in Hugos Besitz ist.

Dadurch tauchen Hugo und Isabelle immer tiefer in die Zeit der Geburtsstunde des Kinos ein, denn sie erfahren, wer jetzt im Bahnhof Montparnasse seine Spielwaren verkauft – es ist niemand Geringeres als der französische Filmpionier Georges Méliès. Die Kinder schauen sich zusammen mit Professor Tabard ″Die Reise zum Mond″ an, den - so vermutet Professor Tabard - einzigen erhaltenen Film von Georges Méliès. Als dieser zur Vorführung dazu kommt, erzählt ihnen seine Geschichte…


Hugo Cabret2″Hugo Cabret″ ist die Filmadaption des Romans "Die Entdeckung des Hugo Cabret" von 2007 von Brian Selznick, der sowohl für den Text als auch die Illustrationen verantwortlich ist. Das Drehbuch stammt von John Logan, Regisseur ist Martin Scorsese in seinem ersten Jugendfilm. In ihm setzt Scorsese dem Kinopionier Georges Méliès (1861 - 1938), der bis 1922 mehr als 500 (!) Filme drehte, ein unvergessliches Denkmal.

Es ist eine visuell beeindruckende Literaturverfilmung entstanden, die daneben ein bildgewaltiges Märchen und eine Ode an die Anfänge des Kinos ist, denn Scorsese hat auch auf dokumentarischer Basis über die Anfänge des Films, auf die Lumières und auf Georges Méliès, die Pioniere des Stumm-Films, mit echten historischen Aufnahmen wie Méliès’ ″Eine Reise zum Mond″ oder wie ″Ankunft eines Zuges″ von den Lumière-Brüder und auf weitere Leinwandgrößen der Stummfilmzeit hingewiesen.

Mit "Hugo Cabret" überrascht Scorsese sowohl thematisch als auch in der Machart, denn es ist ein poetischer Abenteuerfilm, der sich aber nicht nur an ein junges Publikum wendet, sondern es ist ganz sicher auch ein Leckerbissen für Filmfans.

Der Film kann aber auch mit seinen Darstellern überzeugen. Dies gilt für die beiden Jugendlichen Asa Butterfield als Hugo und Chloë Grace Moretz als Isabelle, die ihre Rollen sehr überzeugend spielen. Dabei lastet die emotionale Ebene des Films hauptsächlich auf den Schultern des zum Zeitpunkt des Drehs 13-jährigen Asa Butterfield, der in beinahe jeder Szene zu sehen ist und der die alles andere als leichte Aufgabe seiner Rolle mit Bravour meistert. An seiner Seite agiert die gleichaltrige Chloe Grace Moretz gewohnt souverän.

Aber auch die großen Namen wie Ben Kingsley als Georges Méliès, Christopher Lee als Herr Labisse, Ray Winstone als Hugos Onkel Claude, Jude Law als Hugos Vater oder Emily Mortimer als Lisette können gefallen. Besonders hervorzuheben ist noch Sacha Baron Cohen als verliebter Stationsinspektor mit einer Bein-Protese, der hier nicht nur mit einem absurden französischen Dialekt, sondern auch mit feinem Slapstick begeistert. Alle wirken zusammen daran mit, dass ein warmherziges, bewegendes und optisch eindrucksvolles Filmerlebnis entstehen konnte.

Mit ″Hugo Cabret″ gewann Martin Scorsese 2012 bei den Golden Globe Awards den Preis für die Beste Regie und der Film wurde als Bester Film – Drama nominiert. Bei den Academy Awards im gleichen Jahr gewann das Drama 5 Oscars, für die Beste Kamera, das Beste Szenenbild, den Besten Tonschnitt, die Beste Tonmischung und für die Besten visuellen Effekte, darüber hinaus erhielt er noch sechs weitere Nominierungen, u.a. als Bester Film, für die Beste Regie, für das Beste adaptierte Drehbuch und Howard Shore für die Beste Filmmusik.

Hugo Cabret3Die deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) gab dem Film das Prädikat ″besonders wertvoll″, da er nicht nur eine Hommage an das frühe Kino ist, sondern er ist auch dank exzellenter Kameraführung (Robert Richardson), einer vortrefflichen Ausstattung und den großartigen Darstellern ein zauberhaftes Märchen für alt und jung.

Insgesamt ist die visuell atemberaubende Hommage an die Magie des Kinos Martin Scorseses ganz persönliche Liebeserklärung an die Magie der bewegten Bilder. Deshalb sollte man das Drama im Fernsehen auf keinen Fall verpassen.

Foto 1: Waisenjunge Hugo (Asa Butterfield) lebt in einem Pariser Bahnhof und kümmert sich dort um die Wartung und Pflege der Uhren © Paramount / ARTE
Foto 2: Hugo Cabret (Asa Butterfield, li.) hat schöne Erinnerungen an seinen Vater (Jude Law, Mi.), der Uhrmacher war, etwa wie der Vater einen Automatenmenschen repariert, den er später an Hugo vererbte © Paramount / ARTE
Foto 3: Isabelle (Chloë Grace Moretz) und Hugo (Asa Butterfield) wollen das Rätsel um den Automatenmenschen lösen © Paramount / ARTE

Info:
Hugo Cabret (USA, Großbritannien 2011)
Originaltitel: Hugo
Genre: Drama, Historie, Filmgeschichte
Filmlänge: ca. 119 Min.
Regie: Martin Scorsese
Drehbuch: John Logan nach dem Buch Die Entdeckung des Hugo Cabret (2007) von Brian Selznick (Text und Illustrationen)
Darsteller: Ben Kingsley, Asa Butterfield, Chloë Grace Moretz, Ray Winstone, Christopher Lee, Emily Mortimer, Jude Law, Sacha Baron Cohen, Helen McCrory, Michael Stuhlbarg, Frances de la Tour, Richard Griffiths u.a.
FSK: ab 6 Jahren
″Hugo Cabret″ wird am So. 20.10.2024 um 20:15 Uhr bei ARTE gezeigt, am Do. 24.10.2024 um 14:15 Uhr und am So. 03.11.2024 um 13:55 Uhr wiederholt.